"Radio-Maria"-Moderatorin Laura Jacober und Martin Werlen
Schweiz

Werlen plädiert für neues Miteinander von Frau und Mann

Würenlos AG, 6.9.16 (kath.ch) Mit dem Miteinander von Frau und Mann habe die Kirche ein grosses Problem. Das Doppelkloster Fahr-Einsiedeln könne helfen, dieses zu lösen. Das sagte Martin Werlen, Alt-Abt des Klosters Einsiedeln während der Direktübertragung seiner Sendung «Glauben entdecken» auf «Radio Maria» aus dem Kloster Fahr am Montagabend. Mit Kopfhörer und Mikrofon stellte er sich den Fragen der Radiomoderatorin und des Publikums in der Klosterkirche.

Regula Pfeifer

Zur Aussage motiviert hatte Werlen eine Frage aus dem anwesenden Publikum in der Klosterkirche Fahr. «Wie sieht die Beziehung zwischen dem Kloster Fahr und dem Kloster Einsiedeln aus, also zwischen einem Frauen- und einem Männerkloster», fragte ein Mann in der zweiten Hälfte der Sendung mit dem Pater auf «Radio Maria». Die Radiosendung fand zur Feier des einjährigen Jubiläums ausnahmsweise öffentlich statt und wurde aus dem Kloster Fahr live übertragen.

Etwas über diese Beziehung zu sagen, sei gefährlich, befand Werlen als erste Reaktion und erntete ein paar Lacher aus dem Publikum. Stehend im geöffneten Gittertor zum Altarraum der Klosterkirche erzählte er dann, dass sich die Kontakte in den letzten Jahren zwischen den beiden Klöstern intensiviert hätten. Zwar seien keine Einsiedler Brüder mehr auf Kloster Fahr stationär, doch kämen immer wieder Brüder hierher zu einem Gottesdienst. Auch die Schwestern aus dem Kloster Fahr reisen laut Werlen vermehrt nach Einsiedeln.

Den Kontakt zwischen der Männer- und Frauengemeinschaft schätzt er positiv ein. «Wir können uns gegenseitig ermutigen in dem, was wir machen», sagte Werlen ins Mikrofon und zum Publikum hin. Das sei gerade in der Kirche wichtig, wo die Einstellung «Das machen wir immer so» verbreitet sei. «Wir zeigen, man kann etwas auch anders machen», so Werlen.

Doppelkloster kann Weg zeigen

Dem Zusammenwirken der beiden Klöster schreibt Werlen sogar Vorbildfunktion zu. «Wir haben in der Kirche ein grosses Problem: das Miteinander von Mann und Frau», sagte er eindringlich. «Das Doppelkloster Fahr-Einsiedeln kann den Weg zeigen, den man gehen kann.»

Er sei dankbar dafür, dass die Bewegung «Kirche mit den Frauen», das Thema aufs Tapet gebracht habe, so Werlen. Und er betonte: «Das ist nicht ein Frauenproblem, sondern ein Männerproblem». Denn diese hätten Angst, Macht zu verlieren. Es gehe aber darum, den Reichtum, den Frauen bringen können ebenso zu schätzen wie jenen, den Männer bringen können. Es sei ein Miteinander, so Werlen.

Eingeführt und moderiert hatte die Sendung Laura Jacober, Redaktorin und Moderatorin bei «Radio Maria». Noch im Off, und während im Hintergrund «Radio-Maria-Musik» lief, bat sie die rund 80 Zuschauerinnen und Zuschauer, zum Start der Sendung laut zu klatschen. «Die Zuhörer sollen merken, dass wir nicht allein sind», sagte sie.

Die Moderatorin wollte vorerst die Zuschauer und Zuhörer über den Werdegang von Werlen «updaten», wie sie sagte und dann Eckpunkte aus seinem Leben aufzählte. Auch die Verbindung zwischen dem Kloster Einsiedeln und dem Kloster Fahr sprach sie an. «Auch die Priorin Irene Gassmann ist da», sagte Jacober und bedankte sich unter Applaus für das Gastrecht.

Er habe die Erlaubnis in Walliserdeutsch zu reden, sagte Werlen anschliessend und führte dann aus «Worüf chonnts eigentlich aa» (worauf kommt es eigentlich an). Für den Glauben sei es nicht wichtig, ob Gipfelkreuze von den Bergen entfernt würden, ob Kreuze im öffentlichen Raum aufgestellt seien oder ob die Kirchenglocken weiter schlagen dürften. «Das sind äussere Zeichen, das ist nicht unser Glaube», betonte Werlen.

Christliche Werte nicht verteidigen, sondern leben

«Wir sind nicht herausgefordert, unsere christlichen Werte zu verteidigen, sondern sie zu leben», befand der Einsiedler Mönch. Er verwies auf die Benediktinerin und Autorin Silja Walter, die im Kloster Fahr lebte. Sie habe in ihren Schriften aufgefordert, das Dahinter zu suchen. Das Dahinter sei die Gegenwart Gottes. «Diese müssen wir immer wieder neu entdecken.» Dabei gehe es nicht um den sonntäglichen Gottesdienstbesuch, sondern darum, die Augen für Gottes Gegenwart zu öffnen. Werlen sprach sich auch klar gegen einen Zwang zum Gottesdienstbesuch aus. Die Jungen täten recht daran, nicht auf Eltern oder Grosseltern zu hören, die meinten, ihnen hätte das auch nicht geschadet.

Bezüglich Beten könnten die Christen von den Muslimen lernen, sagte Werlen leicht provozierend. Er erzählte von der Reise nach Israel und Palästina, die er mit Jugendlichen unternommen habe. Immer wenn der Muezzin gerufen habe, hätten die Muslime gebetet. Da hätten auch sie beschlossen, zu dieser Zeit innezuhalten und zu beten.

Auch Persönliches gab Werlen auf Fragen von Moderatorin Jacober preis. Er esse gern im McDonalds, da er da auf Menschen mit ihren Nöten treffe. Im November 2015 war er das letzte Mal in einer Filiale in Wien, nach seinem Referat an einem Treffen von Ordensleuten. Und auf die Frage, welche Sportart er in den Medien verfolge, antwortet er «Tennis». Die Art wie Roger Federer mit dem Gewinnen und Verlieren umgehe und was für eine Kultur er in diesen Sport einbringe, sei vorbildhaft. Dass er Federers vier Kinder taufte, erwähnte Werlen auch gleich.

Werlen spricht sonst allein ins Radio

Die Livesendung sei schwieriger gewesen als eine normale Sendung, sagte Werlen im Nachhinein gegenüber kath.ch. Die Vorstellung, mit dem anwesenden Publikum und den Radiozuhörern gleichzeitig zu sprechen, habe es ihm erschwert. Normalerweise sitzt Werlen am Montagabend mit Kopfhörer und Mikrofon in einem kleinen Raum im Kloster Einsiedeln und spricht von dort aus zu den «Radio-Maria»-Zuhörern. Er sei frei, ein Thema zu wählen, spreche dann so lange, wie er wolle und sage dann, jetzt komme eine musikalische Pause. Meist gelinge es den Radioleuten, spontan eine thematisch passende Musik einzuschalten.

Die Priorin des Klosters Fahr, Irene Gassmann, zeigte sich gegenüber kath.ch begeistert zu den Äusserungen des früheren Abts von Einsiedeln. Er habe auch früher bei seinen Gottesdiensten im Kloster Fahr gedankliche Inputs gebracht, die einen noch ein paar Tage begleitet hätten. Nur: Die Sendung mit ihm auf Radio Maria hören nur ein paar wenige Ordensschwestern. Sie findet nämlich fast zeitgleich zur Vesper statt. Für die Liveübertragung an diesem Montag war die Priorin aber bereit, die Vesper ausnahmsweise vorzuverschieben.

Priorin Gassmann spricht mit Abt Urban auf Augenhöhe

«Radio-Maria»-Moderatorin Laura Jacober und Martin Werlen | © Regula Pfeifer
6. September 2016 | 17:58
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Radio Maria sucht Anerkennung

Der katholische Radiosender «Radio Maria» hat seinen Sitz in Adliswil ZH. Er wurde im Jahr 2010 aus der Taufe gehoben. Wie viele Zuhörer er aktuell hat, weiss Geschäftsführer André Jacober nicht. Bei der Zählung vor zwei Jahren seien es 60’000 gewesen. Die Zunahme bei den Spenden lasse aber auch eine Zunahme an Zuhörern vermuten, so Jacober. Der Radiosender musste zeitweise Personal reduzieren, konnte aber wieder auf neun Mitarbeiter aufstocken. Auch um Anerkennung musste der Sender offenbar kämpfen. «Am Anfang waren wir in eine Ecke gedrängt, wahrscheinlich auch selbstverschuldet», sagte Jacober gegenüber kath.ch. Die Radioverantwortlichen und die Schweizer Bischofskonferenz SBK nahmen Kontakt zueinander auf. 2013 kam es zu personellen Wechseln in der Leitung, wie Martin Werlen, damals noch zuständig für Medien in der SBK, kath.ch informierte. Jetzt bestehen laut Jacober regelmässige Kontakte zu den Bischöfen der Deutschschweiz.

Programmverantwortlicher für «Radio Maria» ist Pfarrer Thomas Rellstab. Die Studiogäste des Privatradios stammen oft aus Freikirchen, dies insbesondere bei Sendungen wie «Christ im Leben». Das habe einen Grund, so Jacober: «Sie sind eher bereit, ihren Glauben zu bezeugen.» (rp)