Reinhold Beckmann, Fernsehjournalist, Musiker und Autor
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Reinhold Beckmann: «Die katholische Kirche hat sich von Hitler verführen lassen»

In seinem Bestseller «Aenne und ihre Brüder» rekonstruiert der Fernsehjournalist und Musiker Reinhold Beckmann das Leben seiner vier Onkel, die alle im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Auch über die Rolle der katholischen Kirche spricht er im Podcast «Laut + Leis».

«Die Enttäuschung ist ja, dass die katholische Kirche sich nicht gewehrt hat. Sie hatte die Chance. Die Situation im Dorf Wellingholzhausen war sehr heterogen. Denn eine Mehrheit hat ihr Kreuzchen lange Zeit bei der christlichen Zentrumspartei gemacht. Das Dorf steht beispielhaft für viele kleine andere Orte, und die Chance für die katholische Kirche wäre gewesen, zu widerstehen. Doch sie hat sich von Hitler verführen lassen. Bischof Bering aus Osnabrück beispielsweise hat sich ködern lassen, indem man ihm einige Machtpositionen angeboten hat. Und das ist etwas, was Hitler und sein Team ganz geschickt betrieben haben. Aber die katholische Kirche, besonders dann auch die in Rom, hätte wehrhafter sein müssen. Klar, es gab einen gemeinsamen Klassenfeind. Es hiess: ‹Wir müssen den Bolschewismus bekämpfen.› Das war der Punkt, auf den man sich schnell einigen konnte.»

Aber man hätte doch sehen müssen, wie schnell auch Nazideutschland dafür gesorgt hat, dass gewachsene kirchliche Strukturen einfach zerstört wurden. Und dann kamen noch einige Ermordungen dazu, welche die katholische Kirche hätte kritisch aufhorchen lassen müssen. Aber sie wollte gefallen. Und das erzähle ich in diesem Buch am Beispiel des Bischofs von Osnabrück, der für viele andere steht. Das ist das Erschütternde.»

Das sagt der Fernsehjournalist, Musiker und Autor Reinhold Beckmann. Sein Buch heisst «Aenne und ihre Brüder. Die Geschichte meiner Mutter», Propyläen-Verlag. (sl)


Reinhold Beckmann, Fernsehjournalist, Musiker und Autor | © Steven Haberland
30. April 2024 | 14:00
Lesezeit: ca. 1 Min.
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