Katholische Kirche Guthirt in Zug.
Schweiz

Zuger Immobilienstrategie: Weder Verkauf, Abriss noch Umnutzung von Kirchen

Die katholische Kirche in Zug will sich fit machen für die Zukunft – auch mit Blick auf die Kirchen und Pfarreizentren, in denen sich das kirchliche Leben abspielt. Bei Gebäuden, in denen aktuell wenig los ist, setzt sie auf Zusatznutzungen. «Kirchen und Kapellen wollen wir weiterhin für die Liturgie nutzen», sagt Pfarrer Reto Kaufmann. Auch die Bevölkerung soll mitreden können.

Barbara Ludwig

Zum Immobilienportfolio der Kirchgemeinde Zug gehören fünf Kirchen, vier Pfarreizentren und mehrere Kapellen. Daneben existieren mehrere Liegenschaften, die zum Teil Wohnungen beherbergen und sich im Besitz kirchlicher Stiftungen befinden. Das sagt Patrice Riedo (62), Kirchenratspräsident. Auch in einigen Pfarreizentren finden sich Wohnungen, die an Angestellte vermietet werden.

Patrice Riedo, Kirchenratspräsident der katholischen Kirchgemeinde Zug.
Patrice Riedo, Kirchenratspräsident der katholischen Kirchgemeinde Zug.

Im Moment werden laut dem Kirchenratspräsidenten sämtliche Gebäude und Räumlichkeiten genutzt, wenn auch nicht alle in gleichem Masse. Doch damit will man sich in Zug nicht zufrieden geben. Die Katholische Kirche der Stadt Zug arbeitet seit bald drei Jahren an einer «Strategie für die Zukunft», die sowohl pastorale Entwicklungen als auch Überlegungen zur Nutzung der Immobilien umfasst.

Lebendige und vielfältige Kirche

Im vergangenen Jahr intensivierte die Kirchgemeinde ihre Bestrebungen in diesem Bereich: Sie lancierte im Juni das Projekt «Mensch + Kirche Zug 2035». Damit will sie eine lebendige und vielfältige Kirche sichtbar werden lassen und die Grundlage schaffen, dass die Kirche finanziell und personell langfristig für die Zukunft gerüstet ist, wie es in einer Medienmitteilung vom Juni vergangenen Jahres heisst. Und im Oktober startete sie mit verschiedenen Teilprojekten. Eines davon befasst sich mit den kirchlichen Immobilien.

Kirche St. Johannes in Zug: Kinder feiern ihre Erstkommunion in einem Gottesdienst.
Kirche St. Johannes in Zug: Kinder feiern ihre Erstkommunion in einem Gottesdienst.

«Wir wollen Kirchen und Kapellen weiterhin für die Liturgie nutzen. Da sind wir uns einig», sagt Reto Kaufmann (58). Er ist Pfarrer von St. Michael und Bruder Klaus, zwei von vier Stadtzuger Pfarreien. Kirchen und Kapellen, die als Teil des kulturellen Erbes das Stadtbild prägen, sollen den Menschen zudem als Orte der Stille auch in Zukunft offen stehen, so Reto Kaufmann.

Sakralbauten zusätzlich nutzen

Vielleicht wird die Kirche St. Michael zu einem Zentrum für Kirchenmusik.
Vielleicht wird die Kirche St. Michael zu einem Zentrum für Kirchenmusik.

Einige Kirchen und Kapellen würden zurzeit jedoch wenig genutzt. Ein Beispiel sei St. Michael, das grösste Kirchengebäude der Stadt. «Bei diesen Sakralbauten überlegen wir uns, wie wir sie zusätzlich nutzen können. «Ein Verkauf, ein Abriss oder Umnutzungen sind kein Thema», sagt Reto Kaufmann.

Die Frage der Zusatznutzung stelle man sich bei allen Gebäuden, in denen aktuell wenig los sei, sagt Kirchenratspräsident Patrice Riedo. Man prüfe bei jeder Liegenschaft, was möglich sei. Bei den Kirchen sei dies anspruchsvoller. «Wir können Kirchen ja nicht zu Parkgaragen umfunktionieren.» Zusatznutzungen dürften nicht im Widerspruch stehen zu kirchlichen Werten, so Patrice Riedo.

Trotzdem brauche es eine Offenheit für Neues. Gemeinsam mit den Seelsorgenden sei man deshalb auf der Suche nach neuen Möglichkeiten der Nutzung. Eine Idee sei beispielsweise, die Kirche St. Michael zu einem Zentrum für Kirchenmusik auszubauen.

Katechese benötigt vermehrt Räume in Pfarreizentren

Auch bei den Pfarreizentren sind Zusatznutzungen ein Thema. «Natürlich vermieten wir Räumlichkeiten an Externe. Vorrang haben aber kirchliche Veranstaltungen», sagt Reto Kaufmann. Der Pfarrer weist explizit auf Entwicklungen beim Religionsunterricht hin. «Ab dem Schuljahr 2024/2025 trennen wir die Wissensvermittlung vermehrt von der Katechese.» Während Wissen über Religion weiterhin an der Schule vermittelt werde, verlagere sich die Hinführung zum katholischen Glauben in den ausserschulischen Bereich. «Dafür benötigen wir Räume.»

Stadtschulen bieten Mittagstische in Pfarreizentren

Ein Beispiel für die Nutzung von Räumlichkeiten durch Externe sind die Mittagstische für Schülerinnen und Schüler in den Pfarreizentren Guthirt und St. Michael, organisiert von den Stadtschulen. Diese eignen sich mit ihrem grossen Saal und der Küche ideal für die ausserfamiliäre Betreuung von Schulkindern über Mittag.

Solche Drittnutzungen müsse man gut einplanen, sagt Kirchenratspräsident Patrice Riedo. Damit die Bedürfnisse der Pfarreien und ihrer Gruppierungen – etwa Kirchenchöre oder Pfadigruppen – nicht zu kurz kommen.

Reto Kaufmann, Pfarrer in Zug.
Reto Kaufmann, Pfarrer in Zug.

Zu Beginn habe es da Verunsicherungen und Probleme gegeben, die mittlerweile gelöst werden konnten, räumt Patrice Riedo ein. Pfarrer Reto Kaufmann betont: «Fremdvermietungen verbessern die Auslastung der Liegenschaften. Aber wir wollen nicht Pfarreigruppierungen ausgrenzen zugunsten von anderen, die zahlen.»

Blick voraus auf finanziell magere Zeiten

Auch finanzielle Überlegungen spielen eine Rolle in dem Prozess. Bei den Kirchensteuern stehe man in Zug zurzeit noch sehr gut da, sagt Reto Kaufmann. Doch aufgrund verschiedener Faktoren sei die künftige Entwicklung ungewiss. Zu einem Rückgang der Kirchensteuereinahmen führen etwa die vermehrten Austritte von Mitgliedern.

Zudem gab es auch schon im Kanton Zug politische Bestrebungen für eine Teilabschaffung der Kirchensteuer für Unternehmen, die zwar scheiterten. Ob diese Steuer auf Dauer erhalten bleibt, ist offen. «Es ist deshalb wichtig, jetzt schon daran zu denken, wie man einer allfälligen Abschaffung begegnen könnte», sagt der Pfarrer.

Auch bei den Pfarreizentren sind Zusatznutzungen ein Thema. Im Bild das Pfarreizentrum St. Johannes.
Auch bei den Pfarreizentren sind Zusatznutzungen ein Thema. Im Bild das Pfarreizentrum St. Johannes.

Auch Patrice Riedo sagt, man müsse mit einer Abschaffung der Kirchensteuer für Unternehmen rechnen, allerdings noch nicht in den nächsten Jahren. Aber auf jeden Fall könnte ein Wegfall dieser Steuer nicht mit Erträgen aus der Vermietung von Liegenschaften kompensiert werden, stellt er klar. «Das ist unrealistisch.»

Aufwand und Einnahmen klaffen in der Tat ziemlich auseinander. So wenden die Zuger Katholikinnen und Katholiken insgesamt zirka 2,9 Millionen Franken jährlich für Betrieb und Unterhalt der Liegenschaften auf. Die Nettoeinnahmen betragen jedoch nur zirka 1,1 Millionen Franken.

Bevölkerung soll mitreden

Was die Menschen in Zug, Kirchenmitglieder und andere, vom Projekt halten, ist noch unbekannt. «Wir blicken deshalb gespannt auf das Mitwirkungsverfahren. Wir wollen, dass die Mehrheit der Menschen die Entwicklung mitträgt»,  sagt Patrice Riedo. Ein erster Mitwirkungsanlass findet nach den Sommerferien statt.

Kirchen eignen sich für musikalische Veranstaltungen. Auf dem Bild eine Orchesterprobe in der Kirche St. Johannes in Zug.
Kirchen eignen sich für musikalische Veranstaltungen. Auf dem Bild eine Orchesterprobe in der Kirche St. Johannes in Zug.

Bislang habe es wenig Reaktionen gegeben. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass es noch keine konkreten Projekte gibt. «Wir möchten die Leute möglichst früh abholen und mitreden lassen, damit die künftigen Vorhaben auf eine breite Zustimmung stossen», so der Kirchenratspräsident.

Soziale Entwicklungen berücksichtigen

Die Kirchgemeinde Zug will die Projekte auf die verschiedenen Bedürfnisse der Menschen in Zug ausrichten. Auch soziale Entwicklungen wolle man dabei berücksichtigen, sagt Patrice Riedo. In Zug sei etwa angesichts teurer Mieten die Wohnungsnot ein Thema. «Das beschäftigt auch unsere Mitglieder.» Deshalb prüfe man bei verschiedenen Standorten, ob man – zum Beispiel – durch Aufstockungen neuen Wohnraum zur Verfügung stellen könnte.


Katholische Kirche Guthirt in Zug. | © zVg
17. April 2024 | 17:34
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