Globalisierung im Seeland – die bunte Gemüsewelt im Wandel

Am Montag ist im Inforama in Ins die Ausstellung «Globalisierung im Seeland – die bunte Gemüsewelt im Wandel» eröffnet worden

In den letzten 20 Jahren seien der Gemüsekonsum und die Gemüseproduktion in der Schweiz angestiegen, betonte Hans Peter Kocher von der Fachstelle für Gemüsebau des Kantons Bern an der Vernissage. Der Inlandanteil habe bei zirka 55 Prozent stagniert. Kocher führte aus, dass der Importdruck aus Ländern mit Billigarbeitern gross sei und dass Umwelt- und Sozialaspekte in diesen Exportländern oft wenig Bedeutung hätten. Er zeigte auf, dass die Konsumenten in der Schweiz zu erkennen scheinen, dass Qualität ihren Preis hat. «Wenn sie bereit sind, das Engagement – zum Beispiel der Seeländer Gemüseproduzenten – zu honorieren, werden sie auch künftig marktnah, sozial- und umweltverträglich angebautes Gemüse kaufen können.»

Pia Grossholz-Fahrni, Synodalrätin der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn betonte, dass es Aufgabe der Kirche sei, das Evangelium zu verkünden, die Aussagen darin ernst zu nehmen und sich dafür einzusetzen. «Es gehört zum Kern des Auftrages der reformierten Kirche, dass sie sich für eine gerechte Gesellschaft einsetzt.» Dies beinhalte, dass sie die Ursachen von Ungerechtigkeit erkenne, öffentlich mache und mit Beharrlichkeit und Konsequenz Wege zu deren Überwindung ausarbeite und unterstütze. Deshalb beschäftige sich auch die Kirche mit WTO, IWF, mit multinationalen Konzernen und Landwirtschaft.

«Lange Zeit hatten Schweizerinnen und Schweizer das Gefühl, dass die WTO sie wenig angehe, dass wir mit unserer Gesetzgebung unsere Wirtschaft gerecht organisieren müssen, um nachhaltig wirtschaften zu können. Mittlerweile haben aber alle gemerkt, dass unter den Vorgaben der WTO nicht nur ein Teil der Bevölkerung im Süden unserer Welt leidet, dass nicht nur dort gerade die Landwirtschaft betroffen ist, sondern, dass dies auch immer mehr für die Landwirtschaft in der Schweiz gilt, die auf einmal mit einer Konkurrenz konfrontiert werden soll, die weder dem Lohn- und Preisniveau der Schweiz unterworfen ist noch die strengen Vorschriften bezüglich Nachhaltigkeit, Tierschutz und Lebensmittelsicherheit einhalten muss.»

Ausstellungsmacherin Seraina Caviezel wies auf wichtige Hauptaussagen der Ausstellung hin: Seit Mitte der 90-er Jahre fänden agrarpolitische Reformen statt, die in Reaktion auf GATT und WTO-Verhandlungen die Schweizer Landwirtschaft nach und nach auf liberalisierte Märkte vorbereiteten. Die Landwirtschaft müsse, um wettbewerbsfähig zu werden, ihre Produktionskosten senken. In der Ausstellung werden – provozierende – Szenarien für die Gemüseproduktion des Seelandes im 2015 skizziert. Das Seeland als Glashaus (Szenarium 1) zeigt Auswirkungen von Strukturwandel in Richtung grosser, zunehmend industrialisierter und hochtechnisierter Betriebe. Das Seeland als See (Szenarium 2) macht auf Folgen aufmerksam, die eintreten, wenn die Schweizer Gemüseproduktion dem internationalen Konkurrenzdruck nicht mehr standhalten kann und in der Schweiz kein Gemüse mehr angebaut wird. Das Seeland als Gemüsegarten (Szenarium 3) zeigt eine nachhaltige, selbstbestimmte und multifunktionale Landwirtschaft. Um diese Vision zu erfüllen, werden nötige Forderungen an Regelungen durch WTO und Politik, an Produzenten und Konsumentinnen entfaltet.
Schliesslich betonte Caviezel, dass in der Ausstellung aufgezeigt werden soll, «dass wir als Konsumentinnen und Bürger über Entwicklungen der Gemüseproduktion im Seeland mitentscheiden».

Unter den rund 25 Gästen an der Vernissage weilte auch der für die Landwirtschaft zuständige Freiburger Staatsrat Pascal Corminboeuf. Er ermunterte die Konsumentinnen und Konsumenten, Saisonprodukte zu kaufen, die in der Schweiz produziert werden. Wenn dies auch grössere Abnehmer wie zum Beispiel Spitäler täten, sei den Gemüseproduzenten sehr geholfen. Ins gleiche Horn stiess Pia Grossholz: «Es leidet niemand, wenn er Spargeln nicht im Februar aus Peru, sondern erst im Mai aus der Schweiz isst.»

Die Ausstellung ist vom 29. Mai bis zum 15. Oktober 2006 auf dem ehemaligen Gutsbetrieb des Inforamas, Herrenhalde 120, in Ins zu besichtigen (durchgehend geöffnet).

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Susanne Schneeberger Geisler
, Projektleiterin, Fachstelle OeME der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn 031 313 10 15 / 076 200 98 48, susanne.schneeberger@refbejuso.ch;

Seraina Caviezel, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fachstelle OeME der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn 031 313 10 26, seraina.caviezel@refbejuso.ch;

Pia Grossholz-Fahrni, Synodalrätin der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn 079 335 09 15; pia.grossholz@smile.ch;
Lutz Collet, Kantonale Zentralstelle für Gemüsebau, Grangeneuve, 1725 Posieux; 026 305 58 79 / 079 678 05 64, lutz.collet@fr.ch;

Hans Peter Kocher, Fachstelle für Gemüsebau des Kantons Bern am Inforama Ins;
032 312 91 56.

http://www.refbejuso.ch

Ref. Kirchen BE-JU-SO
29. Mai 2006 | 17:13