Lorenz Wolf
International

Wegen Missbrauchsgutachten verliert der oberste Kirchenrichter sein Amt

Zwei Monate nach Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens gibt es eine erste Personalentscheidung: Lorenz Wolf (66) kehrt nicht auf seinen Posten als oberster Kirchenrichter des Erzbistums München und Freising zurück.

Kardinal Reinhard Marx habe «mit sofortiger Wirkung» Wolfs Bitte um Entpflichtung von dieser Aufgabe entsprochen, die er seit 1997 wahrnahm, teilte die Pressestelle des Ordinariats am Montag mit. Seit 27. Januar hatte der promovierte Kirchenrechtler alle seine Ämter ruhen lassen.

Verzicht auf zweites Amt

Laut Mitteilung will der Prälat auch die Leitung des Katholischen Büros Bayern abgeben. Darüber muss die Freisinger Bischofskonferenz befinden, die sich ab Dienstagabend in Regensburg zu ihrer Frühjahrsvollversammlung trifft. Als ihr Vorsitzender wolle Marx die bayerischen Bischöfe um Zustimmung bitten, hiess es. Seit 2010 führt Wolf in München die katholische Kontaktstelle zur Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Freistaat.

Kardinal Marx dankt

Der Kardinal dankte dem Geistlichen in seiner Antwort der Mitteilung zufolge für «diese weitgehende und respektable Entscheidung, durch die Sie persönlich Verantwortung übernehmen in Bezug auf den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Bereich der Erzdiözese».

Das vom Erzbistum in Auftrag gegebene und am 20. Januar veröffentlichte Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) kritisiert das Verhalten des Kirchenrechtlers in zwölf Missbrauchsfällen. Vor allem werfen die Anwälte ihm vor, die Interessen der Beschuldigten vor die der mutmasslichen Opfer gestellt zu haben. Rechtsbeistände wiesen dies in seinem Namen gegenüber WSW als «unwahr, tendenziös und willkürlich selektiv» zurück.

Wolf nimmt zum Gutachten Stellung

Am Montag veröffentlichte das Erzbistum auf seiner Internetseite auch eine Stellungnahme Wolfs zum WSW-Gutachten, die dieser mit seinem Rücktrittsgesuch am 23. März vorgelegt habe, wie es hiess.

Betroffenenbeirat begrüsst Entscheid

Der Münchner Betroffenenbeirat hat die Entpflichtung des Kirchenrichters Lorenz Wolf begrüsst. «Heute ist ein guter Tag, für mich persönlich und für die Aufarbeitung, die jetzt voranschreitet», sagte der Sprecher des Gremiums, Richard Kick, am Montag auf Anfrage. Wolf habe durch sein Verhalten viele Betroffene retraumatisiert, nicht nur ihn selbst, fügte der Unternehmer hinzu. Er könne die Entschuldigung des Geistlichen annehmen, ihm aber nicht verzeihen. Gleichwohl fühle er sich «befriedet».(kna)

Lorenz Wolf | © KNA
28. März 2022 | 15:07
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