Wegen FDP und SVP: Neuenburg stimmt über Anerkennung neuer Religionsgemeinschaften ab
Neuenburg will mit einem neuen Gesetz den Weg für die Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften ebnen. Die SVP und die FDP haben eine Volksabstimmung durchgesetzt. Die Abstimmung ist vermutlich im Juni.
Die katholische Kirche ist nicht die erste Adresse, wenn jemand im Internet nach der Kirche in Neuenburg sucht. «Wir sind nicht Katholiken. Wir sind ganz einfach Gläubige, die sich regelmässig treffen und Gott preisen», sagt Philippe Péter. Er ist Sekretär des Komitees der Gemeinschaft «Eglise à Neuchâtel».
Die Gemeinschaft ist als gemeinnütziger Verein vom Staat anerkannt. «Das garantiert uns die Freiheit, uns zu versammeln», sagt Péter. «Und das ist das Wichtigste für uns.»
Bischofsvikar wünscht weitere Anerkennungen
Die katholischen, reformierten und christkatholischen Kirche im Kanton Neuenburg sind privatrechtlich als Vereine organisiert. Sie haben ein Konkordat mit dem Staat, aufgrund dessen sie gemeinsam einen Staatsbeitrag erhalten, den sie untereinander aufteilen – für die katholische Kirche 400’000 bis 500’000 Franken pro Jahr.
«Der Staat sendet jenen, die sich als katholisch deklarieren, und auch den Unternehmen eine Rechnung für einen freiwilligen Kirchenbeitrag zu und zieht diesen auch ein – aber jeder bestimmt, ob und wie viel er oder sie bezahlen will», sagt RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch.
Der Kanton will nun weitere Religionsgemeinschaften anerkennen. Die drei öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen haben sich von Anfang an hinter dieses Anliegen gestellt. «Denn wir sind für die Religionsfreiheit offen», sagt der Bischofsvikar für den Kanton Neuenburg, Pietro Guerini, auf Anfrage.
Der Kanton zählt aktuell gemäss eigenen Angaben weitere christliche, muslimische, buddhistische und jüdische Gemeinschaften sowie eine Bahaï-Gruppe. Das neue Gesetz kommt diesen Gruppen zugute.
«Die Religionsfreiheit ist ein Projekt auf unserem Weg. Darum stehen wir hinter diesem neuen Gesetzesartikel, wie er jetzt erarbeitet wurde», bekräftigt der Neuenburger Bischofsvikar.
Rahmenbedingungen des Gesetzes
Das «Gesetz über die Gemeinnützigkeit von Religionsgemeinschaften» wurde am vergangenen 18. September im Amtsblatt publiziert.
Es richtet sich an Gemeinschaften, welche die vom Staat festgesetzten Bedingungen respektieren. Die Gemeinschaften bleiben autonom. Sie organisieren ihre Finanzierung und die Verwaltung ihrer Güter selber. Das Schweizer Gesetz ist massgebend.
Glaubens- und Gewissensfreiheit garantieren
Die Gemeinschaften müssen die Gewissensfreiheit und die Glaubensfreiheit ihrer Mitglieder garantieren. Französisch ist die Verkehrssprache mit den Behörden. Gefordert wird auch Transparenz. Dazu gehören, dass anerkannte Gemeinschaften die Jahresrechnung und den Jahresbericht vorlegen.
Im Gegenzug kann der Kanton Subventionen sprechen. Nötig dafür ist ein Konkordat. Ein solches besteht im Kanton bereits mit den drei anerkannten Kirchen. Diese erhalten 1,5 Millionen Franken im Jahr.
Das neue Gesetz hält fest, dass sich anerkannte Gemeinschaften am gesellschaftlichen Leben – etwa in der Seelsorge oder im Schulbereich – beteiligen dürfen.
Abstimmung voraussichtlich im Juni
Die FDP und die SVP haben das Referendum ergriffen und auch genug Unterschriften gegen das neue Gesetz gesammelt. Darum gelangt es voraussichtlich am 13. Juni an die Urne, wie die Medien berichten.
Die beiden Parteien seien nicht absolut gegen das neue Gesetz, berichten die Medien. Sie wünschten aber, dass es dem Volk zur Abstimmung vorgelegt und nicht an diesem vorbei verabschiedet werde. Die linken Parteien wollten das Gesetz nicht dem Volksentscheid unterziehen, schreiben die Medien.
Bischofsvikar Pietro Guerini gibt sich diplomatisch und wagt sich nicht mit einer Prognose über das Abstimmungsresultat auf die Äste hinaus: «Das Volk wird entscheiden», meint er nur. (gs)
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