Simon Spengler
Schweiz

Simon Spengler über Bernd Hagenkord: «Keine Spur klerikaler Anbiederei»

Ob Spiegel-Reporter, ARD oder ORF-Journalist, Zeit-Edelfeder oder kleiner Schweizer Boulevard-Schreiberling: Bernd Hagenkord SJ (der Zusatz SJ war ihm wichtig!) nahm sie alle gleich ernst, war für alle Ansprechperson, freute sich über jeden Kontakt und das Interesse am Vatikan, erinnert sich Simon Spengler.

Simon Spengler*

Wer sich als Journalist ernsthaft mit dem Vatikan beschäftige, hatte auch Hagenkords Handynummer unter seinen Favoriten gespeichert. Der joviale Jesuit mit Jeans und schwarzem Klerikerhemd prägte im deutschsprachigen Raum die Berichterstattung über vatikanische Vorgänge wie kaum ein anderer.

Dabei war er alles andere als ein Hofberichterstatter. Im Gegenteil, nicht selten wies er selbst Journalistinnen und Journalisten auf kritische Seiten hin, hinterfragte im Gespräch die oberflächliche Fassade und legte gerade in seiner kritischen Loyalität zur Kirche den positiven Kern frei.

Da hörte der Spass auf…

Selten hörte ich einen Vatikan-Funktionär so kritisch über die klerikale Männerherrschaft der katholischen Kirche lästern wie Hagenkord. Über allzu Menschliches in der Kirche konnte er auch lachen, aber wenn es um den Einsatz für Menschenrechte, für Flüchtlinge, für Benachteiligte ging, dann hörte bei ihm der Spass auf.

Erst recht beim Thema Missbrauch, das er in aller Schärfe analysierte. Das Ende der bleiernen Ära unter Papst Benedikt und die Aufbrüche unter Papst Franziskus begeisterten den redegewandten Kirchenmann – und seine Begeisterung sprang nicht selten auf seine Gesprächspartner überall in der Medienwelt über.

Keine Spur klerikaler Anbiederei

Selbst bei Versammlungen von Medienverantwortlichen europäischer Bischofskonferenzen, an denen auch die verantwortlichen Bischöfe teilnahmen, sprach er offen, kritisch und schonungslos.

Keine Spur von klerikaler Anbiederei, wie sie sonst in diesen Kreisen sehr verbreitet ist. Ich hab aber auch nie einen Bischof erlebt, der sich getraut hätte, Hagenkord zu widersprechen. Zu klar sein Geist, zu differenziert seine Argumentation, zu treffend sein Urteil.

Der tote Punkt

Bei aller Kritik liess er an einem nie auch nur den geringsten Zweifel aufkommen: dass er ein Mann der Kirche war und für seine Kirche einstand. Seine Erfahrung, sein weltweites kirchliches Netzwerk, aber auch sein Charme und seine Eloquenz machten ihn zum idealen Vermittler und Berater auf dem Synodalen Weg der deutschen Kirche.

Ihm wäre es zuzutrauen gewesen, den «toten Punkt» (Kardinal Marx) zu überwinden. Leider war es ihm nicht mehr vergönnt. Seine Stimme werden wir künftig schmerzhaft vermissen.

* Simon Spengler leitet die Kommunikation der katholischen Kirche im Kanton Zürich. Er berichtete früher für den «Blick» über Vatikan-Themen und war von 2010–2015 Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz.


Simon Spengler | © Christian Merz
26. Juli 2021 | 18:06
Lesezeit: ca. 2 Min.
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