Das Priesteramt in der Krise
Vatikan

Vatikan: Das Priestertum in der Krise

In einer Konferenz diskutieren Teilnehmende im Vatikan über das Priesterbild, Frauen und Laien: Der Organisator Kurienkardinal Marc Ouellet spricht von einer Überbetonung der Priesterweihe, die «klerikale Machtmentalität» billigte. Papst Franziskus findet mahnende Worte.

Papst Franziskus hat den Zölibat in der katholischen Kirche als «Geschenk» bekräftigt. Um aber «als Heiligung gelebt zu werden», setze dies gesunde Beziehungen voraus, mahnte das Kirchenoberhaupt am Donnerstag zu Beginn eines dreitägigen Symposiums im Vatikan über das katholische Priesterbild. Notwendig seien «Beziehungen echter Wertschätzung und echten Wohlwollens» vor allem auch unter Priestern, sonst könne «der Zölibat zu einer unerträglichen Last werden», so der Papst.

Papst warnt vor abstrakten Auswegen aus der Krise

In einer persönlich gefärbten Eröffnungsrede warnte er vor rein abstrakten Auswegen aus der aktuellen Krise des katholischen Priestertums. Weder eine Flucht zurück in frühere Traditionen noch vermeintlich neueste Reformen und Massnahmen ohne die Weisheit der Tradition böten eine Lösung, warnte Franziskus vor rund 500 Zuhörern in der vatikanischen Audienzhalle.

Papst Franziskus
Papst Franziskus

Aus seinen persönlichen Erfahrungen aus gut 50 Jahren Priesterleben legte das Kirchenoberhaupt katholischen Geistlichen nahe, vier wesentliche Formen von Nähe zu pflegen. Dies sei zum einen die in einem ehrlichen Gebetsleben gepflegte Nähe zu Gott. Möglich und konkret sei eine solche Nähe aber nur, wenn der Priester gleichzeitig nah am Leben der Menschen in seiner Gemeinde sei und dieses teile.

Die dritte und vierte Säule priesterlicher Existenz sind nach Aussage des Papstes eine offene und ehrliche Beziehung zum eigenen Bischof sowie untereinander. Leider seien Beziehungen zwischen Klerikern oft von Neid geprägt, sagte Franziskus.

Klerikalismus und diverse Formen von Missbrauch

Anlass der mehrtägigen Konferenz ist laut ihrem Organisator Kurienkardinal Marc Ouellet die Krise des katholischen Priesterbilds, verschärft durch sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung durch Kleriker. Es gehe daher um eine «Bestandsaufnahme aktueller soziologischer Studien» sowie eine Analyse von «historischen, kulturellen und theologischen Ursachen», die zu Klerikalismus und seinen diversen Formen von Missbrauch führen.

«Aufschrei des Volkes Gottes» zur Kenntnis nehmen

Das Symposium nehme «den Aufschrei und den Zorn des Volkes Gottes zur Kenntnis», betonte Ouellet zu Beginn. Man wolle sich «denen anschliessen, die nach Wahrheit und Gerechtigkeit schreien» und um «auf die Herausforderungen der priesterlichen Krise» angemessen reagieren zu können. Dazu fehlten aber nach wie vor angemessene theologische, spirituelle und pastorale Voraussetzungen.

Der Bischofsmacher: Kurienkardinal Marc Ouellet.
Der Bischofsmacher: Kurienkardinal Marc Ouellet.

Vorrangige Aufgabe des Symposiums ist es laut Ouellet daher, das allgemeine Priestertum aller getauften Christen und das besondere der Ordinierten wieder in ein richtiges Verhältnis zu setzen. Durch seine Abgrenzung von der protestantischen Reformation habe das katholische Lehramt die Priesterweihe überbetont. Damit habe die römisch-katholische Kirche «eine klerikale Machtmentalität und Haltung übermässiger Kontrolle der Kleriker über die gesamte kirchliche Gemeinschaft gebilligt».

Kirchengeschichtliche und theologische Grundlagen

Für das gewünschte neue Gleichgewicht legten die Referenten des ersten Tages kirchengeschichtliche und theologische Grundlagen. So sprach der in Luzern lehrende deutsche Neutestamentler Robert Vorholt über «biblische Grundlagen der Beziehung zwischen dem Priestertum aller Getauften und dem Apostolischen Amt». Weitere Referenten befassten sich mit Aussagen antiker Kirchenväter, des mittelalterlichen Theologen Thomas von Aquin (1225 – 1274), des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 – 1965) und moderner Theologen. Dabei ging es vor allem um das jeweils vertretene Bild des Priesters, sein Verhältnis zu Christus sowie zu den übrigen Gläubigen. (cic)


Das Priesteramt in der Krise | © Pexels
18. Februar 2022 | 10:25
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