Gedenkfeier für den Basodino-Gletscher
Schweiz

Tony Labiao: Gletscherschmelze in der Schweiz verursacht Unheil auf den Philippinen

Das Schmelzen der Schweizer Gletscher hat Auswirkungen auf das Leben in den Philippinen: Hochwasser, Taifune und massive Hitze. «Die Menschen auf den Philippinen zahlen den Preis für die Schäden, die der globale Norden verursacht», sagt Tony Labiao von Caritas Philippinen. Er appelliert, dem Klimaschutz-Gesetz zuzustimmen.

Jacqueline Straub

Sie haben heute bei einer Gletscherzeremonie teilgenommen. Wie blicken Sie auf die Schweiz?

Tony Labiao*: Die Schweiz ist ein sehr schönes Land. 1988 wurde ich in die Schweiz geschickt, um philippinischen Migrantinnen und Migranten zu helfen. Da wurde sie mir zur Heimat.

Was fasziniert Sie am meisten an der Schweiz?

Labiao: Die Alpen mit ihren herrlichen Gebirgsketten und Gletschern. Ich war immer beeindruckt, wenn sie mit Schnee bedeckt waren oder wenn die Sonne ihre Gipfel küsste.

Fr. Tony Labiao bei einer Beerdigung auf den Philippinen.
Fr. Tony Labiao bei einer Beerdigung auf den Philippinen.

Nun nehmen Sie an einer Gletscherzeremonie teil, weil Gletscher in der Schweiz sterben.

Labiao: Wenn ich mir die Gletscher nun vier Jahrzehnten später wieder anschaue, muss ich sagen: Die globale Erwärmung ist in diesem schönen Teil der Welt real. Die Gletscher sind beträchtlich geschmolzen.

Welchen Einfluss hat das Schmelzen der Schweizer Gletscher auf die Philippen?

Labiao: Das Schmelzen der Schweizer Alpen hat Einfluss auf den Anstieg des Meeresspiegels. Und der betrifft die Inselgruppe der Philippinen direkt. Das Schmelzen der Schweizer Gletscher ist kein Einzelfall. Es ist Teil eines grösseren globalen Musters, das weitreichende Folgen hat. Und als Land der Dritten Welt leiden wir besonders. Auf den Philippinen, in einer Provinz Sorsogon, gibt es einen See, den man die «Schweiz des Orients» nennt. Dort leben viele geschützter Tier- und Pflanzenarten. Experten zufolge könnte unsere «Schweiz des Orients» in den kommenden Jahren ganz von der Landkarte verschwinden, wenn der Meeresspiegel weiter steigt.

In der Schweiz schmelzen die Gletscher und die Philippinen gehen unter.
In der Schweiz schmelzen die Gletscher und die Philippinen gehen unter.

Wie zeigt sich der Klimawandel auf den Philippinen konkret?

Labiao: Die Hochwasser zerstören Häuser und Lebensgrundlagen. Durch den Anstieg des Meeresspiegels haben sich Sturmfluten gehäuft und intensiviert. Das stellt eine ständige Bedrohung für Leben und Eigentum der Küstenbewohner dar. Der Klimawandel führt dazu, dass philippinische Familien vertrieben werden. Zudem verursacht der Klimawandel einen wahnsinnigen Schaden in der Landwirtschaft und der Infrastruktur.

2013 traf ein Supertaifun die Philippinen…

Labiao: Dabei starben 6’000 Menschen. Mehr als 100’000 Familien wurden obdachlos. Die Taifune werden immer stärker und verheerender. Aber auch ohne Taifune und sintflutartigen Regenfällen erleben wir enorme Überschwemmungen. Und im Gegensatz zu früher können Taifune jetzt jederzeit und überall zuschlagen, was praktisch alle 7’100 Inseln der Philippinen gefährdet.

Kirchenruine auf den Philippinen.
Kirchenruine auf den Philippinen.

Die Philippinen sind massiv vom Klimawandel betroffen. Doch sie tragen nur 0,4 Prozent zur Klimakrise bei.

Labiao: Das stimmt. Die Menschen auf den Philippinen zahlen aber den vollen Preis, den der globale Norden, der für 92 Prozent der Emissionen verantwortlich ist, verursacht. Das ist eine grosse Ungerechtigkeit gegenüber meinem Volk.

Was ist Ihr Appell an die Schweiz?

Labiao: Das Schmelzen der Gletscher betrifft uns auf den Philippinen mehr als sich die Menschen in der Schweiz vorstellen können. Bitte stimmen Sie am 18. Juni für das Klimaschutz-Gesetz.

Taifune und Fluten bedrohen die Philippinen. Grund: Der Klimawandel
Taifune und Fluten bedrohen die Philippinen. Grund: Der Klimawandel

Was bedeutet für Sie Klimagerechtigkeit?

Labiao: Klimagerechtigkeit bedeutet, dass die Verursacher von Treibhausemissionen ihre Verantwortung wahrnehmen. Sie müssen ihre Emissionen auf Null reduzieren und gleichzeitig diejenigen bei der Eindämmung und Anpassung unterstützen, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beitragen, aber am meisten darunter leiden.

*Pater Tony Labiao arbeitet bei der Caritas Philippinen und der Social Action der philippinischen Bischofskonferenz, einer Partnerorganisation von Fastenaktion.


Gedenkfeier für den Basodino-Gletscher | © Jacqueline Straub
20. Mai 2023 | 16:50
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