Verbot mit Durchgangsmöglichkeit
Schweiz

Das Bundesasylzentrum Guglera öffnet den Blick in die Seele eines Volks

Freiburg i.Ü., 23.2.17 (kath.ch) Die Kirchen im Kanton Freiburg haben die Gegner des Bundesaylzentrums «Guglera» zur Mässigung aufgerufen. Das stelle für die Kirchen ein Risiko dar, sagte der Präsident des Synodalrates der evangelisch-reformierten Kirche Freiburg, Pierre-Philippe Blaser, gegenüber kath.ch. Die Kirchen stehen aber für den Dialog mit den Zentrums-Gegnern bereit.

Georges Scherrer

Gegensätzlicher könnten die Positionen der Gegner des geplanten Bundesasylzentrums «Guglera» im Freiburger Sense-Land und die Haltung der Kirchen in der Region nicht sein. In der Sensler-Hymne, dem Senslerlied «Das isch üsers Ländli», wird Gott angefleht, eine Mauer um das Land zu bauen, wenn es in Not gerät. «Härgott mach um üsers Ländli i de Not as Wändli», heisst es dort.

«Tendenzen der Abschottung und der Ablehnung des Fremden» stellten den Auftrag der Kirchen als «Wächterin christlicher Grundwerte» ernsthaft in Frage, schreiben die evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Freiburg und das Bischofsvikariat Kanton Freiburg in einer Stellungnahme, in der sie die Schaffung einer «Bürgerwehr» verurteilen. Zu diesen christlichen Werten gehöre der Einsatz zugunsten der schwachen und benachteiligten Mitglieder der Gesellschaft.

Die Erfahrungen, welche die Kirchen machen, hätten gezeigt, dass der Dialog der bessere Weg sei als die Konfrontation, sagte Blaser auf Anfrage. Die Kirchen seien sich bewusst, dass sie mit ihrer Stellungnahme zur «Bürgerwehr» verschiedene Leute vor den Kopf stossen können, die der «lautstarken» Opposition angehören. Blaser wies gegenüber kath.ch aber auch darauf hin, dass ein Teil der Bevölkerung hinter dem Zentrum steht und offen ist für die Aufnahme von Flüchtlingen.

Eine ehemalige Ingenbohler-Mädchenschule

Objekt der Auseinandersetzung ist ein achtstöckiger Gebäudekomplex, der weit ab von jedem Dorf im Grünen steht. Bis 2007 führten die Ingenbohler-Schwestern dort das Mädchen-Pensionat St. Josef Guglera. Weil sie das Institut weder personell noch finanziell weiterführen konnten, verkauften sie das Gebäude an den sozial engagierten Unternehmer Beat Fasnacht. Er errichtete dort ein Institut für übergewichtige Kinder und solche, die Schwierigkeiten bei der Lehrstellensuche haben, und kam damit bei der Bevölkerung an.

Die öffentliche Hand kürzte ihm jedoch die Subventionen. Fasnacht verkaufte das Gebäude dem Bund, der ab 2017 dort ein Bundesasylzentrum für 300 Asylsuchende einrichten will. Bei der einheimischen Bevölkerung kam das Vorhaben vielerorts nicht gut an. 2015 wurde die Interessengemeinschaft «IG Guglera» gegründet, die sich gegen die Errichtung des Bundeszentrums wehrte.

Ihre rechtlichen Möglichkeiten sind beschränkt, weil der Bund die «Guglera» von einer Privatperson übernahm und somit keine «Nutzungsplanänderung» nötig ist. 2015 lud der Bund zu einer Informationsveranstaltung ein. Gegen tausend Personen folgten der Einladung.

«Asylanten-Tsunami»

Bürger der umliegenden Gemeinden machten bei dieser Gelegenheit deutlich, dass sie sich durch den Entscheid des Bundes überrannt fühlten. Ein Redner sprach von einem «Asylanten-Tsunami», wenn 300 Asylsuchende unweit des 1500-Seelendorfs Giffers untergebracht würden. Die Gemüter gehen weiter hoch. Im vergangenen Herbst kam es zu einem Anschlag auf die Guglera. Unbekannte öffneten Wasserhähne, so dass das Gebäude unter Wasser stand und ein beträchtlicher Schaden entstand.

Bereits im Mai 2016 war die Kapelle im Gebäude entsakralisiert worden, damit sie einem anderen Verwendungszweck zugeführt werden konnte. Nach der Befragung des Bischofsrates und des zuständigen Bischofsvikars hatte der Westschweizer Bischof Charles Morerod dazu grünes Licht gegeben.

Bürgerwehr und Solidaritätsgruppen

Neuste Episode in Sachen «Guglera» ist ein Ankündigung der «IG Guglera». Diese will gemäss den Freiburger Nachrichten (18. Februar) eine «Bürgerwehr» auf die Beine stellen, weil sie befürchtet, dass Spaziergänger von den Asylbewerbern in der Guglera belästigt werden könnten.

Die Kantonspolizei lehnt das Vorhaben ab, ebenso die Kirchen. Diese Ankündigung schaffe ein Klima der Angst und des Misstrauens, heisst es in der Stellungnahme der Kirchen. Sie weisen darauf hin, dass im Kanton in den vergangenen Monaten vielerorts Initiativen und Gruppen entstanden seien, die sich im Sinn des Evangeliums für Menschen auf der Flucht einsetzen.

Gemäss Pierre-Philippe Blaser handelt es sich dabei um kleine Gruppen von Pfarreiangehörigen, die den Kontakt zu Asylsuchenden aufnehmen. So würden kulturelle Ausflüge oder Kleiderbörsen organisiert. Blaser, der reformierter Pfarrer im Kanton Freiburg ist, beteiligte sich zum Beispiel anlässlich eines Slow up an einem Stand der Kirchen, welcher mit Asylsuchenden eine afrikanische Küche betrieb.

Bei diesen Initiativen handle es sich um einfache Initiativen, mit welchen die Kontakte zwischen Asylsuchenden und der Bevölkerung gefördert werden, so Blaser.

Verbot mit Durchgangsmöglichkeit | © Georges Scherrer
23. Februar 2017 | 16:16
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