Mann und Frau
Schweiz

Gehen wir an die Arbeit, wir römisch-katholischen Männer!

Zürich, 18.12.17 (kath.ch) Mann und Frau sind gleichwertig. Das wird in der Kirche nicht infrage gestellt. Bei der Gleichstellung aber bestehen bis heute bedeutende Unterschiede. Die «Osnabrücker Thesen» geben wichtige Impulse, wie dieses ganz besonders für die römisch-katholische Kirche bedeutende Thema diskutiert werden kann. Ein Kommentar von Martin Spilker.

Eigentlich ist es ein Paukenschlag zum Ende des Reformations-Gedenkjahres: Anfang Dezember fand in Osnabrück ein ökumenischer Kongress unter dem Titel «Frauen in kirchlichen Ämtern» statt. In der Folge wurde in sieben Thesen gefordert, dass heute nicht der Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern eine Begründung erfordert, sondern ihr Ausschluss erklärt werden müsste.

Die Forderung nach einer «Beweisumkehr» ist eine gute Denkaufgabe.

Die Forderung nach einer solchen «Beweisumkehr allein ist schon eine gute Denkaufgabe. Unterschrieben sind die Thesen von vier Theologinnen – zwei katholischen und zwei evangelischen. Die Frauen ziehen hier bereits an einem Strick.

Die Debatte um die Stellung der Frau in kirchlichen Strukturen ist ja nicht neu. Es ist nicht allein ein römisch-katholisches Thema. Auch in der reformierten und christkatholischen Kirche dauerte es lange, bis Frauen die gleichen Ämter einnehmen durften wie Männer. Auch in anderen Konfessionen, Religionen und Kulturen ist die Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter noch ganz und gar ungeklärt. Aber das ist kein Grund, sich dem Thema in der römisch-katholischen Kirche zu verweigern. Denn, und das zeigt die Entwicklung der Geschlechterverhältnisse in Politik und Gesellschaft deutlich, solche Themen sind eben nicht ein für alle Mal entschieden.

Die Kirchen werden zunehmend mit- und aneinander gemessen werden.

Das Osnabrücker Papier geht die Frage der Stellung der Frau in der Kirchenleitung aus einer ökumenischen Perspektive an. Das schafft gleich mehr Raum für die Auseinandersetzung. «Das erklärte Ziel der ökumenischen Bewegung, die sichtbare Einheit der Kirchen, ist nicht zu erreichen ohne eine Verständigung über die Präsenz von Frauen in allen kirchlichen Ämtern», lautet die erste der sieben Thesen. Und sie verweist auf einen zentralen Punkt der Wahrnehmung von Religion in unserer Gesellschaft: Wenn die Kirchen in Zukunft in dieser Gesellschaft eine Rolle spielen wollen, dann tun sie gut daran, sich den aktuellen Herausforderungen miteinander und in ökumenischer Offenheit zu stellen. Denn die Kirchen werden zunehmend mit- und aneinander gemessen werden. Wo sich Differenzen auftun, wie beim Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern, besteht sowohl untereinander, wie auch nach aussen Klärungsbedarf.

Als Katholik bin ich Teil einer Kirche, welche die Kompetenzen von Männern und Frauen in Leitungsämtern stark trennt.

Gefragt ist aber nicht allein eine Auseinandersetzung auf der theologisch-wissenschaftlichen Ebene. Es geht auch darum, welches Bild von Kirche durch die Leitungsstruktur nach aussen vermittelt wird. Als Katholik bin ich Teil einer Kirche, die in ihrer Tradition die Kompetenzen von Männern und Frauen in Leitungsämtern stark trennt. Solche Fragen gehören aber immer wieder neu auf den Tisch. Ich kann mich nicht einfach hinter Geschichte und Traditionen verstecken.

Das Missverhältnis zwischen Frauen und Männern bei den Ämtern in der römisch-katholischen Kirche kann ich als Katholik auch nicht einfach «nach oben» abschieben. Es ist an jedem Gläubigen, Frauen und Männer auf allen Ebenen dieser Kirche, seine Meinung und Erfahrungen für eine offene Debatte um die Frage der Gleichwertigkeit und der Gleichstellung von Frau und Mann in der Kirche einzubringen. Das kann und soll ohne Vorwürfe, Besserwisserei oder gar Beschuldigungen erfolgen. Auch in dieser Hinsicht sind die «Osnabrücker Thesen» ein Lehrstück, was die siebte These eindrücklich zeigt: «Der Geist Jesu Christi verpflichtet uns, uns mit den unterschiedlichen theologischen Überzeugungen in der Frage der kirchlichen Ämter stets mit Wertschätzung und versöhnungsbereit argumentativ im Miteinander zu befassen.»

Wir katholischen Männern können ernst machen mit wahrer christlicher Solidarität.

Dieses Papier ist keine Kampfansage. Nein, es ist eine Einladung zur Auseinandersetzung mit einem Thema, das am Ende des Reformationsgedenkens eine grosse Plattform bekommen hat, aber weit über alle Jubiläen hinaus Aufmerksamkeit verdient. Und es ist eine Einladung zur Selbstverpflichtung, wie sie die vier unterzeichnenden Professorinnen selber auch dazugesetzt haben. Denn etwas Druck brauchen wir bei solchen Themen wohl alle. Erst recht wir katholischen Männer, die wir hier ernst machen können mit wahrer christlicher Solidarität, wo es keinen Unterschied zwischen Frau und Mann geben darf.

Die Osnabrücker Thesen sind im Wortlaut und mit weiteren Erläuerungen auf der Internetseite des Zentralkomitees der deutschen Katholiken nachzulesen.

 

Mann und Frau | © pixabay.com CC0
18. Dezember 2017 | 17:17
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