Vatikanzeitung "Osservatore Romano"
Vatikan

Vatikan ermittelt wegen papstkritischer Fake-Zeitung

Rom, 11.2.17 (kath.ch) Nach der Verbreitung einer gefälschten, papstkritischen Ausgabe der Vatikan-Zeitung «Osservatore Romano» hat der Vatikan Ermittlungen aufgenommen. Die Vatikan-Gendarmerie untersuche den Fall, wie italienische Medien am Samstag meldeten.

Am Freitag hatte die Tageszeitung «Il Messaggero» über die Fake-Ausgabe berichtet, die in den vergangenen Tagen per anonymer E-Mail an Kardinäle, Bischöfe, weitere Geistliche und «Ehrenleute» gesendet worden war. Auf dem Titel des falschen Osservatore: Ein Artikel, in dem Papst Franziskus auf die Fragen von vier Kardinälen zu seinem Schreiben «Amoris laetitita» antwortet – und zwar nicht mit «Ja» oder «Nein», wie gefordert, sondern mit der Antwort «Ja und Nein». Die Kardinäle hatten im November öffentlich Zweifel zu «Amoris laetitia» geäussert und mehr Klarheit im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen gefordert.

«Osservatore»-Direktor spricht von «Stümpern»

Der Direktor des echten Osservatore, Giovanni Maria Vian, bezeichnete die Fake-Ausgabe laut Medien als schlecht gemachte «Schmähschrift» von «Stümpern». Die Grafik der Original-Vatikanzeitung sei viel eleganter und der echte Osservatore verwende das «Latein der Kurie» anstatt der philosophisch- mittelalterlichen Sprache der Fälschung. Vian vermutete einen «Kreis von Laien ausserhalb des Vatikan» als Urheber der Fake-Zeitung.

Ermittlung auch wegen Plakaten

Vatikan und italienische Polizei ermitteln zudem an einem anderen Fall ungewöhnlicher, öffentlicher Papst-Kritik: Vor einer Woche hatten in der Nacht zum Samstag Unbekannte mehr als 200 papstkritische Plakate in mehreren römischen Stadtteilen aufgehängt. Auf ihnen war Franziskus mit einem finsteren Gesichtsausdruck zu sehen. Unter dem Foto stand in römischem Dialekt: «Franziskus, du hast Kongregationen unter kommissarische Leitung gestellt, Priester entlassen, den Malteserorden und die Franziskaner der Immakulata enthauptet, Kardinäle ignoriert, aber wo bleibt deine Barmherzigkeit?»

Der Text der Plakate spielte offensichtlich auf kirchliche Vorgänge an, die in konservativen Kreisen zu Kritik am Papst geführt hatten; etwa den Rücktritt des Malteser-Grossmeisters Matthew Festing auf Drängen von Franziskus und die Zweifel der Kardinäle zu «Amoris laetitia», die auch in der Fälschung des Osservatore Thema waren.

Italienische Medien vermuten hinter der Aktion Italiens politische Rechte und konservative katholische Kreise, die den Reformkurs von Franziskus ablehnen. Konkrete Hinweise auf die Täter sind bisher nicht bekannt. (cic)

Vatikanzeitung «Osservatore Romano» | © Printscreen Webseite Osservatore Romano
11. Februar 2017 | 12:20
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