Deutschschweizer Dominikaner eröffnen Festjahr zum 800. Gründungstag ihres Ordens in Zürcher Predigerkirche
Schweiz

800 Jahre Dominikus: Schweizer Dominikaner schenken sich alemannische Bibel

Zürich, 14.11.15 (kath.ch) Die Deutschschweizer Dominikaner eröffneten das Festjahr zum 800. Gründungstag ihres Ordens am Freitag, 13. November, in der Zürcher Predigerkirche. Rund 200 Personen nahmen an der Feier teil. Aus Anlass des Jubiläums werden die Dominikaner kommendes Jahr unter dem Namen «Die erste Zürcher Bibel» Teile aus einer alemannischen Bibelübersetzung veröffentlichen, die um 1300 entstanden ist. Der Übersetzer könnte der Zürcher Dominikaner Marchwart Biberli gewesen sein.

Georges Scherrer

Der Dominikanerorden begann am 7. November sein weltweites Festjahr zum 800. Gründungstag. Es dauert bis zum 21. Januar 2017 und endet mit einem Gottesdienst in der Lateranbasilika in Rom. Als Stichtag und Anlass der Feiern haben die Dominikaner nicht die eigentliche Gründung im südfranzösischen Toulouse im April 1215 gewählt, sondern die päpstliche Bestätigung der Ordensregel durch Honorius III. im Dezember 1216. Der 7. November wird von den Dominikanern als Allerheiligen des Ordens begangen, im Gedenken an die verstorbenen Mitglieder und Dominikanerinnen und Dominikaner, die als Heilige verehrt werden.

Am 7. November trafen sich bereits die Westschweizer Dominikanerinnen und Dominikaner in Estavayer-le-Lac FR zu ihrer offiziellen Eröffnungsfeier. An dem Treffen nahm auch der ehemalige Nuntius Erzbischof Jean-Claude Périsset teil.

Der emeritierte Zürcher Weihbischof Peter Henrici hatte sich seinerseits an die Feier der Deutschschweizer Dominikaner und Dominikanerinnen am 13. November in die Zürcher Predigerkirche begeben. Unter den vielen Gästen waren Generalvikar Josef Annen und der Abt von Einsiedeln, Urban Federer, auszumachen. Eröffnet wurde die Feier durch den Surperior der Dominikaner in Zürich, René Aebischer.

Die erste Zürcher Bibelübersetzung

Im Zentrum der Zürcher Feier stand der Dominikaner Marchwart Biberli. Er wurde um 1265 in Zürich geboren. Sein Todesjahr wird auf 1330 angesetzt. An seiner Wirkungsstätte lebte er anlässlich des aktuellen Ordensjubiläums wieder auf. Der emeritierte Professor der Universität Freiburg und Bibelspezialist, Adrian Schenker, stellte das Werk Biberlis in der Predigerkriche vor, die heute reformiert ist und ökumenisch genutzt wird. Biberli war 1320 Lesemeister des ehemaligen Predigerklosters Zürich und 1325 dessen Prior.

Biberli ist mit grosser Wahrscheinlichkeit der Verfasser der ältesten vollständigen deutschen Bibelübersetzung. Von diesem alemannischen Text gibt es zwei vollständige Abschriften, die in Wien aufbewahrt werden. Zudem existieren verschiedene Fragmente, darunter das Ezechiel-Fragment. Dieses ist das älteste handschriftliche Zeugnis dieser alemannischen Bibel und soll zwischen 1300 und 1330 entstanden sein. Aufgrund weiterer historischer Forschungen geht Schenker davon aus, dass das Fragment auf Zürich als Ursprungsort der Bibelübersetzung verweist. Biberli wäre jener Ordensmann gewesen, der die Bibel übersetzte.

Geistiger Aufbruch in Zürich

Die Ilanzer Dominikanerin Raphaela Gasser erklärte anlässlich der Feier in der Predigerkirche, wie es in Zürich 200 Jahre vor Luthers Bibelübersetzung zu einer ersten Übersetzung ins Mittelhochdeutsche kommen konnte, das auch heute noch sehr gut verständlich ist. Um das Jahr 1300 zählte Zürich 5000 Einwohner. Verschiedene Ordensgemeinschaften hatten Klöster in der Stadt. Darunter waren auch Frauenklöster. In dieser Zeit kamen die Bettelorden, darunter der Predigerorden, in die Stadt. Dies habe zu einem «geistigen Aufbruch» in der Stadt an der Limmat geführt. Der bis anhin «majestätische Gott» wurde durch die neuen Gemeinschaften näher zu den Menschen gebracht.

Die Dominikaner erkannten, wie wichtig für die Frauenorden die Predigt und eine Bibel waren, die sie auch verstehen konnten. Die Frauen sollten in einer Sprache lesen und schreiben lernen, die sie auch verstanden. In diesem Umfeld könnte Biberli die Bibel aus dem Lateinischen ins Alemannische übersetzt haben.

Diese Schrift soll nun auch den heutigen Menschen zugänglich werden. Die Deutschschweizer Dominikaner haben beschlossen, 15 Kapitel aus dem Alten und dem Neuen Testament in einem Buch zu veröffentlichen. Ausgewählt wurden bekannte Texte, aber auch solche, welche den Charakter der Übersetzung deutlich werden lassen, erklärte Adrian Schenker gegenüber kath.ch.

Den offiziellen Teil der Eröffnungsfeier schloss die Vesper ab. Während dieser wurde eine Jubiläumskerze entzündet, die bis zum Ende des Gedenkjahres am 21. Januar 2017 in der Niederlassung der Zürcher Dominikaner brennen soll. Die Dominikaner schicken im kommenden Jahr ein Bühnenfestspiel auf Tournee, das die Geschichte des Ordens aufzeigt. Diese wird in Ilanz GR uraufgeführt und auch in Zürich gezeigt.

Schweizer Dominikanerinnen und Dominikaner

Die Dominikaner sind keine Mönche, sondern werden als «Bettelbrüder» bezeichnet. Die Schweizer Dominikaner-Provinz zählt 35 Mitglieder in vier Niederlassungen, die sich in Genf, Freiburg, Luzern und Zürich befinden. In der Schweiz leben aber über 60 Dominikaner, die jedoch nicht zur Provinz gehören. Verschiedene Professoren an der Universität Freiburg und Doktoratsstudenten aus anderen Provinzen des Ordens leben im Konvent «Albertinum», das direkt dem Ordensmeister unterstellt ist. Provinzial der Schweizer Dominikaner ist der ehemalige Rektor der Universität Freiburg, Guido Vergauwen.

Etwas schwieriger ist die Zuteilung der gegen 350 Dominikanerinnen in der Schweiz zu ihren jeweiligen Gemeinschaften. Die «kontemplativen Dominikanerinnen» sind direkt dem Ordensmeister unterstellt. Solche Gemeinschaften bestehen in Estavayer-le-Lac FR, Weesen SG und Schwyz. Die Dominikanerinnen in Ilanz GR gehören zu den «apostolischen Gemeinschaften». Diese bilden eine selbstständige Kongregation innerhalb des Ordens. Ferner gibt es, geschichtlich bedingt, die «autonomen Gemeinschaften». Zu diesen gehören die Dominikanerinnen von Cazis GR und Wil SG. (gs)

 

Deutschschweizer Dominikaner eröffnen Festjahr zum 800. Gründungstag ihres Ordens in Zürcher Predigerkirche | © 2015 Georges Scherrer
14. November 2015 | 08:54
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Die Dominikaner im Lauf der Jahrhunderte

Der Dominikanerorden begann am 7. November sein weltweites Festjahr zum 800. Gründungstag. Es dauert bis 21. Januar 2017 und endet mit einem Gottesdienst in der Lateranbasilika in Rom. Der Dominikanerorden gehört zu den wichtigsten Ordensgemeinschaften der katholischen Kirche. Er ist benannt nach seinem Gründer, dem heiligen Dominikus von Caleruega (1170-1221) aus Spanien. Das Ordenskürzel OP steht für «Orden der Predigerbrüder» und beschreibt den Gründungsauftrag aus dem frühen 13. Jahrhundert: in glaubwürdiger evangelischer Armut den christlichen Glauben gegen die Irrlehren der Zeit zu verkünden.

Weltweit leben heute rund 5500 Dominikaner in 82 Ländern, davon knapp die Hälfte in Europa. Dazu kommen mehr als 2500 Ordensfrauen in Klausur (»Zweiter Orden») sowie geschätzt rund 24’000 Angehörige von Schwesterngemeinschaften (»Dritter Orden»), die auch in Caritas, Bildung und Erziehung, Pflege oder Mission tätig sind, sowie rund 120’000 Männer und Frauen in dominikanischen Laiengemeinschaften. Die Spitze des Gesamtordens bildet der auf neun Jahre gewählte und in Rom ansässige Ordensgeneral, derzeit der Franzose Bruno Cadore (61).

Die Ende April 1215 im südfranzösischen Toulouse gegründete Gemeinschaft wurde im Dezember 1216 von Papst Honorius III. bestätigt. Sie verbreitete sich rasch in ganz Europa und erhielt vom Papst und von Ortsbischöfen in den folgenden Jahrhunderten häufig den zusätzlichen Auftrag der kirchlichen Inquisition, also der Untersuchung möglicher Häresien. Zugleich taten sich zahlreiche Mitglieder des Ordens in Seelsorge, Wissenschaft und Kunst hervor. Das Amt des päpstlichen Haustheologen, das Honorius III. eigens für den Gründer Dominikus geschaffen hatte, ist bis heute in den Händen eines Dominikaners. Der Schweizer Dominikaner, der in Rom lebende Kardinal Georges Cottier, hatte dieses Amt bis vor kurzem inne.

Der Orden verbreitete sich rasch über ganz Europa. In England nannte man die Dominikaner «Black Friars», «Schwarze Brüder», weil sie auf ihren Wanderungen schwarze Kutten und Kapuzen über einer weissen Wolltunika trugen. Dominikaner tragen eine weisse Tunika mit weissem Skapulier und einem schwarzen Mantel mit Kapuzenkragen. (kna/gs)