Kathedrale Lausanne
Schweiz

Sorgt Mutter Gottes im Jubiläumsjahr der Reformation für rote Köpfe?

Lausanne, 17.1.17 (kath.ch) Die Katholiken dürfen in der reformierten Kathedrale in Lausanne Gottesdienste feiern. Nun soll auch noch eine Marien-Statue das Gotteshaus zieren. Der Vorschlag begeistert nicht alle in der Stadt. Dennoch hält der ehemalige Waadtländer Abgeordnete Jacques-André Haury an seiner Idee fest. Die Statue wäre ein starkes ökumenisches Zeichen 500 Jahre nach Beginn der Reformation, sagte Haury am Montag gegenüber cath.ch.

Pierre Pistoletti

Kurz vor Weihnachten trat der engagierte reformierte Arzt an die Öffentlichkeit und schrieb in einer Kolumne der Westschweizer Zeitung «24 Heures»: «Lasst uns folgende Idee verwirklichen: Wir bestellen bei einem zeitgenössischen Künstler eine Marien-Statue und stellen sie auf einem seit dem 16. Jahrhundert leeren Sockel auf.» Dieser befindet sich im Montfalcon-Portal der Kathedrale.

Maria hat Gültigkeit für alle Christen

Die Statue soll daran erinnern, wem im Mittelalter die Kathedrale «Notre-Dame de Lausanne» (»Unserer lieben Frau in Lausanne») gewidmet wurde, findet Haury, der von 2008 bis 2014 als Delegierter der Waadt der für die Kathedrale zuständigen Kommission angehörte. Die Statue würde unterstreichen, dass «Maria, die Ja zu Gottes Projekten sagt, ihre Gültigkeit für alles Christen hat, die Reformierten eingeschlossen».

Einen solchen Akt bezeichnet Haury als eine ökumenische Geste, welche die Christen aller Konfessionen zueinander führe, ohne dass dabei die Werte der Reformation verraten würden. Am 18. Januar beginnt in der Schweiz die Woche der Einheit der Christen. Mit Blick auf diesen einwöchigen Gebetsanlass meinte Haury gegenüber cath.ch: «Wir müssen nicht an Gegensätzen festhalten, weil wir als Christen gegen Christen gekämpft haben.»

Bischof zeigte sich skeptisch

Sein Beitrag für «24 Heures» habe zu einigen negativen Reaktionen geführt, wenn auch nicht zu «aggressiven». Haury geht aber davon aus, dass doch tiefliegende Widerstände überwunden werden müssen. Denn er hat bereits Erfahrung mit ökumenischen Neuerungen in Lausanne. Auf ihn geht die Initiative zurück, katholische Gottesdienste in der reformierten Kathedrale zu feiern.

«Sie träumen wohl bunt», habe ihm der damalige Bischof von Lausanne-Genf-Freiburg, Bernard Genoud, geantwortet, als er mit dem Vorschlag an den Bischof herantrat, erinnert sich Haury. Doch im Jahr 2004 war es wider Erwarten so weit. Zum ersten Mal seit 1802 wurde in der Kathedrale Lausanne ein katholischer Gottesdienst gefeiert. Die Katholiken können nun dort einmal im Jahr einen Gottesdienst feiern.

Notvorrat an Vorschlägen

Haury ist überzeugt, dass auch sein neues Projekt Fuss fassen wird. Er setzt auf private Spender. Der Wettbewerb müsse zudem ausgeschrieben werden. Der Arzt macht im Augenblick keinen grossen Widerstand aus. Lediglich der Lausanner Pfarrer Arthur-Louis Hofer habe in einem Leserbrief festgehalten: «Wenn es eine Marien-Statue geben sollte, wer wird die wenigen und möglicherweise mehr oder sogar Tausenden daran hindern, sich vor ihr zu beugen oder gar niederzuknien?»

Haury weiss, dass «seine Idee einer gewissen Anzahl von Reformierten zuwiderläuft». Falls ein Graben wachsen sollte, hält er bereits den nächsten Vorschlag in der Schublade bereit. Dann werde er sich für das Aufstellen einer Statue aussprechen, «welche die Ökumene symbolisiert», sagte er cath.ch.

Die Kathedrale Notre-Dame von Lausanne, deren Bau im 12. Jahrhundert begonnen worden war, war 1275 von Papst Gregor X. in Anwesenheit von Kaiser Rudolf von Habsburg geweiht worden. Das erste Edikt der Reformation vom 19. Oktober 1536 in Lausanne verbot die Messe und führte zu einer schrittweisen Umwandlung der Kathedrale. Heute steht die Kathedrale von Lausanne unter dem Schutz des Staates Waadt. Dieser übertrug der evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Waadt deren spirituelle Leitung. (cath.ch/gs)

Kathedrale Lausanne | © Pierre Pistoletti
17. Januar 2017 | 17:01
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