Eine jüdische Familie reinigt vor Pessach das Haus von "Chametz", gesäuertem Brot. So auch in der Küche.
Konstruktiv

Alice nimmt's wunder: Wie eine Zürcher Familie Pessach vorbereitet

Pessach erinnert an den Auszug der Juden aus Ägypten. Die Pessach-Vorbereitungen bedeuten für die Zürcher Familie Gellis «Stress». Warum das so ist, worauf die Familie achten muss und was ihr Pessach bedeutet, erzählt sie in «Alice nimmt’s wunder».

Reporterin Alice Küng besucht eine jüdische Familie in Zürich. Am Freitag beginnt Pessach – eines der wichtigsten jüdischen Feste. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten.

Schon einige Tage vor dem Fest beginnen die Vorbereitungen. Eine jüdische Familie säubert dabei das ganze Haus von «Chametz», was so viel wie gesäuertes Brot bedeutet.

Keine Zeit gehabt für die Teigruhe

Als Alice von «Alice nimmt’s wunder» Familie Gellis im Zürcher Quartier Enge besucht, sind die drei Kinder bereits im Bett und die Eltern daran, den Haushalt sauber zu bekommen. Vater Eytan Gellis holt gerade eine Kartonschachtel mit Töpfen und anderem Küchengeschirr aus dem Keller. Diese sind rein, also «kosher für Pessach», wie es heisst. Deshalb kommen sie speziell während des mehrtägigen Pessachfests zum Einsatz. Die Mutter Michal Gellis sorgt im Wohnzimmer für Ordnung und erklärt Alice, was hinter dem Reinigungsritual steckt.

«Chametz», also «Gesäuertes», umfasst Getreideprodukte, die durch ein Triebmittel zum Aufgehen gebracht wurden, sei das durch ein Gemisch aus Milchsäurebakterien und Hefe wie im Sauerteig, oder auch durch Hefe allein.

In der Torah steht, dass den Juden bei ihrer Flucht aus Ägypten keine Zeit mehr blieb, den Brotteig durch einen Sauerteig aufgehen zu lassen. Und daran soll der Verzicht auf Chamez an Pessach wie auch die Reinigung davor im Haus erinnern.

Versteckte Brotstücke im Haus

Stattdessen gibt es an Pessach Mazza: Das ist ungesäuertes Brot. Bestandteile: nur Wasser und Mehl. Ausserdem darf bei der Herstellung das Mehl vor dem Backen nicht länger als 18 Minuten in Kontakt mit dem Wasser gewesen sein.

Am Abend singt die Familie ein Lied, in dem es um Chametz und Matze geht, also zwei Arten von Getreideprodukten.
Am Abend singt die Familie ein Lied, in dem es um Chametz und Matze geht, also zwei Arten von Getreideprodukten.

Alice besucht die Familie auch noch an einem weiteren Abend. Nun erlebt sie einen Brauch: Die Kinder packen einige Chametz-Stücke in Zeitungspapier ein und verstecken diese in der Wohnung. Das Licht wird gelöscht und Vater Eytan Gellis muss die versteckten Brotstücke finden. Anschliessend kommt die Familie auf dem Sofa zusammen und singt gemeinsam ein Lied über Chamez und Mazza.

Für ihn bedeuteten diese Vorbereitungen jeweils «Stress», sagt Eytan Gellis gegenüber Alice. Noch seien die Kinder klein und noch nicht in der Lage, mitzuhelfen. Für die Reinigung bleibe erst abends nach der Arbeit Zeit. «Ich finde es immer sehr aufwändig. Ich bin jeweils froh, wenn wir fertig sind, in den Schabbat gehen und dann in Pessach», sagt Gellis. Mit dem Fest beginne dann der schöne Teil. 

Im Judentum drehe sich sehr vieles um Reinheit. Teils sei es dabei zu Fehlinterpretationen gekommen, so etwa im Zusammenhang mit dem Zyklus der Frau. Für ihn persönlich gehe es bei Reinheitsritualen im Kern darum, von etwas Abstand gewinnen, sich von etwas trennen zu können.

Symbolische Speisen am Seder-Abend

Pessach findet dieses Jahr vom 15. bis 23. April statt. Somit fällt der erste Teil mit der Zeit von Karfreitag bis Ostern zusammen.

Das mehrtägige Fest beginnt mit dem Seder-Abend. Die Familie feiert einen häuslichen Gottesdienst, anschliessend kommt ein festliches Essen mit symbolischen Speisen auf den Tisch, dazu lesen Familienmitglieder Erzählungen aus der jüdischen Geschichte.

Am Seder-Abend soll insbesondere den Kindern die Geschichte vom Auszug aus Ägypten vermittelt werden. Denn für die Juden gilt dies als Beleg für die besondere Verbindung zwischen ihrem Volk und Gott. Der Abend endet mit zahlreichen Liedern.

Weiterhin Chametz-Verzicht

Nach dem Sederabend ist die ganze Woche von Bräuchen geprägt. So werden etwa Feiertagskerzen entzündet, das Pessachgebet gehalten oder eine Zeremonie mit Weihrauch und Kerzen durchgeführt. Auf Chametz verzichten die Feiernden weiterhin vollständig.

Mit dem Jisjkor-Gebet endet die Passahwoche. Gläubige, die mindestens einen Elternteil verloren haben, beten für die Verstorbenen. (uab) 

Ostern und Pessach

Es gibt einen inneren Zusammenhang zwischen dem Pessach-Fest und Ostern. Zunächst liegt der Termin in beiden Fällen um den Frühlingsvollmond herum. Pessach ist zudem der Ursprung der christlichen Kartage und des Osterfestes: Wegen des Pessach-Festes ging Jesus nach Jerusalem, wo er ans Kreuz genagelt wurde. Tod und Auferstehung Jesu fielen in die Pessach-Woche.

Der Name für Ostern ist in vielen europäischen Sprachen von Pessach / Pasha abgeleitet: pascua (Spanisch), Niederländisch: pasen (Niederländisch), Italienisch: pasqua (Italienisch), Finnisch: pääsiäinen (Finnisch), Russisch: pascha (Russisch), Isländisch: páskar (Isländisch). (kath.ch)


Eine jüdische Familie reinigt vor Pessach das Haus von «Chametz», gesäuertem Brot. So auch in der Küche. | © Ueli Abt
13. April 2022 | 05:00
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