Salman Rushdie
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Rushdie auf dem Weg der Besserung

Autor Salman Rushdie ist offenbar auf dem Weg der Besserung. Er war am Freitag bei einem Messerattentat in der US-Stadt Chautauqua schwer verletzt worden. US-Präsident Biden zeigte sich schockiert über die Attacke.

Christoph Schmidt

Sein Agent Andrew Wylie sagte laut US-Medienberichten, der 75-Jährige, der nach dem Anschlag am Freitag im US-Bundesstaat New York in einem Krankenhaus notoperiert werden musste, brauche kein Beatmungsgerät mehr. Rushdies Schriftstellerkollege Aatish Taseer hatte zuvor auf Twitter mitgeteilt, der Verletzte «spricht und scherzt».

Sympathisant der iranischen Revolutionsgarden

Unterdessen erhob die Staatsanwaltschaft des Bundesstaats gegen den 24 Jahre alten mutmasslichen Täter Anklage wegen versuchten Mordes zweiten Grades. Bei dem Mann aus New Jersey soll es sich Medienberichten zufolge um einen Sympathisanten der iranischen Revolutionsgarden handeln.

Darauf deuteten unter anderem Social-Media-Inhalte des Angeklagten hin. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es bislang nicht. Der Mann erklärte sich nach Erhebung der Anklage den Berichten zufolge für «nicht schuldig».

Kurz nach dem Attentat hatte Wylie mitgeteilt, Rushdie werde vermutlich ein Auge verlieren; die Nerven eines Arms seien betroffen und die Leber von einem Stich getroffen worden. Nähere Details zu Rushdies Gesundheitszustand waren am Sonntag zunächst nicht bekannt.

Attacke bei Lesung

Bei dem Anschlag hatte der Täter den britisch-indischen Autor laut Augenzeugen bei einer Lesung in der Stadt Chautauqua im Westen New Yorks auf der Bühne attackiert und auf ihn eingestochen, bevor er von anwesender Polizei festgenommen wurde. Rushdie wurde in ein Krankenhaus geflogen. Der Moderator der Lesung erlitt bei der Attacke eine Gesichtsverletzung.

Rushdie wird seit 1989 wegen seines Romans «Die satanischen Verse» und einer Fatwa des iranischen Revolutionsführers Ayatollah Khomeini von muslimischen Extremisten mit dem Tod bedroht. Begründet wurde der islamische Richtspruch damit, das Buch sei «gegen den Islam, den Propheten und den Koran» gerichtet.

Erst seit einigen Jahren trat Rushdie wieder öffentlich auf, nachdem er lange unter Polizeischutz in Verstecken gelebt hatte. Augenzeugen berichteten, bei der Veranstaltung am Freitag habe es keine Sicherheitsüberprüfung oder Metalldetektoren gegeben.

US-Präsident Biden schockiert

Weltweit löste der Anschlag Entsetzen aus. US-Präsident Joe Biden erklärte, er sei «schockiert und betrübt». Rushdie stehe für universelle Ideale. «Wahrheit. Mut. Widerstandskraft. Die Fähigkeit, Ideen ohne Furcht zu teilen. Das ist das Fundament jeder freien und offenen Gesellschaft», so Biden. Auch der britische Premier Boris Johnson verurteilte den Anschlag.

«Wir kennen keinen vergleichbaren Fall eines öffentlichen gewalttätigen Angriffs gegen einen Schriftsteller auf amerikanischem Boden», so die Vorsitzende von PEN America, Suzanne Nossel. «Wir hoffen und glauben leidenschaftlich, dass diese unentbehrliche Stimme nicht zum Schweigen gebracht werden kann.»

Kritik am iranischen Regime

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach auf Twitter von einer abscheulichen Tat. «Die Welt braucht Menschen wie Sie, die sich vom Hass nicht einschüchtern lassen und furchtlos für die Meinungsfreiheit eintreten.» Die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte, es klebe nicht nur Blut an den Händen des Attentäters, «sondern auch und ganz besonders an denen des iranischen Regimes, das bis heute an der schrecklichen Fatwa gegen ihn festhält».

Auch die Organisation American Jewish Committee zog auf Twitter eine Verbindung zur Fatwa. Das Attentat sei eine drastische Erinnerung daran, dass das Todesurteil vom iranischen Regime nie zurückgenommen worden sei.

Von Mumbai nach Grossbritannien

Rushdie, 1947 kurz vor der indischen Unabhängigkeit in Mumbai (damals Bombay) in eine muslimische Familie geboren und zum Studium nach Grossbritannien übergesiedelt, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern der Gegenwart. Seinen Durchbruch hatte er mit dem Buch «Mitternachtskinder», das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. (kna)


Salman Rushdie | © Keystone
14. August 2022 | 13:39
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