Das Grabtuch von Turin im Turiner Dom. Nach Wädenswil kommt eine Kopie.
International

Sonderausstellung zum Turiner Grabtuch in Wien eröffnet

Wien, 7.6.17 (kath.ch) Der Frage «Wer ist der Mann auf dem Turiner Grabtuch?» geht aktuell eine Ausstellung im Wiener Erzbischöflichen Palais nach. Kernstücke der Schau sind eine originalgrosse Kopie des Turiner Grabtuchs und eine dem Abdruck des Tuches entsprechende 3D-Figur.

Die Sammlung umfasst ausserdem 24 Stelen und sieben Exponate, darunter eine Dornenhaube und Nägel, die zur damaligen Zeit bei einer Kreuzigung verwendet wurden.

Unter dem Titel «Wer ist der Mann auf dem Tuch? – Eine Spurensuche» stellt die Ausstellung sowohl wissenschaftliche Forschung wie theologische Sichtweisen zu dem Leinentuch vor. Sie dokumentiert Erforschung und Geschichte des Tuches, die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse um Wunden und Echtheit, versehen mit biblischen Bezügen.

Blutgruppe AB

Zu sehen sind auf dem 4,40 langem und 1,13 Meter breitem Tuch Blut, Brandflecken und der Abdruck eines etwa 1,78 Meter grossen Mannes Voder- und Rückenansicht, der gekreuzigt wurde und dabei eine Dornenhaube trug, erklärte Kuratorin Bettina von Trott bei einer Presseführung am Mittwoch im Palais. Der Abgebildete hatte offenbar Blutgruppe AB. Ob es sich bei dem Mann um Jesus von Nazareth handelt, könne die Wissenschaft allerdings weder belegen noch verneinen.

Von einer späteren Fälschung gehe mittlerweile aber niemand mehr aus. Stichhaltigstes Argument: Der auf dem Grabtuch dargestellte Mensch wurde nicht wie in der Ikonographie durch die Handflächen, sondern durch die Gelenke gekreuzigt.

Wie kam der Abdruck auf das Tuch?

Ungeklärt sei auch die Frage, wie der Abdruck auf das Tuch gekommen ist, so von Trott. «Die Wissenschaftler sind sich einig, dass das Bild durch etwas erzeugt wurde, das zur Oxidation und Dehydration der Mikrofasern des Leinens führte.» Was allerdings diesen Prozess hervorgerufen hat, ist unklar. Weder Befürworter noch Zweifler hätten bisher eine befriedigende Theorie geliefert.

Als gesichert gilt, dass das Tuch durchaus aus dem 1. Jahrhundert nach Christus stammen könnte, da Webart und Stoffbeschaffenheit darauf Hinweise geben. Den endgültigen Beweis einer antiken Webart erbrachte die Textilarchäologin Mechthild Flury-Lemberg. Sie fand heraus, dass die Gewebestruktur und die spezielle Eigenart der Webkantenbildung des Grabtuches ihre Parallelen in antiken Stoffen haben, die man in den Ruinen von Masada fand.

Nicht als Reliquie anerkannt

Seit mehr als hundert Jahren versuchen Wissenschaftler aus aller Welt, das Geheimnis des Turiner Grabtuches zu enträtseln. Einig sind sich die Forscher, dass der «Mann auf dem Tuch» alle Merkmale der in der Bibel beschriebenen Kreuzigung aufweist. Trotzdem wird das Tuch von Katholischer Seite nicht als Reliquie anerkannt. Im vatikanischen Sprachgebrauch wird dafür von einer «Ikone» gesprochen.

Begonnen hat die Erforschung des Tuches 1898 mit einer Fotografie, die anders als andere Bilder in der Negativansicht nicht nur Schemen zeigte, sondern ein realistisches und lebendiges Abbild eines Mannes. Die ertragreichsten Erkenntnisse stammen aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Beteiligt hat sich an der Erforschung des Tuches auch die NASA, deren Technologie die 3D-Figur des abgebildeten Mannes zu verdanken ist.

Organisiert wird die Ausstellung vom Malteser-Orden. Sie ist als Wanderausstellung konzipiert und konnte bisher über 110’000 Besucher im deutschsprachigen Raum verzeichnen. Die Ausstellung im Wiener Erzbischöflichen Palais ist noch bis 16. Juli zu sehen. (kap)

Das Grabtuch von Turin im Turiner Dom. Nach Wädenswil kommt eine Kopie.| © KNA
7. Juni 2017 | 15:21
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!