Schwester Philippa Rath OSB
Schweiz

Schwester Philippa Rath ruft zu pastoralem Ungehorsam auf

«Miteinander vorwärts» lautet das Motto des Goldenen RKZ-Jubiläums. Die Benediktinerin Philippa Rath ruft zu pastoralem Ungehorsam auf. Die französische Publizistin Christine Pedotti fordert entschlossene Reformen. Und RKZ-Präsidentin Renata Asal-Steger will nicht auf die Bischöfe warten.

Sarah Stutte

Der Grosse Saal des Alten Spitals in Solothurn ist an diesem Freitagmittag voll besetzt. Ehemalige und aktuelle Delegierte der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), Synodalrätinnen und Synodalräte, Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), die Vertretungen der katholischen Hilfswerke und der Schwesternkirchen – alle sind da. Zur Begrüssung verliest RKZ-Präsidentin Renata Asal-Steger erst einmal eine lange Liste, in der sie alle Anwesenden und Gäste in ihren Funktionen einzeln willkommen heisst. 

1971 waren es zehn Organisationen – 2022 sind es 24

Danach erklärt sie das Motto des Goldenen Jubiläums: «miteinander vorwärts». Bei der Gründung 1971 durch zehn kantonalkirchliche Organisationen hätten der Austausch und die gemeinsame Finanzierung der überkantonalen und pastoralen Aufgaben im Fokus gestanden. «Heute gehören der RKZ insgesamt 24 kantonalkirchliche Organisationen an und im Blick auf den religiösen Wandel ist das Motto noch bedeutungsvoller geworden», sagt Renata Asal-Steger. 

Renata Asal-Steger bei der 50-Jahrfeier.
Renata Asal-Steger bei der 50-Jahrfeier.

Die Kirche stehe vor grossen Herausforderungen. Wichtig sei deshalb, mutig den Blick nach vorne zu richten und zu handeln. «Wir wollen und können nicht den Bischöfen und den Pastoralverantwortlichen die Entscheidungen von Reformen überlassen», sagt die RKZ-Präsidentin. Alle seien mitverantwortlich dafür, dass die Kirche die Zeichen der Zeit erkenne und sich auf den Weg mache.

Konflikte mit den Bischöfen

In einem Video erzählen ehemalige RKZ-Präsidentinnen und Präsidenten wie Hans Wüst, Luc Humbel oder Gabriele Manetsch von Problemen in der Vergangenheit. Dazu gehörte stets auch das Kompetenzgerangel zwischen RKZ und Bischofskonferenz.

Als Bischof von Basel stand Kurt Koch mit der RKZ auf Kriegsfuss.
Als Bischof von Basel stand Kurt Koch mit der RKZ auf Kriegsfuss.

Die deutsche Benediktinerin Philippa Rath unterstreicht in ihrer Rede, dass die Synodalität eine innere Haltung wiedergebe, die wachsen und reifen müsse. Auch in Deutschland hätte man mittlerweile erkannt, «dass das patriarchale hierarchisch-klerikale System aufgebrochen werden muss und die Frauen in der Kirche nicht länger ausgegrenzt werden dürfen». Doch je länger der Weg dauere, desto mehr Ängste würden wieder aufkommen: «Angst vor zu viel Veränderung oder aber Angst vor zu wenig.» 

«#OutInChurch» zeigt: Einfach machen

Vielleicht brauche es deshalb auch parallele, neue Strukturen und pastoralen Ungehorsam, um Neuanfänge zu ermöglichen. Dies hätten schon Initiativen wie «#OutInChurch» gezeigt, indem sie Diskussionen anregten.

Bischof Felix Gmür
Bischof Felix Gmür

Bezogen auf die Missbrauchsthematik stellte die Benediktinerin klar: «Hätten Bischöfe und Päpste proaktiv Opfer statt Täter geschützt, hätten wir heute viele Probleme nicht.» Und sie doppelt nach: «Die Kirche könnte in der Frauenfrage auch eine Vorreiterrolle einnehmen, anstatt wie oft in der Geschichte den gesellschaftlichen Entwicklungen hinterherzulaufen.»

Keine Welt ohne Frauen

Die französische Publizistin Christine Pedotti, die sich für die Würde aller Getauften in der katholischen Kirche einsetzt, schildert die Bemühungen um Veränderungen in Frankreich. «Wir sind sehr spät dran in Bezug auf eine strukturierte Zusammenarbeit», hält sie fest. «Ich kann mir keine Welt mehr vorstellen ohne Frauen in wichtigen kirchlichen Funktionen. Dass Frauen hier fehlen, führt zu kognitiver Dissonanz. Dann klingt alles falsch, was die Kirche sagt. Sie wird nicht mehr hörbar.»

Die französische Publizistin Christine Pedotti
Die französische Publizistin Christine Pedotti

Es gehe darum, dass die Gesellschaft die kirchlichen Normen unterstütze und nicht lächerlich und überholt finde. «Im Evangelium findet sich kein Grund dafür, Frauen auszuschliessen. Auch die christliche Taufe kennt keine Unterschiede. Die Frauenemanzipation ist also das natürliche Kind des Evangeliums», stellt sie fest.  «Die katholische Kirche muss der Tisch sein, um den sich alle setzen. Die Trägerin der Hoffnung.»


Schwester Philippa Rath OSB | © Roberto Conciatori
24. Juni 2022 | 17:56
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!