Alt-Bundesrichter Giusep Nay
Schweiz

Wenn Kirche Politik macht – Giusep Nay antwortet Gerhard Pfister

Valbella GR, 29.4.16 (kath.ch) «Wenn die Kirche Politik macht, ist sie eine ‹Partei› wie jede andere», sagte der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister kürzlich im Interview mit kath.ch. In der Zivilgesellschaft sei der Platz der Kirchen somit derselbe wie für jede andere Institution. Das bestreitet der ehemalige Bundesgerichtspräsident Giusep Nay in einer Stellungnahme gegenüber kath.ch.

«Die Kirche äussert sich noch lange nicht politisch, wenn ihre christliche Haltung Auswirkungen auf politische Debatten hat», sagt Nay. Die Kirche soll sich laut Nay «nicht politisch äussern, ausser in ganz besonderen Ausnahmefällen, wo das Thema auch ihr Thema ist; so zum Beispiel zum Schwangerschaftsabbruch oder zum begleiteten Suizid.» Denn Gerhard Pfister habe recht in seiner Aussage, wenn sich die Kirche politisch äussere, sei sie eine Partei wie die anderen.

Die Wirkung, die die christliche Botschaft für politische Entscheidungen hat, darf jedoch nach Nay «nicht als politische Stellungnahme betrachtet werden.» Die Kirche könne aus konsequent christlicher Sicht Gedanken formulieren, die für Christinnen und Christen bei einem Thema wichtig seien.

Christlichdemokratische Partei

Eine ausdrücklich «christlichdemokratische» Partei dürfe störende Gedanken und gegebenenfalls Forderungen aus christlicher Sicht, die die Kirche in politischen Diskussionen einbringe, nicht leichtfertig als politische Meinungsäusserungen abtun, die keinen anderen Wert als den irgendeiner Partei hätten. «Dann verfehlt sie», so die Überzeugung von Giusep Nay, «ihr Ziel einer auf den christlichen Grundsätzen ihrer Mitglieder und der Kirchen beruhenden Politik, die sie auf ihre Fahne geschrieben hat.»

Diese Gedanken gibt Nay dem neuen CVP-Präsidenten «als Weggefährte am Rande der politischen Szene» mit. Der frühere Bundesgerichtspräsident spricht aus eigener Erfahrung: Auch die rechtlichen Entscheidungen des Bundesgerichts hätten manchmal unliebsame politische Auswirkungen. Sie seien deswegen aber keine politischen Stellungnahmen, sondern dem Recht verpflichtete, und würden deshalb zu oft zu Unrecht als solche kritisiert. (sys)

 

Alt-Bundesrichter Giusep Nay | © Adrian Müller
29. April 2016 | 16:55
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