Blick von der Ibergeregg auf den Talkessel von Schwyz Richtung Brunnen und Vierwaldstättersee
Kommentar

Abstimmung in Schwyz: Ein Sieg ohne Glanz und Gloria

Endlich dürfen katholische Ausländer im Kanton Schwyz in kirchlichen Angelegenheiten mitbestimmen. Richtige Feierlaune mag aber nicht aufkommen. Das Wahlergebnis fiel knapp aus, die Wahlbeteiligung war schwach – und das Koppeln des Stimmrechts an die C-Bewilligung schliesst weiterhin Katholiken aus.

Raphael Rauch

Freunde von Pragmatismus werden sich denken: Mehrheit ist Mehrheit. Punkt. So gesehen wäre der katholische Abstimmungssonntag ein guter Tag.

Ausländische Katholiken sind künftig nicht nur gefragt, wenn es um Nachwuchsprobleme der Schweizer Kirche geht: egal ob als Priester, Katechetin, Sakristan, Organistin, Ministranten – oder als treue Gottesdienstbesucher, die den kirchlichen Exodus verlangsamen. Ausländische Katholiken dürfen nun auch mitbestimmen.

Dreistes Plakat des Nein-Komitees

Trotzdem hält sich die Feierlaune in Grenzen. Die niedrige Wahlbeteiligung von 33 Prozent gibt zu denken – das Interesse am CO2-Gesetz vor zwei Wochen war doppelt so gross. Die knappe Mehrheit von 52.7 Prozent lässt tief blicken, welche Ressentiments es nach wie vor gegen Ausländer gibt. Und mit welcher Dreistigkeit diese bedient werden.

Obwohl die Pfarrei in Muotathal einen indischen Priester hat und sich der Kirchenrat pro Stimmrechtsreform ausgesprochen hat, wirbt das Nein-Komitee auf Plakaten mit der Kirche in Muotathal.
Obwohl die Pfarrei in Muotathal einen indischen Priester hat und sich der Kirchenrat pro Stimmrechtsreform ausgesprochen hat, wirbt das Nein-Komitee auf Plakaten mit der Kirche in Muotathal.

Allen Ernstes machte das Nein-Komitee mit einem Bild der Kirche in Muotathal Stimmung gegen Ausländer – obwohl der örtliche Kirchenrat klar pro Wahlreform war. Das Plakat war mit der Pfarrei nicht abgesprochen. Das Nein-Komitee ging ohne Rücksicht auf Verluste vor – auch nicht mit Blick auf den indischen Priester vor Ort.

Ein erster Schritt

Die Abstimmung von heute verbessert den Status quo und ist ein erster Schritt. Noch mutiger wäre freilich gewesen, das Stimmrecht allen katholischen Ausländern zu geben – und nicht nur jenen mit C-Bewilligung. Die gibt es erst nach fünf oder zehn Jahren.

Die Schwyzer Katholiken sagen Ja zur Wahlreform: Künftig können auch Katholiken mit C-Bewilligung an kirchlichen Wahlen teilnehmen.
Die Schwyzer Katholiken sagen Ja zur Wahlreform: Künftig können auch Katholiken mit C-Bewilligung an kirchlichen Wahlen teilnehmen.

Mutiger erscheint das Resultat, wenn man es vor dem Hintergrund anderer xenophob motivierter Abstimmungen betrachtet: In Schwyz sagten 66.3 Prozent Ja zum Minarett-Verbot und 60.2 Prozent Ja zum Verhüllungsverbot. Die Schwyzer Katholiken stimmten somit fortschrittlicher ab als noch im März beim Verhüllungsverbot.

Glarus sollte sich nun auch bewegen

Andere Kantonalkirchen sollten sich nicht zurücklehnen und selbstzufrieden behaupten, beim Ausländerstimmrecht viel weiter zu sein. Glarus sollte sich Schwyz zum Vorbild nehmen und das Wahlrecht anpassen. Mit der Reform in Schwyz wird Glarus der einzige verbleibende Kanton, in dem ausländische Katholiken auf dem Papier nichts zu melden haben.

Kantönligeist beim Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer.
Kantönligeist beim Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer.

Und fortschrittliche Kantonalkirchen sollten sich überlegen, ob ein Stimmrecht erst nach fünf oder zehn Jahren wirklich zum Evangelium passt – oder ob die Liebe Jesu zu den Fremden, Flüchtlingen und Ausgegrenzten nicht etwas mehr Grosszügigkeit erlaubt.

Ab wann zählt das Katholischsein?

Wem diese Argumentation zu christlich erscheint, den überzeugt vielleicht eine ökonomische: Wenn es darum geht, Kirchensteuern zu zahlen, zählt das Katholischsein in der Schweiz ab Tag Eins. Warum braucht es für die Stimmberechtigung aber fünf bis zehn Jahre?


Blick von der Ibergeregg auf den Talkessel von Schwyz Richtung Brunnen und Vierwaldstättersee | © kath.ch
27. Juni 2021 | 19:24
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