Elisabeth Korner zeigt den Krug – bei der Einsegnung der Kirche Thalwil
Schweiz

Pfarrer Marius Kaiser: «Der Krug verweist auf das diakonische Wirken der Frauen»

Bei der Einsegnung der katholischen Kirche in Thalwil kam am Sonntag ein Krug ins Spiel. Darauf werde auf die Diakonin Phoibe verwiesen, sagt Pfarrer Marius Kaiser. Das passe zur Aufforderung von Bischof Bonnemain, die Kirchentüren und Herzen zu öffnen. Über ihn sagt der Pfarrer: «Ich spüre, dass der Bischof uns stützt.»

Regula Pfeifer

Bei der Einsegnung hat Ihre pastorale Mitarbeiterin Elisabeth Korner einen Krug gezeigt, wozu dient dieser?

Marius Kaiser*: Das ist ein spezieller Krug bei uns. Wir gingen von Matthäus 25/35 aus, wo Jesus sagt: «Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben.» Das ist der Grundsatz der Diakonie.

«Wir lassen uns inspirieren von der Abendmahlsgeschichte.»

Marius Kaiser, katholischer Pfarrer von Thalwil
Marius Kaiser, katholischer Pfarrer von Thalwil

Was leiteten Sie daraus ab?

Kaiser: Wir lassen uns gleichzeitig inspirieren von der Abendmahlgeschichte, als Jesus die Fusswaschung vornahm – womit er die Diakonie als Wesensmerkmal des christlichen Lebens begründete. Davon ausgehend setzten wir uns stark mit dem diakonischen Dienst auseinander. Wir merkten: Es sind vor allem die Frauen, die ja nicht geweiht werden können, die diakonisch tätig sind.

Was war Ihre Erkenntnis daraus?

Kaiser: Als unser damaliger Diakon Volker Schmitt nach seiner Weihe bei uns in der Pfarrei am 10. Februar 2019 willkommen geheissen wurde, schenkten wir ihm eine Stola. Gleichzeitig wollten wir auch der diakonischen Bedeutung der Frauen ein Symbol geben und setzten dafür den Krug ein. Darauf liessen wir die Inschrift anbringen: «Phoibe war in der Frühkirche eine ‹daikonon› (Diakonin, Dienerin), s. Röm 16,1»

«Die Diakonie fristet neben der Liturgie und Verkündigung oft ein Mauerblümchendasein.»

Ist Elisabeth Korner also eine Diakonin?

Kaiser: Das wollen wir mit dem Krug nicht so aussagen. Aber weil uns die diakonische Arbeit – auch der Frauen – sehr wichtig ist, hat Elisabeth Korner bei jener Diakonenweihe diesen Krug erhalten. Seither weisen wir bei wichtigen Anlässen mit dem Krug auf die Diakonie hin. Elisabeth Korner betont jeweils, dass sie diesen Krug nicht allein trägt, sondern gemeinsam mit allen Frauen und Pfarreiangehörigen, die diakonisch engagiert sind. Wir wollen damit die Diakonie hochhalten, die ansonsten neben der Liturgie und Verkündigung oft ein Mauerblümchendasein fristet.

Deshalb wurde der Krug also am Sonntag gezeigt…

Kaiser: Ja. Und es hat perfekt gepasst. Denn Bischof Joseph Maria Bonnemain hat bei der Einleitung auf den Barmherzigkeitssonntag hingewiesen. Und er sagte: Wir sollten die Kirchentüre öffnen und auch hinausgehen.

Bischof Joseph Maria Bonnemain predigt in Thalwil Barmherzigkeit
Bischof Joseph Maria Bonnemain predigt in Thalwil Barmherzigkeit

Ist Ihre Pfarrei besonders diakonisch engagiert?

Kaiser: Eigentlich ist jede Pfarrei diakonisch engagiert. Wir haben in unserer Pfarrei sehr viele Gruppierungen, die alle auf ihre Art diakonisch sind, weil sie Menschen integrieren. Etwa der Cäcilienchor, in dem sogar Leute über 90 Jahren mitsingen. Und die Jubla sowieso. Dasselbe Engagement zeigte sich bei der Nachbarschaftshilfe während der Corona-Zeit. Wir möchten dies den Leuten bewusst machen.

«In der Regel besuchen leider wenig Menschen im Rollstuhl unseren Gottesdienst.»

Mir sind beim Einsegnungs-Gottesdienst Menschen im Rollstuhl aufgefallen, die unterstützt wurden.

Kaiser: In der Regel besuchen leider wenig Menschen im Rollstuhl unseren Gottesdienst. Aber zum Patronatsfest im September kommen jeweils unsere Gäste vom Thalwiler Alters- und Pflegeheim Serata, die teilweise im Rollstuhl sind oder Gehilfen dabeihaben. Dazu organisiert Serata den Fahrdienst – wie am Sonntag. Wir haben einen guten Kontakt zum Serata, halten dort auch Gottesdienste.

Auch Leute im Rollstuhl besuchten den Einsegnungsgottesdienst in Thalwil.
Auch Leute im Rollstuhl besuchten den Einsegnungsgottesdienst in Thalwil.

Sie haben in der Messe Joseph Maria Bonnemain als unkonventionellen Bischof gelobt – was grossen Applaus brachte. Was schätzen Sie an ihm besonders?

Kaiser: Mir ist bewusst: Das Bischofsamt ist eine grosse Herausforderung. Gerade auch im Bistum Chur, mit den schwierigen letzten Jahrzehnten. Da sind Gräben und Skepsis zwischen Gruppen vorhanden. Von Thalwil aus sehen wir, wie gross die Bemühungen von Bischof Bonnemain sind, in der Kirche versöhnend zu wirken.

«Die Leute schätzen, dass der Bischof auf die Menschen zugeht.»

Sehen das andere auch so?

Kaiser: Ja, gestern nach dem Gottesdienst haben viele sich lobend geäussert. Sie schätzen, dass der Bischof auf die Menschen zugeht und offen das Gespräch sucht. Das finden auch unsere Pfarreimitarbeitenden. Unsere Sekretärin sagte: «Es ist so wohltuend, dass der Bischof einer von uns ist. Er ermutigt uns.» Die Aufforderung von Joseph Maria Bonnemain, die Türen und die Herzen zu öffnen, ist bei uns allen sehr gut angekommen. Das wird eine Strahlkraft haben, die bei uns nachwirkt.

Bischof Joseph Maria Bonnemain spricht mit Nationalratspräsident Martin Candinas, Februar 2023
Bischof Joseph Maria Bonnemain spricht mit Nationalratspräsident Martin Candinas, Februar 2023

«Bischof Bonnemain sprach den Mitarbeitenden ein herzliches Dankeschön aus. Das gibt Kraft.»

Wo haben Sie den Bischof sonst erlebt?

Kaiser: Ich erlebe ihn bei offiziellen Anlässen. Etwa kürzlich bei der Chrisammesse. Da sprach er den Mitarbeitenden ein herzliches Dankeschön aus. Und wiederholte das mehrmals, um zu sagen: Es ist ihm wirklich ein Anliegen. Auch dieses Zeichen war beeindruckend. Das nimmt man mit, es gibt Mut und Kraft in den alltäglichen Herausforderungen der Pastoral. Ich spüre mehr als früher, dass der Bischof hinter uns steht und uns stützt.

Viel Publikum bei der Einsegnung der Thalwiler Kirche
Viel Publikum bei der Einsegnung der Thalwiler Kirche

Allerdings gibt es Kritik im Sinn: Trotz menschlicher Offenheit ist noch nicht viel passiert in Richtung fortschrittliches Bistum Chur. Wie sehen Sie das?

Kaiser: Das ist für mich ähnlich wie beim Zweiten Vatikanum. Da meinen sehr viele, es müsse längst ein drittes stattfinden. Ich finde das nicht falsch. Aber ich finde: Wir in den Pfarreien haben sehr Vieles davon noch gar nicht ausgeschöpft. Wir wollen nicht stochern, weil wir finden: Wir sind noch nicht weit genug.

Was tun Sie stattdessen?

Kaiser: Wir engagieren uns in der Pfarrei – mit dem erwähnten Schwerpunkt Diakonie. Und mit einer breit gefächerten Vorschul-Katechese, die auf Echo stösst. Jede Pfarrei hat die Möglichkeit, in ihren Bereichen vorwärtszugehen, fortschrittlich zu sein und etwas Neues anzustossen. Da müssen wir nicht auf den Bischof warten. Im Gegenteil: Wir müssen den Bischof unterstützen.

Priesterseminar und Theologische Hochschule Chur
Priesterseminar und Theologische Hochschule Chur

«Aber welche unserer Pfarreien schickt Leute zur theologischen Ausbildung an die Theologische Hochschule Chur?»

Wie wollen Sie den Bischof unterstützen?

Kaiser: Wir sollten in den Pfarreien die vielfältigen Berufungen von jüngeren und älteren Menschen entdecken. Aber welche unserer Pfarreien schickt Leute zur theologischen Ausbildung an die Theologische Hochschule Chur, die eine exzellente Bildungsinstitution ist? Ich sehe nirgendwo Bemühungen in dieser Richtung! Wir sitzen gern im bequemen Lehnstuhl – wie der Papst es kritisch anmerkte – und da nehme ich mich nicht aus als Theologe und Pfarrer. Wir stellen immer wieder dieselben Forderungen an den Bischof und den Papst. Dabei hätten wir selbst sehr viele Möglichkeiten. Aber dafür müssten wir aufstehen.

* Marius Kaiser ist Pfarrer der Pfarrei Felix und Regula in Thalwil ZH.

Hier geht es zu einem kath.ch-Beitrag über die Diakonin Phöbe.


Elisabeth Korner zeigt den Krug – bei der Einsegnung der Kirche Thalwil | © Regula Pfeifer
17. April 2023 | 17:10
Lesezeit: ca. 4 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!