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Schweiz

Religiöse Trauung ohne Zivilehe beschäftigt Schweizer Bischofssprecher

Zürich, 26.7.17 (kath.ch) Claudio Zanetti, SVP-Nationalrat (ZH), will im September einen parlamentarischen Vorstoss einreichen, der die religiöse Heirat von der staatlichen trennen will. Schon jetzt äussern sich zwei Bischofssprecher dazu: Nach Giuseppe Gracia (Bistum Chur) hat sich auch Hansruedi Huber (Bistum Basel) zu Wort gemeldet.

Zanetti möchte mittels einer Parlamentarischen Initiative den folgenden Passus aus dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch streichen: «Eine religiöse Eheschliessung darf vor der Ziviltrauung nicht durchgeführt werden» (Artikel 97, Absatz 3). Ihn stört, «dass Christen gegenüber allen anderen Lebensformen diskriminiert werden», begründete er den Vorstoss gegenüber kath.ch. Er erwähnt als Beispiel Konkubinatspaare, die schon längere Zeit zusammenleben. Diese hätten rechtlich gesehen kaum Nachteile gegenüber Ehepaaren.
Es gebe jedoch auch viele Paare, die nicht an einer staatlichen Vermählung, sondern lediglich an einer religiösen Eheschliessung interessiert seien, etwa aus familiären Gründen oder einfach, weil sie nur vor Gott zueinander Ja sagen wollten. Diese würden vom Staat dazu gezwungen, zuerst zivilrechtlich zu heiraten.

Giuseppe Gracia, Sprecher des Churer Bischofs Vitus Huonder, unterstützt Zanettis Vorstoss. Gegenüber der «Schweiz am Wochenende» (8. Juli) sagte Gracia: «Für christliche Glaubensgemeinschaften ist die Ehe die Gemeinschaft eines Mannes und einer Frau. Wenn der Staat sich von diesem Konsens verabschiedet, wird er unglaubwürdig, wenn er sich weiterhin in die religiöse Eheschliessung von Glaubensgemeinschaften einmischt, etwa mit der Forderung, die staatliche Eheschliessung müsse der religiösen vorgehen». Wenn der Staat nicht mehr daran festhalte, dass die Ehe die Gemeinschaft eines Mannes und einer Frau sei, müsse er zudem überlegen, welche Argumente er dann noch gegen Polygamie und Polyandrie vorzubringen habe, so Gracia gegenüber der Zeitung.

Potential zu wichtiger Debatte

Auch der Sprecher des Basler Bischofs Felix Gmür macht den noch nicht eingereichten Vorstoss in einem Beitrag auf der Bistumsseite zum Thema. Dabei bleibt er allerdings sehr zurückhaltend in der Beurteilung. «Beim Sakrament der Ehe geht es in der römisch-katholischen Kirche um das ‹unauflösliche Versprechen vor Gott zur Treue zwischen Mann und Frau›». Wenn sich der Staat von dieser Definition verabschiede, «kann darüber nachgedacht werden, ob es den Begriff ‹Ehe› im staatlichen Kontext noch geben muss.» Mit den vielfältigen Formen des Zusammenlebens und den hohen Scheidungsraten tauge das staatliche Konzept der Ehe zur sozialen Absicherung immer weniger. Die Sicherheit könne heute unabhängig vom Zivilstand gewährleistet werden.

Zanettis Vorstoss möge «auf den ersten Blick harmlos, vielleicht sogar belanglos scheinen, doch er hat das Potential zu einer wichtigen gesellschaftlichen Debatte, bei der es letztlich darum geht, die Ehe als staatliche Institution weiter zu erhalten oder sie zur Privatsache zu erklären.» Ausschlaggebend werde letztlich wohl sein, «ob es in einer vielschichtigen, mobilen und säkularisierten Gesellschaft überhaupt noch Lebensformen gibt, die sich aus staatlicher Sicht als speziell schützenswert oder förderungswürdig erweisen.»

Kein Mehrwert

Entschiedener äussert sich CVP-Präsident Gerhard Pfister. Die Gesetzesänderung bringt seiner Meinung nach keinen Mehrwert, weshalb er dagegen sei. In anderen Ländern habe die Trennung von Kirche und Staat die Gesellschaft auch nicht weitergebracht, sagte er gegenüber der «Schweiz am Wochenende».

Die Befürchtung, dass bei einer Trennung der religiösen Trauung von der zivilrechtlichen in der Schweiz vermehrt Ehen mit Minderjährigen geschlossen würden, lässt der Katholik Claudio Zanetti nicht gelten. Der Ordre Public des schweizerischen Rechts (die Regelung, wonach ausländisches Recht nicht anzuwenden ist, wenn es wesentlichen Grundsätzen des inländischen Rechts widerspricht) werde bei der Anerkennung muslimischer Ehen von der Rechtsprechung «schlicht nicht mehr beachtet», sagte Zanetti gegenüber der «Schweiz am Wochenende». Die Schweizer Gerichte würden inzwischen selbst nach dem Recht der Scharia geschlossene Ehen mit Minderjährigen anerkennen, die in Stellvertretung geschlossen wurden. (sys)

 

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26. Juli 2017 | 15:55
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