Trauer um Desmond Tutu in Kapstadt.
Schweiz

Sich in Lauge auflösen: Tutus Bestattungsfavorit könnte Schule machen

Desmond Tutu wollte möglichst grün bestattet werden: Er liess seinen Körper nach dem Tod in Lauge auflösen. Das ist energieschonender als eine Feuerbestattung. In der Schweiz ist die Methode unbekannt und verboten. Ein Bestatter findet sie sinnvoll.

Ueli Abt

Am 26. Dezember starb der Menschenrechtler, Nobelpreisträger und frühere Erzbischof Desmond Tutu. Nebst einem schlichten Holzsarg ohne Verzierungen wünschte er sich, dass sein Körper nach der Methode der alkalischen Hydrolyse aufgelöst wird. Dabei kommt der Körper eines Verstorbenen drei bis vier Stunden in einen Druckbehälter aus Edelstahl und wird bei etwa 150 Grad von einer Kalilauge zersetzt.

Zurück bleiben eine braune, motorenölartige Flüssigkeit und Knochenteile, heisst es in verschiedenen Medienberichten. Diese Überreste seien steril. Die Flüssigkeit könne über den Abguss entsorgt, die Knochenteile – wie nach einer Kremierung – den Angehörigen ausgehändigt werden.

Ursprünglich Methode für Tierkadaver und Leichenteile

Laut einem Bericht des «Spiegels» werden mit dieser Methode seit den 1990er-Jahren Tierkadaver und vereinzelt auch Leichenteile auf diese Weise an US-Universitäten und Forschungsinstituten aufgelöst.

Die Studie eines niederländischen Bestattungsunternehmens aus dem Jahr 2014, im Auftrag der politischen Gemeinde Almere, bescheinigt der Methode grosse Umweltfreundlichkeit: Erdbestattung wie auch Kremierung seien um ein Vielfaches umweltschädlicher hinsichtlich CO2-Ausstoss, Schadstoffbelastung und Energieverbrauch.

Allerdings ist die Methode in vielen Ländern verboten. Beispielsweise in den USA ist sie nur in wenigen Bundesstaaten erlaubt. Kritiker sagen, Teile des menschlichen Körpers den Abfluss hinunter zu spülen, sei unwürdig. Das ist auch die Haltung von einzelnen US-Diözesen. 2011 nannte der damalige Erzbischof von Washington, Kardinal Donald Wuerl, die alkalische Hydrolyse «respektlos».

«Hätte kein Problem»

Andreas Bichler ist der stellvertretende Leiter des Krematoriums Nordheim in Zürich. Er kennt die Methode lediglich aus Medienberichten – sie ist in der Schweiz verboten.

Wenn er selbst so bestattet würde, hätte er persönlich damit kein Problem, sagt er auf Anfrage von kath.ch. «Ich finde es okay. Man kennt es einfach nicht», sagt Bichler.

Andreas Bichler schickt eine verstorbene Person auf die letzte Reise.
Andreas Bichler schickt eine verstorbene Person auf die letzte Reise.

Wie bei der Kremierung bleibe am Schluss nur das Skelett übrig. Der Rest verflüchtige sich bei der Kremierung in Form von Rauchgas, bei der Hydrolyse bleibe eine Flüssigkeit übrig. Ob aber die menschlichen Reste als Gas oder als Flüssigkeit an die Umwelt abgegeben würden, darin besteht aus seiner Sicht kein grosser Unterschied. «Der Kreislauf ist wieder geschlossen.»

Dass diese Bestattungsform in vielen Ländern verboten ist, kann er insofern nachvollziehen, als dass die Gesellschaft noch nicht so weit sei, um eine solche Innovation annehmen zu können.

Vorerst werde die alkalische Hydrolyse zur Auflösung der Körper von Verstorbenen ein absolutes Nischenverfahren bleiben. Doch Kosten wie auch Umweltbelastung würden für die Methode sprechen: «Vielleicht kommt man irgendwann darauf zurück.»


Trauer um Desmond Tutu in Kapstadt. | © Keystone
5. Januar 2022 | 18:24
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