Martin Kopp hat Peter Camenzind den Wanderstab übergeben.
Schweiz

Adieu an Martin Kopp: Feierlich-geselliger Abschied – und keine Spur von Ruhestand

Der frühere Generalvikar der Urschweiz, Martin Kopp, ist am Samstag in der Pfarrkirche Goldau verabschiedet worden. Es war ein würdiger Festgottesdienst, trotz unangenehmer Vorgeschichte. Den Wanderstab überreichte Kopp seinem Nachfolger Peter Camenzind.

Vera Rüttimann

Martin Kopp war 17 Jahre lang in verschiedenen Positionen in der Innerschweiz im Einsatz, unter anderem als Generalvikar der Urschweiz. Im März 2020 schasste ihn der damalige Apostolische Administrator des Bistums Chur, Peter Bürcher, fristlos von einem Tag auf den anderen. Und dann musste auch noch seine Abschiedsfeier verschoben werden, wegen der Pandemie.

Sie feiern den Abschied von Martin Kopp in der Kirche Goldau mit.
Sie feiern den Abschied von Martin Kopp in der Kirche Goldau mit.

Wegbereiter der Hoffnung

Die Feier holen die Gottesdienstbesucher, darunter viele Freunde von Martin Kopp, an diesem Samstagnachmittag nach. Inzwischen hat sich vieles zum Guten gewendet. Die Pandemie flaut ab, und in Chur residiert mit Joseph Maria Bonnemain ein neuer Bischof, der für frischen Wind sogt.

Brigitte Fischer Züger
Brigitte Fischer Züger

«Martin Kopp war der Wegbereiter für die neue Zeit und die Hoffnung, die im Bistum ausgebrochen ist», sagt Brigitte Fischer Züger von der Stabstelle Personal und Pastoralplanung im Generalvikariat. Zu den Konzelebranten gehörten sein Nachfolger als Generalvikar, Peter Camenzind, sein langjähriger Kollege im Bischofsrat, Josef Annen, der ehemalige Generalvikar für Zürich und Glarus, sowie Dekan Melchior Betschart von Stans und Pater Basil Höfliger von Einsiedeln. Gern dabei gewesen wäre auch der Churer Bischof Bonnemain. Er ist aber an diesem Tag als Firmspender unterwegs.

Martin Kopp am Altar – mit den Konzelebranten Melchior Betschart (v.l.), Basil Höfliger, Peter Camenzind und Josef Annen
Martin Kopp am Altar – mit den Konzelebranten Melchior Betschart (v.l.), Basil Höfliger, Peter Camenzind und Josef Annen

Personalmangel betrübte

Martin Kopp zieht Bilanz, als er an den Ambo tritt. «Unser Mangel an Seelsorgenden trieb mich zuweilen an die Grenzen des Trübsinns», bekennt er. Auch dass ein Kloster nach dem anderen schliessen musste, mache ihn traurig. Auch seien da manche Enttäuschungen und Fehleinschätzungen gewesen.

Dann folgt ein grosses, fettes Aber: «Dankbar halte ich fest: Viele bemühten sich gut, die Saat auszusähen.» Auch wenn viele nicht wussten, was davon Frucht tragen würde.

Der ehemalige Generalvikar Martin Kopp.
Der ehemalige Generalvikar Martin Kopp.

Junge als «Fenster der Hoffnung»

Dankbar sei er auch für die vielen Kontakte mit jungen Menschen. «Sie bewahrten mich vor Trübsinn». Sie in den Pfarreien zu treffen, wo er als Firmspender unterwegs war, sei für ihn immer wieder ein «Fenster der Hoffnung» gewesen. «In den jungen Menschen spüre ich viel Gutes wachsen.»

Martin Kopp geht auch auf die tiefe Krise der katholischen Kirche ein: » Jammern hilft uns nicht weiter», sagt er. «Umso mehr versuchte ich, mir anzueignen, positive Zeichen zu erkennen.» Immer wieder habe er es geschätzt, mit Randständigen Gottesdienst zu feiern, «weil ich dort spürte, in welcher Weise Gott Mensch wurde.»

Glaube geht für ihn durch Zeugenschaft weiter.  «Wir wollen Gott vertrauen, dass er uns an Zeugen nicht mangeln lässt.» Viele Senfkörner wachsen für Martin Kopp unscheinbar in der Erde. «Aber sie wachsen».

«Du hast viel gegeben.»

Peter Camenzind zu Martin Kopp
Der neue und der alte Generalvikar tauschen Geschenke: Peter Camenzind (l.) und Martin Kopp.
Der neue und der alte Generalvikar tauschen Geschenke: Peter Camenzind (l.) und Martin Kopp.

In seinen Dankesworten an Martin Kopp erinnert sein Nachfolger Peter Camenzind an den schmerzvollen Moment seiner Absetzung. «Plötzlich warst du ohne Dank von einem Tag auf den anderen nicht mehr unser Generalvikar.» Und er würdigt Kopps Leidenschaft, mit der er sich für die kleinen und grossen Pfarreien in der Urschweiz eingesetzt habe. Er dankt ihm weiter für seinen Dienst in der Kirche, und dass «du sie uns immer noch in ihrer Schönheit zeigen kannst». Immer wieder betont er sein Durchhaltevermögen. «Du hast viel gegeben.»

Quellen des Glaubens

Das komme nicht von ungefähr. In diesem Kontext geht Peter Camenzind auf Kopps Quellen der Spiritualität und des Glaubens ein, die er immer wieder anzapfen könne.  Daraus schöpfen, daraus leben und sie weitergeben, das sei ein Credo von Kopps Wirken. Weiter erinnert Peter Camenzind mit einigen pointierten Bonmots an einen geselligen Menschen, der in den Bergen die Natur geniessen kann. «Mit dir lachen zu können, das war immer wunderbar.»

Peter Camenzind, neuer Generalvikar der Urschweiz, spricht mit Ordensfrauen.
Peter Camenzind, neuer Generalvikar der Urschweiz, spricht mit Ordensfrauen.

Dank dem Lehrmeister

Peter Camenzind dankt Martin Kopp auch für seine Lehrmeisterschaft. In deren Genuss sei er, wie er betont, auch selber gekommen. «Es war mit dir oft ziemlich fordernd. Aber du hast uns mehr gelehrt, als du dir vielleicht vorstellen kannst.»

Martin Kopp umarmt seinen Schulfreund Dominique Jenni.
Martin Kopp umarmt seinen Schulfreund Dominique Jenni.

Berührende Worte findet auch ein ehemaliger Schulfreund Martin Kopps, der ihn seit seiner Gymnasialzeit in Engelberg kennt. Der Romand Dominique Jenni lobt ihn als einen Menschen, mit dem er oft lange Gespräche führe über die Kunst, das Christ-Sein und den Sinn des Lebens.

Pannendreieck sorgt für Kichern

Brigitte Fischer Züger packt zum Schluss des Festgottesdienstes Geschenke aus. Zum einen holt sie ein Pannendreieck hervor. Das sorgt in der Kirche für Kichern. Eingeweihte wissen, dass Martin Kopps Auto auf dem Weg zu seinen Schäfchen mehr als einmal liegen geblieben ist.

Das Pannenzeichen löste Kichern aus.
Das Pannenzeichen löste Kichern aus.

«Für mich ist das Pannendreieck aber auch ein Symbol für so manche Panne, die du im Bistum Chur erlebt hast», sagt Brigitte Fischer Züger. Er habe dieses Pannen-Dreieck im Bistum Chur oft selbst aufgestellt und dennoch unermüdlich weitergemacht. «Ich hoffe, dass du es weiterhin aufstellst, wenn du den Eindruck hast, wenn wir aus der Spur geraten sind.»

Pflaster zur Heilung

Martin Kopp erhält zudem ein Paket Pflaster zur Heilung. Für äussere und innere Verletzungen, die er in seiner Zeit als Generalvikar erlitten hat. Der beliebte Priester erhält auch noch eine Leuchtweste. «Bleib uns ein leuchtendes Vorbild für uns alle», sagt Fischer Züger. Schlussendlich übergibt der scheidende Generalvikar seinen Wanderstock beschwingt an Peter Camenzind weiter.

Martin Kopp tauscht sich mit zwei Schwestern vom Kloster Ingenbohl in Brunnen aus – Abschiedsapero vor der Kirche Goldau
Martin Kopp tauscht sich mit zwei Schwestern vom Kloster Ingenbohl in Brunnen aus – Abschiedsapero vor der Kirche Goldau

Rege Gespräche am Apero

Beim Verlassen der Kirche erhalten die Gottesdienstteilnehmerinnen und -teilnehmer eine Tüte mit Köstlichkeiten aus der Urschweiz. Beim Apero vor der Kirche entspinnen sich rege Gespräche. Martin Kopp begrüsst Freunde und Wegbegleiter.

Martin Kopp im Gespräch mit Helga Fischer aus Einsiedeln SZ – Abschiedsapero vor der Kirche Goldau
Martin Kopp im Gespräch mit Helga Fischer aus Einsiedeln SZ – Abschiedsapero vor der Kirche Goldau

So auch Helga Fischer aus Einsiedeln. Sie kennt Kopp aus seiner Zeit in Wädenswil, wo er von 1985 bis 2003 als Pfarrer wirkte. «Die Kirche war immer proppenvoll. Die Jugend war von ihm schon damals total fasziniert», erinnert sie sich. «Martin Kopp war ein liebevoller Priester mit Herz, der die Leute gut motivieren konnte.»

«Er nahm sich viel Zeit für uns und war einfach da und hörte zu.»

Äbtissin Rut-Maria Buschor, Sarnen

Auch zwei Schwestern vom Kloster Ingenbohl aus Brunnen sind zugegen sowie Schwester Rut-Maria Buschor. Für die Äbtissin des Klosters St. Andreas in Sarnen ist es eine klare Sache, an diesem Tag Präsenz zu zeigen. Sie sagt: «Es war mir ein Bedürfnis, ein Zeichen der Wertschätzung und des Dankes zu setzen für seinen Dienst in und an unserer Kirche.»

Schwester Rut Maria-Buschor von Sarnen (Mitte) amüsiert sich am Apero.
Schwester Rut Maria-Buschor von Sarnen (Mitte) amüsiert sich am Apero.

Das habe ihr Kloster nach dem Hochwasser 2005 selbst erfahren, als er Menschen in schwierigen Situationen zur Seite gestanden habe. «Er nahm sich viel Zeit für uns und war einfach da und hörte zu. Zudem nahmen wir am Rande wahr, wie er sich in Obwalden für die Kirchgemeinden persönlich einsetzte.»

Martin Kopp stehe für eine Kirche, die bei den Menschen sei, sagt Rut-Maria Buschor. «Besonders bei den Armen und Flüchtlingen. So wie Papst Franziskus.»

Martin Kopp im Gespräch – Abschiedsapero für den scheidenden Generalvikar vor der Kirche Goldau
Martin Kopp im Gespräch – Abschiedsapero für den scheidenden Generalvikar vor der Kirche Goldau

Keine Spur von Ruhestand

Martin Kopp kann sich jetzt noch mehr Zeit nehmen für das Flüchtlingsprojekt «Clubhüüs» in Erstfeld, das er leitet. Er wird verstärkt auch in verschiedenen Pfarreien Einsätze leisten. «Da ist derzeit nicht mal eine Spur von Ruhestand», sagt Martin Kopp und lacht sein ansteckendes Lachen.

Martin Kopp hat Peter Camenzind den Wanderstab übergeben. | © Vera Rüttimann
13. Juni 2021 | 17:10
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