Schwarz-weiss bleibt weiterhin Identitätsmerkmal

50 Jahre spirituelle Zeitschrift «ferment»

Gossau SG, 25.1.09 (Kipa) Die spirituelle Zeitschrift «ferment» feiert dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. Am Samstag, 24. Januar, eröffnete sie am Sitz der Schweizer Pallottinergemeinschaft in Gossau ihr Jubiläumsjahr. Auch nach 50 Jahren soll der Name Programm bleiben: Die Zeitschrift «ferment» will in Anlehnung an das Lukasevangelium wirken wie Sauerteig in der Gesellschaft. Ihr Markenzeichen bleibt allen Widrigkeiten zum Trotz das besondere Outfit: Bilder in schwarz-weiss und das quadratische Format.

«ferment» wird von der Schweizer Pallottinergemeinschaft herausgegeben. Seit 1999 steht der Redaktion mit dem Theologen Andreas Baumeister erstmals ein Laie vor. Der Orden sei heute nur noch auf der strategischen Ebene tätig, erklärte Pater Adrian Willi, Provinzial der Schweizer Pallottiner und Präsident der Herausgeberkommission, gegenüber der Presse.

Entstehung in der Zeit des Konzils

Der Provinzial der Schweizer Pallottiner sieht die Entstehung von «ferment» im Zusammenhang mit dem zeitgenössischen Kontext, einer «Zeit des unglaublichen Aufbruchs». «ferment» sei, so Pater Willi, in der Schweiz unter den ersten gewesen, die den konziliaren Geist witterten. Die Zeitschrift habe verschiedenen Projekten eine Art «Hebammendienst» geleistet:

Durch ihre Informationstätigkeit seien das Caritas Baby Hospital in Bethlehem und der Theologiekurs für Laien bekannt geworden; sie habe mitbewirkt, dass das 1961 gegründete Fastenopfer der Schweizer Katholiken bald in die Verantwortung von Laien übergegangen sei. «Heute ist es wichtig zu versuchen, dem konziliaren Erbe treu zu bleiben», betonte der Pallottiner Provinzial. «Wir müssen uns einmischen in die Gesellschaft.» Für dieses Ziel steht weiterhin der Name «ferment», der ab 1959 den alten Namen der Pallottinerzeitschrift «Rosenkranz» verdrängte. Es gehe darum, wie Sauerteig einen Prozess zu bewirken.

Geschichten statt Analysen

Die Zeitschrift «ferment» richtet sich an religiös interessierte Menschen, die spirituelle Impulse für ihren Alltag suchen. Für Andreas Baumeister, den leitenden Redaktor, bedeutet Spiritualität Kontakt aufnehmen mit der geistigen Wirklichkeit. Er sieht «ferment» als ein Instrument, mit dessen Hilfe die Leserin mit dieser Wirklichkeit in Kontakt treten könne. «Wir bringen keine Analysen, sondern Geschichten, erzählt in der Tradition von Jesus», erläutert Baumeister das Konzept, zu dem auch die grossformatigen Bilder in schwarz-weiss gehören.

Texte im Dialog mit Fotos

Lange und ruhige Bildsequenzen sollen ein Gegengewicht zur heutigen Bilderflut bilden, heisst es im Text der Jubiläums-Wanderausstellung, mit der sich «ferment» dieses Jahr in verschiedenen Offenen Kirchen der Schweiz präsentieren wird.

Der Theologe Pierre Stutz erklärt, dass seine Texte im Dialog mit den Fotos entstünden. So habe er über den Fotos der Sterbenden meditiert, die in der Jubiläumsnummer 1/2009 abgedruckt sind, und dann kurze Texte dazu geschrieben.

Stutz ist Mitglied des Redaktionsteams, zu dem weiter die Religionspädagogin Vreni Merz und die Sozialpädagogin Almut Haneberg gehören. Sie alle schreiben im «ferment», während der Grafiker Stefan Zumsteg seit 1999 für die Gestaltung der Zeitschrift zuständig ist.

Schwarz-weisse Identität

Bei den Fotos handle es sich um eine spezielle Art von Bildern, so Baumeister. Man wolle keine Reportagebilder abdrucken, sondern Bilder zeigen, die auf der symbolhaften Ebene etwas mitteilen könnten. Schwarz-weiss-Bilder seien sicher eine «grosse Hürde» für potentielle Leserinnen und Leser, räumt er ein. Aber: «Schwarz-weiss gehört einfach zu unserer Identität und verleiht dem spirituellen Anspruch von ’ferment’ Ausdruck.» Ein Übergang zu farbigen Bildern steht in keiner Weise zur Debatte – auch nicht um sinkenden Abonnenten-Zahlen entgegenzuwirken.

Rückgang der Abonnenten um einen Drittel

Seit 1998 hat die Zeitschrift einen Drittel ihrer regelmässigen Leser verloren. Die Zahl der Abonnenten beträgt derzeit noch 12.000. Die Leserschaft besteht nach Angaben des leitenden Redaktors hauptsächlich aus Frauen im Alter von über 45 Jahren.

Baumeister stellt fest, dass die Lesertreue abgenommen habe. Früher habe man die Zeitschrift aufgrund der Zugehörigkeit zum katholischen Milieu abonniert. Der heutige Leser lasse sich mehr von seinen Interessen leiten und bestelle dann eher eine Einzelnummer zu einem bestimmten Thema. Das Hauptargument gegen ein Abonnement sei in der Regel der Zeitmangel. «’ferment’ ist auf ein spezielles Publikum angewiesen, das sich bewusst Zeit nimmt, um sich auf Bild und Text einzulassen.»

Erfolgversprechendes Telefonmarketing

Die Zahl der spirituell Suchenden nehme heutzutage nicht ab; das Bedürfnis nach Spiritualität verstärke sich eher, gerade auch im Zusammenhang mit der Finanzkrise. Den spirituellen Zeitschriften stehe ein «absoluter Zukunftsmarkt» offen, ist Baumeister überzeugt. «Das Problem ist aber: Wie erreiche ich sie?» Über kirchliche Kanäle sei dies schwieriger geworden.

Der Chefredaktor hat deshalb zum Mittel des Telefonmarketings gegriffen und mit 5.000 Personen Kontakt aufgenommen. Dabei sei er auf eine «gewaltige Resonanz» gestossen: Zwischen 600 und 700 Probeabos habe er verbuchen können. Ob die Schnupperlesenden der Zeitschrift die Stange halten, ist derzeit nicht absehbar. «ferment» hat auf jeden Fall bewiesen, dass es, so Baumeister, «werbemässig nicht geschlafen hat».

Hinweis: «ferment» erscheint sechsmal pro Jahr, im Januar, März, Mai, Juli, September und im November, Format 24,5×24,2 cm, à 64 Seiten, schwarzweiss, zum Jahres-Abonnementspreis von Fr. 48.–, «‚¬ 32.–. Erhältlich auch als Einzelausgabe à Fr. 8.50, «‚¬ 5.40, zzgl. Versand. www.ferment.ch

(kipa/bal/job)

25. Januar 2009 | 13:39
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