Diese französischen Frauen wollen ein Priesteramt in der Kirche: Helene Pichon (l.) Marie-Automne Thepot (3. v. l.), Sylvaine Landrivon (2. v. r.)
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Vergeblich: Vor dreissig Jahren wollte Papst die Priesterinnen-Diskussion beenden

Am 22. Mai jährt sich der Tag, an dem Papst Johannes Paul II. ein Zeichen gegen das Frauenpriestertum setzen wollte. Die Kirche sei nicht in der Lage, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, stellte er fest. Damit sollte eine Diskussion endgültig beendet werden. Das klappte aber nicht.

Hannah Krewer

Es gibt sie tatsächlich: Frauen, die von sich sagen, sie seien römisch-katholische Priesterinnen. Sieben von ihnen unterzogen sich etwa 2002 dem Weiheritus auf einem Donauschiff. Sie wollten damit auch ein öffentliches Zeichen des Protests gegen Papst Johannes Paul II. setzen.

Frauen können einem Gottesdienst vorstehen, jedoch nicht zur Diakonin geweiht werden.
Frauen können einem Gottesdienst vorstehen, jedoch nicht zur Diakonin geweiht werden.

Der hatte am 22. Mai 1994, also vor bald genau 30 Jahren, im Apostolischen Schreiben «Ordinatio Sacerdotalis» («Priesterweihe») festgehalten: «Damit also jeder Zweifel […] beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes […] dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.»

Keine offizielle Anerkennung

«Keinerlei Vollmacht» – auf diesen Begriff kommt es an. Denn dahinter steht die Vorstellung, dass die Kirche Frauen nicht einmal weihen könnte, wenn sie es wollte. Dem Lehramt zufolge ist diese Frage ein für alle Mal beantwortet. Punkt.

Nichtsdestotrotz haben die sieben Frauen von 2002 inzwischen weltweit mehrere hundert Nachfolgerinnen gefunden, die es ihnen gleichgetan haben. Ohne dass sie dafür eine offizielle Anerkennung der katholischen Kirche erhalten hätten. Was sie aber nicht davon abhält, genau diese weiter einzufordern.

Diskussion gewann an Fahrt

Johannes Paul II. wollte autoritativ eine Debatte beenden, die schon Jahrzehnte zuvor begonnen hatte. Doch anscheinend erreichte er das Gegenteil. Die Diskussion gewann erst so richtig an Fahrt. Schon Ende 1995 sah sich die oberste Glaubensbehörde im Vatikan genötigt zu bekräftigen: «Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt […] worden ist.»

Papst Johannes Paul II. im Jahr 1979.
Papst Johannes Paul II. im Jahr 1979.

Theologinnen und Theologen aus unterschiedlichen Fachrichtungen sehen diese Begründung als schwach und historisch unzureichend an. Allerdings sei die Theologie dem kirchlichen Lehramt in Rom politisch immer unterlegen, wendet der emeritierte Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke ein. Kirchenrechtlich sei am päpstlichen Verdikt nicht zu rütteln. «Das ist wahrlich kein erfreulicher Befund, aber ein ehrlicher», so Lüdecke.

Endgültig oder nicht?

«Johannes Paul II. hat mit ‘Ordinatio Sacerdotalis’ alle offiziell darauf hingewiesen, dass über die Unwiderruflichkeit dieser Lehre unter den Bischöfen und mit ihm Konsens besteht und es sich damit um eine unfehlbare Lehre des Bischofskollegiums handelt», sagt der Fachmann. Selbst ein zukünftiger Papst könne das nicht mehr ändern.

2018 kritisierte Glaubenspräfekt Kardinal Luis Ladaria im «Osservatore Romano» das Säen von Zweifeln daran, dass die Lehre des Schreibens endgültig sei. Damit würden die Gläubigen nur verwirrt. All das ändert aber nichts daran, dass viele katholische Frauen sich zum Priestertum berufen fühlen und dazu inzwischen auch öffentlich stehen. Rund 150 von ihnen erzählen davon in einem 2021 erschienenen Buch.

Hoffnung machen, sei verantwortungslos

Viele litten sehr darunter, dass sie die verspürte Berufung nicht leben könnten, heisst es dort. Das sei «letztlich tragisch», meint Lüdecke, weil es sich in lehramtlicher Sicht um irrige subjektive Befindlichkeiten handle. Dass Frauen immer noch Hoffnung gemacht werde, dass eine Priesterweihe für sie irgendwann möglich sei, hält er für «verantwortungslos».

Dorothee Becker leitet eine Kommunionfeier in der Kirche St. Franziskus, Riehen.
Dorothee Becker leitet eine Kommunionfeier in der Kirche St. Franziskus, Riehen.

Allerdings bekunden bis in die jüngste Gegenwart selbst Bischöfe immer wieder Sympathie für die Frauenweihe. So sagte der Bischof des Bistums St. Gallen in der Schweiz, Markus Büchel, vor zwei Jahren in einem Interview: «Ich kann mir viele Frauen als Priesterinnen vorstellen.» Ähnlich äusserte sich der österreichisch-brasilianische «Amazonas-Bischof» Erwin Kräutler.

Synodaler Weg fordert Überprüfung der Lehre

In Deutschland sprachen sich unter anderem die Bischöfe Georg Bätzing (Limburg), Franz-Josef Overbeck (Essen) und Peter Kohlgraf (Mainz) für Frauen in Weiheämtern aus – ohne dass aber immer klar war, welche Ämter sie genau meinen.

Auch die Teilnehmer des Deutschen Reformprojekts Synodaler Weg votierten mehrheitlich dafür, den Vatikan um eine Überprüfung der Lehre von «Ordinatio Sacerdotalis» zu bitten – auch im Hinblick auf ihren Verbindlichkeitsanspruch. Zugleich gibt es in Deutschland und weltweit nicht wenige Bischöfe, die keinen Spielraum für eine Änderung dieser Lehre sehen. Die Situation bleibt verfahren.

Weihe zur Diakonin als Kompromiss?

Und wie wäre es, Frauen zu Diakoninnen zu weihen? Diese Tür scheint noch nicht ganz geschlossen. 2023 diskutierte die von Papst Franziskus einberufene Weltsynode über das Thema. Die Diakonenweihe für Frauen biete aber nicht das, was Reformer wollten, so Kirchenrechtler Lüdecke.

Diakoninnen stünden zwar auf der untersten Stufe des dreistufigen Weihemodells – Diakon, Priester, Bischof – in der katholischen Kirche. Aber: «Für Frauen wäre damit Schluss, während männliche Diakone noch weitere Weihen empfangen könnten.» (kna)

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Diese französischen Frauen wollen ein Priesteramt in der Kirche: Helene Pichon (l.) Marie-Automne Thepot (3. v. l.), Sylvaine Landrivon (2. v. r.) | © KNA
13. Mai 2024 | 16:00
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