International
Abt Nikodemus Schnabel: Werde als Christ in Israel täglich bespuckt
Gewalt gegen Christen in Israel? Allein in Jerusalem habe es 2023 bereits sieben Vorfälle von antichristlicher Gewalt gegeben, sagte Abt Nikodemus. Das betreffe auch ihn persönlich. Doch das Ausland habe zu viel Angst, die Stimme gegen die religiösen Probleme in Israel zu erheben. Morgen erhält Nikodemus die Abtsweihe für das Jerusalemer Kloster.
Der Druck auf Christen im Heiligen Land hat nach Einschätzung des 44-jährigen Benediktiners Nikodemus Schnabel spürbar zugenommen. «Gesellschaftlich gab es schon immer die Kräfte, die uns abgrundtief hassen», sagte der Ordensmann, der am Sonntag zur Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem geweiht wird, der «Süddeutschen Zeitung».
Probleme auf der Regierungsbank
Früher seien das die Ränder der Gesellschaft gewesen, heute sässen sie in Israel auf der Regierungsbank wie der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir.
«Als wir 2015 in unserem Kloster in Tabgha einen verheerenden Brandanschlag hatten, hat er die Täter als Anwalt vertreten. Sein Auftreten vor Gericht war voller Beleidigungen und hat sich uns ins Gedächtnis eingebrannt», sagte Schnabel.
«Ja. Ich werde praktisch täglich angespuckt. Als ich vor 20 Jahren hierherkam, ist das vielleicht einmal im halben Jahr passiert.»
Abt Nikodemus
Allein in Jerusalem habe es im laufenden Jahr bereits sieben Vorfälle von antichristlicher Gewalt gegeben, so Pater Nikodemus. Auf die Frage, ob ihn das auch persönlich betreffe, antwortete er: «Ja. Ich werde praktisch täglich angespuckt. Als ich vor 20 Jahren hierherkam, ist das vielleicht einmal im halben Jahr passiert.»
Kirche wird kritisch beäugt
Hinzu kämen weitere Reibungspunkte. «Der zweitgrösste Grundbesitzer in Israel ist das griechisch-orthodoxe Patriarchat, kurz danach kommen schon die Franziskaner», erläuterte der Benediktiner.
So stünden der Oberste Gerichtshof in Jerusalem, das Israel-Museum und die Knesset, also das Parlament, auf kirchlichem Grund. «Da gibt es immer Begehrlichkeiten, da wird die Kirche kritisch beäugt, vor allem von der jetzigen Regierung, die auf ein einheitliches jüdisches Erscheinungsbild der Stadt hinarbeitet.»
Kritik an politischer Haltung gegenüber Israel
Natürlich könnten Christen nach der EU rufen oder nach dem Heiligen Stuhl. Doch es gebe international eine mangelnde Sensibilität für diese Fragestellung und auf deutscher Seite eine panische Angst, etwas falsch zu machen, wenn es um Israel gehe, so der Ordensmann.
«Aus meiner Sicht bedeutet Solidarität mit Israel jedoch nicht Solidarität mit der jeweiligen Regierung, sondern mit allen Bürgern dieses Landes, mit der Zivilgesellschaft, und da gehören die Christen dazu. Aber da fühle ich mich manchmal doch ziemlich alleingelassen.»
«Uralte Kamellen»
Zum Verhältnis der christlichen Konfessionen untereinander sagte Pater Nikodemus: «Mich regt es auf, wenn Reiseführer immer noch genussvoll von prügelnden Mönchen in der Grabeskirche berichten. Das sind uralte Kamellen.»
Heute sei das Verhältnis unter den christlichen Konfessionen tatsächlich ein sehr gutes. «Aber das ist sicher nicht nur ein Gnadengeschenk des Heiligen Geistes. Sondern jeder weiss auch, dass wir gleich unsere Koffer packen können, wenn wir uns auch noch untereinander Stress machen.» (kna)
Abtsweihe für Dormitio-Kloster
Bei einer feierlichen Zeremonie auf dem Jerusalemer Zionsberg empfängt der deutsche Benediktiner Nikodemus Schnabel am Sonntag die Abtsweihe für das Dormitio-Kloster. Geleitet wird der Gottesdienst vom Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, den Schnabel in den vergangenen zwei Jahren als Patriarchalvikar für Migranten und Asylsuchende maßgeblich unterstützt hatte.
Schnabel ist achter Abt der Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Dormitio. Das Kloster, das in seiner Krypta an die Entschlafung Mariens erinnert, und der daran anschließende Abendmahlssaal zählen zu den meistbesuchten christlichen Stätten im Heiligen Land. Zugleich ist die Abtei eine seelsorgliche Anlaufstelle für deutschsprachige Heilig-Land-Besucher. Im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz nimmt sie die Auslandsseelsorge für im Land lebende Deutsche wahr.
Schnabel, der 2003 in die Dormitio eintrat, war Anfang Februar von seiner Klostergemeinschaft zum neuen Abt gewählt worden. Er ist Nachfolger von Bernhard Maria Alter (76), der die Mönche seit 2018 geleitet hatte und aus Altersgründen zurücktrat. (kna)
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