Blick über Schaffhausen.
Schweiz

Schaffhauser Regierung: «Der Staat soll den Kirchen ein verlässlicher Partner sein»

Im Kanton Schaffhausen erhalten die Landeskirchen vom Staat jährlich 3,7 Millionen Franken. Kantonsrat Maurus Pfalzgraf hatte in einem Vorstoss eine Diskussion über die Finanzierungsart der kirchlichen Angebote angeregt. Der Schaffhauser Regierungsrat lehnt dies ab. Er kritisiert zudem, dass Pfalzgraf den Landeskirchen «sinngemäss sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung» vorwirft.

Barbara Ludwig

Im Kanton Schaffhausen gibt es mit der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten Landeskirche und der Christkatholische Kirchgemeinde Schaffhausen und Umgebung drei Landeskirchen. Jedes Jahr erhalten sie einen Staatsbeitrag von insgesamt 3,7 Millionen Franken.

Diese Summe entspricht dem Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise vom November 2014 und wird jährlich der Entwicklung des Indexes angepasst. 2023 betrug der jährliche Beitrag insgesamt 3’834’412 Franken.

Unklar, was Kirchen machen müssten

Im Februar reichte der Schaffhauser Kantonsrat Maurus Pfalzgraf (Grüne) einen Vorstoss im Parlament ein. Viele Leistungen der Kirche seien wertvoll für die gesamte Gesellschaft, es gelte diese «unverzichtbare Hilfe» der Landeskirchen zu unterstützen und sicherzustellen, dass sie auch noch funktionierten, «wenn die Kirchen keine Mitglieder mehr haben», heisst es darin.

Münster zu Allerheiligen in Schaffhausen.
Münster zu Allerheiligen in Schaffhausen.

Aus diesem Grund sei eine Diskussion über die Finanzierungsart der kirchlichen Angebote angebracht. Aus den öffentlichen Informationen lasse sich nicht nachvollziehen, zu welchen Leistungen die Kirchen verpflichtet seien, so Pfalzgraf in seiner Kleinen Anfrage mit dem Titel «Ist die Kirche dem Staat zu heilig?».

«Die Höhe des Betrages ist gesetzlich definiert, was die Kirchen mit den Geldern machen (müssen), ist aber nicht klar.» Der Politiker wollte vom Schaffhauser Regierungsrat unter anderem wissen, ob die Leistungen der Kirchen wie bei anderen Organisationen in einer Leistungsvereinbarung definiert seien.

Bereits vor zehn Jahren ausgiebig diskutiert

Der Regierungsrat hat am 2. April Stellung genommen zur Anfrage des grünen Politikers, wie die «Schaffhauser Nachrichten» am 1. Mai melden. In seiner Antwort erinnert er daran, dass über den Staatsbeitrag bereits 2013 und 2014 ausgiebig und umfassend diskutiert wurde.

Auch hätten die Stimmberechtigten damals eine Reduktion der Beitragsleistung und die Aufhebung der Indexierung  im Rahmen staatlicher Sparmassnahmen mit einer deutlichen Mehrheit abgelehnt.

Regierungsgebäude des Kantons Schaffhausen, 2020.
Regierungsgebäude des Kantons Schaffhausen, 2020.

Laut den Ausführungen der Regierung haben sich die Landeskirchen in der Folge bei Verhandlungen mit dem Erziehungsdepartement trotzdem bereit gezeigt, ihrerseits zur Entlastung des Staatshaushaltes beizutragen. Deshalb erhalten sie seit 2015 jährlich 400’000 Franken weniger, statt 4,1 nur noch 3,7 Millionen Franken.

Planungssicherheit für Kirchen

Nun hält der Regierungsrat in seiner Antwort fest, nach der ausführlichen Diskussion rund um die Beitragsleistung des Kantons an die Landeskirchen 2013 sei eine erneute Prüfung «zum aktuellen Zeitpunkt nicht angezeigt» – dies insbesondere aus Gründen der Kontinuität. «Der Staat soll den Landeskirchen ein verlässlicher Partner sein – die Landeskirchen brauchen eine mittelfristige Planungssicherheit.»

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Laut Regierungsrat sind die Leistungen der Landeskirchen nicht in einer Leistungsvereinbarung definiert. Hingegen müssen diese dem Regierungsrat jedes Jahr Bericht erstatten. Im massgeblichen Gesetz würde nur die «Seelsorge in kantonalen Anstalten» als konkrete Leistung festgehalten.

Bogen zum Thema Missbrauch

Pfalzgraf hatte in seinem Vorstoss zudem einen Bogen zum Thema Missbrauch geschlagen. So fragte er den Regierungsrat: «Wie wird sichergestellt, dass die Beiträge der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht zur Vertuschung von sexualisierter Gewalt in den beiden (es sind eigentlich drei, d. Red.) Landeskirchen ausgegeben werden?» Weiter erkundigte sich Pfalzgraf, ob die Regierung von den Kirchen eine möglichst lückenlose Aufklärung der Missbrauchsfälle fordern werde.

Regierung distanziert sich von Vorwürfen

Diese Fragen sind bei der Regierung schlecht angekommen. Indem Pfalzgraf den Schaffhauser Landeskirchen «sinngemäss sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung vorwirft», unterstelle er beiden Schaffhausen Landeskirchen «ein systematisch rechtswidriges Verhalten», schreibt der Regierungsrat und «distanziert sich in aller Form von solchen Äusserungen».

Der dunkle Schatten der Kirche.
Der dunkle Schatten der Kirche.

Missbrauchsfälle seien unabhängig vom Umfeld, in dem sich begangen werden, im Einzelfall von den Strafverfolgungsbehörden zu untersuchen, gegebenenfalls durch Gerichte zu beurteilen und angemessen zu bestrafen. Sie dürften aber «nicht in verallgemeinernder Weise und über räumliche Grenzen hinweg zu generellen Diffamierungen von Glaubensgemeinschaften sowie deren Organisationen herangezogen werden».

Der Regierungsrat will daher nicht von seiner bisherigen Haltung gegenüber den Landeskirchen abrücken oder Zahlungen an diese mit weiterführenden Auflagen belegen.


Blick über Schaffhausen. | © Regula Pfeifer
2. Mai 2024 | 12:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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