Im Notker-Schulhaus fanden die Vorfälle statt.
Schweiz

Versteckte Kameras im Schulzimmer: Katholische Schule in St. Gallen weist Vorwurf zurück

Beim Musikunterricht filmte ein Lehrer an der christlich-katholischen Sekundarschule Flade in St. Gallen heimlich die nackten Füsse von Schülerinnen und wurde dafür verurteilt. Zwei ehemalige Schüler werfen nun der Schule vor, sie habe zu spät gehandelt. Barbara Hächler, Schulratspräsidentin und Mitglied im katholischen Administrationsrat, weist den Vorwurf zurück.

Barbara Ludwig

Vergangene Woche machte das «St. Galler Tagblatt» publik, dass  ein 59-jähriger Lehrer an der St. Galler Sekundarschule Flade über mindestens vier Jahre hinweg heimlich die nackten Füsse von fünf minderjährigen Schülerinnen filmte. Es kam zu mindestens drei Vorfällen im Musiksaal des Notker-Schulhauses. Die Aufnahmen verwendete der Lehrer zur eigenen sexuellen Befriedigung. So steht es laut Zeitung im Strafbefehl gegen den Lehrer. Der Strafbefehl wird heute Donnerstag rechtskräftig.

Bereits 2022 mit Verdacht konfrontiert

Nun erheben eine ehemalige Schülerin und ein ehemaliger Schüler des Lehrers gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» einen happigen Vorwurf, wie das Blatt am Mittwoch berichtete. Die beiden 16-Jährigen, die anonym bleiben möchten, sagen, die Schulleitung der Flade sei bereits im Frühlingsemester 2022 mit dem Verdacht konfrontiert worden, dass im Musiksaal Kameras installiert seien. Geschehen sei daraufhin nichts.

Barbara Hächler, Schulratspräsidentin der Sekundarschule Flade in St. Gallen.
Barbara Hächler, Schulratspräsidentin der Sekundarschule Flade in St. Gallen.

Barbara Hächler ist Schulratspräsidentin der Flade und Mitglied des Administrationsrates des Katholischen Konfessionsteils. Auf Anfrage von kath.ch sagt sie: «Uns ist nicht bekannt, dass vor April 2023 Hinweise auf versteckte Kameras bei den Schulbehörden eingegangen sind. Wir handelten dann, als wir Kenntnis vom Verdacht hatten, dass jemand mit versteckten Kameras im Musiksaal Aufnahmen machte. Das war ab 28. April 2023. Deshalb weisen wir den Vorwurf der Untätigkeit zurück.»

Seit April 2023 arbeitet Lehrer nicht mehr für Flade

Ab diesem Zeitpunkt sei die Schule aktiv geworden und habe den Fall intern behandelt, so Barbara Hächler. «Wir trennen uns von der Person. Das Arbeitsverhältnis lösen wir auf Juli 2024 auf. Seit den im April 2023 erhobenen Vorwürfen unterrichtet die Lehrperson nicht mehr in der Flade.»

Die Schulratspräsidentin sagt weiter, das Strafverfahren sei parallel zur schulinternen Behandlung des Falls gelaufen. Man habe erst im Juli 2023 erfahren, dass jemand Strafanzeige eingereicht hat und ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Und noch später, nämlich erst vergangene Woche, habe man vom Inhalt des Strafbefehls erfahren – aus der Presse.

«Verhalten der Lehrperson entspricht nicht unseren Wertvorstellungen.»

Barbara Hächler, Schulratspräsidentin

Hächler versichert, zwischen dem Strafverfahren und der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gebe es keinen Zusammenhang. «Wir haben unabhängig davon entschieden, dass das Verhalten der Lehrperson nicht unseren Wertvorstellungen entspricht. Sie hat sich bei der internen Untersuchung zu wenig kooperativ verhalten und nicht zur Klärung des Sachverhalts beigetragen. Wir wollen keine Personen beschäftigen, die unser und insbesondere das Vertrauen unserer Schülerinnen und Schüler missbrauchen.»

Verdachtsmomente der Schulleitung melden

Die Schulratspräsidentin sagt, die Flade nehme Anschuldigungen von Schülerinnen und Schülern aufgrund ihrer christlichen Wertvorstellungen bereits heute ernst. Dennoch werde man vielleicht die Prozesse überdenken. Zum Beispiel könnte man als Institution die Schülerinnen und Schüler auffordern, Verdachtsmomente sofort der Schulleitung zu melden.

Flade-Schülerinnen lunchen auf dem Klosterplatz – dahinter Gärtner-Utensilien und Klosterhofbesuchende.
Flade-Schülerinnen lunchen auf dem Klosterplatz – dahinter Gärtner-Utensilien und Klosterhofbesuchende.

Hächler betont, es sei Aufgabe der Schule, beide Seiten zu schützen. Schülerinnen und Schüler vor Übergriffen, aber auch Lehrpersonen vor falschen Anschuldigungen. Im vorliegenden Fall sei der Schutz der Lehrperson weggefallen, als in der internen Untersuchung immer mehr Ungereimtheiten zum Vorschein gekommen seien.

Schule mit christlich-katholischer Prägung

Die Flade ist eine öffentlich-rechtliche Schule mit christlich-katholischer Prägung, die vom katholischen Konfessionsteil des Kantons St. Gallen getragen und wie andere Schulen mit öffentlichen Steuergeldern finanziert wird.


Im Notker-Schulhaus fanden die Vorfälle statt. | © zVg
25. April 2024 | 12:01
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