Stimmen aus Rom: «Die Synode war ehrlich, aber nicht mutig»
Das Thema «Frauendiakonat» fand bei der Abschlussabstimmung am wenigsten Zustimmung. «Es liegt noch Arbeit vor uns» sagen Felix Gmür und Georg Bätzing. Helena Jeppesen-Spuhler wusste, «dass die Frauenfrage schwer werden würde.» Erfreut zeigen sich deutsche und Schweizer Delegierte über das überraschend deutliche Votum zur bischöflichen Gewaltenteilung.
Annalena Müller
Auf die Synodensitzungen folgen die Pressetermine. Am späten Samstagabend treten zunächst die Vertreter des Vatikans an die Mikrofone. Am Sonntag folgen die Deutsche und die Schweizer Bischofskonferenz. Während der Vatikan in Feierlaune ist, klingen die Stimmen aus dem Reformlager verhaltener. «Die Synode war ehrlich, aber nicht mutig», fasst Bischof Georg Bätzing die Lage zusammen. Auch Felix Gmür sieht noch viel Arbeit vor sich.
Kardinal Grech und Hollerich zufrieden
Kardinal Jean-Claude Hollerich, Generalrelator, und Kardinal Mario Grech, Generalsekretär der Bischofsynode, sind in Feierlaune. «Der synodale Raum ist geschaffen. Das Eis ist geschmolzen», sagt Grech während der Pressekonferenz des Vatikans am Samstagabend.
Die Synodenverantwortlichen haben eine grosse Leistung vollbracht. Es ist ihnen gelungen, Vertreter und Vertreterinnen der Weltkirche zusammenzubringen, sie emotionale und umstrittene Themen diskutieren zu lassen und, am Ende, eine äusserst erfolgreiche Abstimmung zu erreichen. Das Synodenpapier wurde mit deutlicher Mehrheit angenommen. 239 der insgesamt 247 Absätze, über die alle einzeln abgestimmt wurden, erhielten Zustimmungswerte von über 90 Prozent.
Frauen bleiben marginalisiert
Aber Journalisten wären nicht Journalisten, wenn sie nicht Haare in der Suppe fänden. Aus Schweizer Sicht schwimmen im Abschlussdokument einige Haare. Vor allem beim Frauendiakonat, das nicht gefordert, sondern nur diskutiert werden soll. Und das trotzdem nur ein vergleichsweise schwaches Abstimmungsergebnis erhielt.
Die beiden Passagen, die eine Diskussion über das Frauendiakonat anregen, erhielten am Samstag mit Abstand die niedrigsten Zustimmungswerte – nämlich nur knapp 80 Prozent. So wenig wie sonst keine andere Sektion des Abschlussdokumentes. Dazu muss gesagt werden, dass, wie bei allen Abschlussdokumenten, die gewählten Formulierungen bereits Kompromisse waren, um die seit Mittwoch gerungen worden war. Dass die Aufforderung, über das Frauendiakonat zu reden, mehr Gegenstimmen erhielt als jedes andere Thema, lässt also tief blicken.
Bätzing: Dokument schwach bei Frauen und LGBTQ, stark bei Missbrauchsursachen
Während die Kardinäle Grech und Hollerich den Fragen am Samstagabend ausweichen, nimmt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Sonntagmorgen Stellung. «Es gibt zwei Bewegungen, die der Heilige Geist besonders fördert: Ehrlichkeit und Mut.» Von Ehrlichkeit könne man bei der Synode wirklich sprechen. «Sie hat alle Fragen des Volkes Gottes auf den Tisch gelegt.» Bezüglich der Fragen nach «echter Beteiligung der Frauen in der Kirche» und die von «geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung», sei die Synode «ehrlich, aber nicht mutig» gewesen.
Erfreut gibt sich Bischof Bätzing über das klare Bekenntnis, «dass der Missbrauch in der katholischen Kirche strukturelle Ursachen hat.» Und verweist auf den Erfolg, dass dies in einem Dokument benannt wird, welches die Stimmen der Weltkirche in sich versammelt.
Felix Gmür: konkrete Vorschläge zum Diakonat erarbeiten
Auch die Schweizer Delegation stellt sich am Sonntag den Fragen der Presse. Felix Gmür, Helena Jeppesen-Spuhler und Claire Jonard sind begeistert von ihrer Synodenerfahrung. Positiv überrascht zeigt sich Jeppesen-Spuhler vom klaren Votum der Weltsynode zur bischöflichen Gewaltenteilung. «Die Bischöfe weltweit haben verstanden, dass ihnen wegen der Missbrauchskrise das Wasser bis zum Halse steht.» Auch Felix Gmür freut das Votum. Die Einführung externer Gremien zur kirchenstrafrechtlichen Untersuchung und Ahndung von Missbrauch würden viel bringen.
Zum Frauendiakonat befragt, sagt Jeppesen-Spuhler: «Ich habe erwartet, dass die Frauenfrage schwer werden würde.» Für den zweiten Teil der Weltsynode will Bischof Gmür konkrete Vorschläge für das Frauendiakonat ausarbeiten lassen. Hier könne die Schweiz einen wichtigen Beitrag leisten, findet auch Helena Jeppesen-Spuhler.
Die Pressetermine bilden sowohl für die deutsche als auch die Schweizer Delegation den Abschluss der Weltsynode 23. Zuhause geht die Arbeit für alle weiter. Dort müssen sowohl die Deutschen als auch die Schweizer das Prinzip Weltsynode weiter erklären. Und sie müssen die kirchenmüde Bevölkerung davon überzeugen, dass das Abschlussdokument den Weg für mehr bereitet als den Schritt der Kirche vom Vorgestern ins Gestern.
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