Die Guglera
Schweiz

TV-Kritik: Folklore, Männerfreundschaft und Rebellen

Zürich, 28.4.17 (kath.ch) «Gastgeber wider Willen – Giffers erhält ein Bundesasylzentrum» heisst die «Dok»-Sendung, welche das Schweizer Fernsehen SRF am Donnerstag zum Bundesasylzentrum «Guglera» ausstrahlte. Dieses wird 2018 eröffnet. Positiv an der Sendung ist, dass die Widersprüche in der Gesellschaft vor Ort deutlich werden. Etwas weniger «Ruedi Vonlanthen» und «Nicolas Bürgisser» hätte dem Film gut getan, meint kath.ch-Redaktor Georges Scherrer.

Vorweg genommen sei: Das Senslerland, wie das deutschsprachige Gebiet in den Freiburger Voralpen heisst, ist an «harten Köpfen» reich. Der heute verstorbene Freiburger Dichter Franz Aebischer, der vor Jahren den Sensler Oberamtmann Willi Neuhaus aus dem Amt hob, lebte auf der Alp Spielmanda. Unweit dieser Alp steht die Alp Stoss. Diese wird heute vom Alphirten Mauritz Boschung betreut. Die beiden Alpnachbaren verbindet, dass sie öffentlich ihre eigne Meinung vertreten. Boschung nimmt in der SRF-Dok eine wichtige Rolle ein.

Fallstrick Religion

Schweizweit sorgte das geplante Asylzentrum Guglera für Schlagzeilen, als bei einer Informationsveranstaltung des Bundes in Giffers rund tausend «Sensler» mit ihren Protesten medienwirksam für Radau sorgten. Die «Dok»-Sendung geht auf diese Veranstaltung ausführlich ein. Erfreulich ist, dass Regisseur Rolf Dietrich sich für seinen Film den Älpler Mauritz Boschung vorknöpfte, der sich mit seinem Votum in Giffers gegen die «Mehrheitsmeinung» im Saal stellte.

Eine gute Wahl! Schade, dass er im Film als «Rebell» etwas alleine da steht. Eine Umfrage in der Bevölkerung hätte möglicherweise gezeigt, dass diese die Meinung der «Tausend» an der Veranstaltung in Giffers nicht vollumfänglich teilt. Diese Volksmeinung hätte durchaus den Platz des überlangen Porträts der «Männerfreundschaft» zwischen Ruedi Vonlanthen (FDP), ehemaliger Gemeindepräsident von Giffers und Gegner des Zentrums, und Nicolas Bürgisser (FDP), Oberamtmann und Befürworter des Zentrums, einnehmen können.

Mauritz Boschung hält in der Dok-Sendung den Senslern den Spiegel vor und erinnert daran, dass viele Sensler vor noch gar nicht so langer Zeit ihr Auskommen im Ausland suchen mussten. Er kritisiert die Informationspolitik des Bundesmassiv massiv, der bezüglich der «Guglera» die Sensler vor vollendete Tatsachen stellte, und auch Ruedi Vonlanthen, der auf das christliche Erbe pocht: «Es ist die unterste Schublade, wenn einer noch die Religion bemüht», so Boschung im Dok-Film.

Bilder stärker als Worte

In Anspielung auf Vonlanthen, der befürchtet, dass die Kreuze von den Dächern verschwinden werden, meinte der Alphirt. «Sie gehen selber nicht mehr in den Gottesdienst, haben mit dem Christentum nicht mehr viel am Hut». Es gehe nicht an, die Menschen mit der Religion zu manipulieren «Wir sind noch etwas gläubig», entgegnet Vonlanthen im Film. Er spricht sich dafür aus, dass das Kreuz auf der Guglera, die als Schule von den Ingenbohler-Schwestern gebaut worden war, bleibt.

Die Fernsehreportage arbeitet stark mit Bildern. Diese rücken den Kreuz-Wunsch des aktuellen Guglera-Gegners Vonlanthen ins rechte Licht. In der Sendung kommt auch Gabriela Waeber-Blanchard von der Gruppe «Flüchtlinge Willkommen im Sensebezirk» zu Wort. An der Wand des Versammlungslokals der Asylbefürworter hängt ausgerechnet und unübersehbar ein grosses Kreuz.

Für Mauern sind nicht nur Sensler verantwortlich

Pikant ist auch das Ende des Dokumentationsfilms, der etwas stark von Folklore und weniger vom Alltag der Sensler durchzogen ist: Der Film zeigt gegen Schluss den Zaun, der heute die Guglera umschliesst. Dieser soll das Gebäude vor Sabotageakten schützen. Ein solcher wurde letztes Jahr verübt. Das Gebäude wurde unter Wasser gesetzt. Der Sachschaden betrug 800’000 Franken. Man munkelte, Gegner der Guglera hätten die Wasserhähne geöffnet und so den Schaden verursacht.

Die Behörden gehen gemäss der SRF-Dok-Sendung heute davon aus, dass eine linksautonome Gruppe aus der Schweiz hinter der Tat steht, welche gemäss einem Bekennerschreiben im Internet gegen das «Ausschaffungslager Giffers» und gegen die Asylpolitik des Bundes protestieren wollte. Dieser Umstand ist entlarvend: Nicht nur die Guglera-Gegner möchten, wie es im Sensler-Lied heisst, eine Mauer um ihr «Ländli» bauen. Vielmehr gibt es auch in der Schweiz Kräfte, die dafür sorgen, dass Mauern um Asylzentren gebaut werden müssen, um diese vor Angriffen zu schützen.

Die Guglera | © screenshot srf.ch
28. April 2017 | 16:25
Lesezeit: ca. 2 Min.
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