Bischof Joseph Maria Joseph Bonnemain mit Felix Zgraggen an einem Gottesdienst in Thalwil.
Schweiz

Joseph Maria Bonnemain erhält Applaus für seine Art, Bischof zu sein

Der Bischof von Chur hat am Sonntag die katholische Kirche Thalwil eingesegnet – und dabei Lob und Applaus für sein Wirken erhalten. Mit dabei: der Diakon Felix Zgraggen. Im Interview berichtet er über die Hintergründe der Kirchen-Renovation.

Regula Pfeifer

Wie haben Sie den Einsegnungs-Gottesdienst erlebt?

Felix Zgraggen: Ich komme eben vom Einsegnungs-Apéro und bin noch etwas vom Aufwand geprägt, den die Renovation mit sich brachte. Ich war ja an vielen Sitzungen der Baukommission beteiligt. Aber die Feier heute Morgen war wunderschön, gediegen und mit feierlicher Chormusik. Wir konnten mit unserem Bischof feiern. Die neu gestaltete Kirche ist eine grosse Freude. Ich bin wie so viele begeistert.

Viel Publikum bei der Einsegnung der Thalwiler Kirche
Viel Publikum bei der Einsegnung der Thalwiler Kirche

Weshalb wurde die Kirche renoviert?

Zgraggen: Ich bin erst zwei Jahre hier tätig. Ich weiss, dass die Leute hier während zehn Jahren überlegt haben, wie sie das angehen möchten. Es gab technische Notwendigkeiten: Die Fenster der Kirche mussten renoviert, das Dach geflickt werden. Die Innenräume sollten technisch auf Vordermann gebracht werden. Und auch die Gestaltung war ein grosses Thema.

«Die Walter-Habdank-Bilder an der Chororgel spalteten die Leute.»

Was meinen Sie damit?

Zgraggen: Vor allem die Walter-Habdank-Bilder an der Chororgel spalteten die Leute. Einige fanden: Die haben wir lange genug ertragen. Und die einst leuchtenden Wandteppiche links und rechts des Chors waren etwas verblichen und verstaubt. Als deutlich wurde, dass es eine grössere Investition werden wird, musste ein Wettbewerb ausgeschrieben werden.

Bischof Joseph Maria Bonnemain erhält in Thalwil Applaus für seine unkonventionelle Art, Bischofs zu sein.
Bischof Joseph Maria Bonnemain erhält in Thalwil Applaus für seine unkonventionelle Art, Bischofs zu sein.

Was ist nun neu: die Marienkapelle?

Zgraggen: Ja, wir haben eine sehr schöne Madonnenfigur – mit leuchtenden Augen und einem goldenen Mantelsaum, eine Radierung. Die war früher im Chorbogen rechts, etwas verloren, könnte man sagen. Zwar gab es einen Kerzenständer unten an den Stufen, aber mehr nicht.

«Maria hat ein eigenes Daheim bekommen. Das ist schön.»

Nun hat sie eine eigene Kapelle erhalten in der ursprünglichen Taufkapelle. Diese ist erneut zugänglich. Und das Glasfenster mit Johannes dem Täufer und der Taufe Jesu ist wieder sichtbar. Maria hat ein eigenes Daheim bekommen, und alle können bei ihr verweilen. Das ist sehr schön.

Madonna mit Kind – in der neu eingerichteten Marienkapelle
Madonna mit Kind – in der neu eingerichteten Marienkapelle

War das ein Anliegen der Rosenkranzgruppe?

Zgraggen: Vermutlich schon, ich weiss aber nicht, inwieweit sie einbezogen wurden. Für die Rosenkranz-Betenden ist es sicher schön, und ebenso für alle, die eine Kerze anzünden möchten für ihre Anliegen. Es gibt eine zweite Nische auf der anderen Seite, da die Treppe auf die Empore verlegt wurde.

«Die Nische kann als ‘Kinderecke’ verwendet werden.»

Was ist mit dieser Nische?

Zgraggen: Die Schiebetüren kann man bei Bedarf schliessen, also ist dort etwa ein Gespräch oder eine Beichte möglich. Und sonst kann sie als «Kinderecke» verwendet werden. Da können Kinder während dem Gottesdienst am Tisch etwas malen. Es hat einen Lautsprecher, so dass man von der Messe alles mitbekommt. Die Nische kann auch ein Rückzugsort für Kinder sein, die auf dem Spielplatz vor der Kirche spielen. Es ist offener und einladender geworden im Vergleich zu vorher, würde ich behaupten. Aber alles ist noch frisch, es konnte noch nicht ausprobiert werden.

Halb verstecktes Wandgemälde hinter einer abstrakten Darstellung des heiligen Felix
Halb verstecktes Wandgemälde hinter einer abstrakten Darstellung des heiligen Felix

Vorne in der Kirche hat es gemalte Figuren, die weiss übermalt scheinen. Links habe ich zwei Könige gesehen. Sind das alte Freskenmalereien?

Zgraggen: Die Wandmalereien stammen aus dem Jahr 1953 und wurden weiss übermalt. Die Könige sind Jesus Christus und Gottvater, darunter wäre noch Maria, die die Hände ausstreckt. Und dazu eine Taube. Eine solche Dreifaltigkeitsdarstellung finden wir heutigen Theologinnen und Theologen problematisch. Schon 1983 wollte man sie nicht mehr, vielleicht weil die dargestellten Menschen etwas martialisch wirken? Die Körper sind kräftig und stark. Auf der anderen Seite sind Felix und Regula dargestellt, auch als mächtige Menschen. Von der Grösse und der Farbgebung her passten die beiden Gemälde gut in die Kirche.

Was wurde bei der damaligen Renovierung damit gemacht?

Zgraggen: Sie wurden mit Leimfarbe übermalt, also mit einer wasserlöslichen Farbe. Und mit zwei Wandteppichen bedeckt – aufwändige Werke aus einer Kunstwerkstatt, die einst 50000 Franken kosteten. Diese hängen jetzt, frisch gereinigt, im Pfarreisaal.

Die Gemälde waren also jahrzehntelang unsichtbar. Die alten Leute wissen zwar noch davon. Ich kannte es nur als weisse Wand.

Ein Jahr Kirchen-Baustelle: Felix Zgraggen feiert einen Gottesdienst
Ein Jahr Kirchen-Baustelle: Felix Zgraggen feiert einen Gottesdienst

Wie kam es zur heutigen Darstellung?

Zgraggen: Bei der kürzlichen Restaurierung hat man die Bilder wieder hervorgeholt, abgewaschen. Dann waren sie erst voll sichtbar. Anschliessend hat man wieder weiss darüber gepinselt. Darauf fand der Architekt: Bevor darüber einfach die Skulpturen von Felix und Regula gehängt werden, könnte man die alten Darstellungen wieder leicht hervorholen. Dies, um zu zeigen: Diese Wand hat eine Geschichte. So ist das Alte mit dem Neuen in einem Dialog.

Nun hängt da je eine Skulptur, die etwas von einem Kreuz hat, aber nicht mit einem Querbalken, sondern mit einer runden Scheibe.

Zgraggen: Ja, darüber könnten wir philosophieren. Aber die Skulpturen sind ein heiliger Felix und eine heilige Regula. Die Gesichter sind im Rund in einem transparenten Glas, welches auf das Geistige hinweist. Die Gesichter wurden in Ton modelliert und dann in Glas gegossen. Felix hat eher ein Männergesicht, Regula eher ein Frauengesicht.

Jesus am Kreuz in der Kirche Thalwil
Jesus am Kreuz in der Kirche Thalwil

Ich habe das nicht erkannt…

Zgraggen: In einer der Sitzungen war ich etwas vorlaut und habe dem Architekten Miroslaw Sik gesagt, dass ich bei einer Predigt unter die Statue stehen werde und die Leute fragen werde:  Seht ihr den Unterschied zwischen diesem Heiligen Felix und einem lebenden Felix? Mir scheinen die beiden Figuren für eine Kirche sehr abstrakt. Beim grossen Christus im Chor hingegen muss niemand fragen: Was ist das? Man sieht auf den ersten Blick: Das ist Christus am Kreuz. Jetzt müssen wir diese Heiligenfiguren halt erst entdecken.

Bischof Joseph Maria Bonnemain empfängt Reliquien der Heiligen Felix und Regula, des Bruder Klaus und des Heiligen Charbel aus dem Libanon und legt sie in den neuen Reliquien-Glaskasten.
Bischof Joseph Maria Bonnemain empfängt Reliquien der Heiligen Felix und Regula, des Bruder Klaus und des Heiligen Charbel aus dem Libanon und legt sie in den neuen Reliquien-Glaskasten.

Sind andere alte Gegenständige ins Heute hinübergerettet worden?

Zgraggen: Ja, das Chorgestühl ist etwas vom Ältesten, das wir haben. Auch die Gemälde des Kreuzweges sind original und wurden aufwändig restauriert. Der Architekt hat sehr viel Altes einbezogen und mit Modernem kombiniert. Und damit hat er den Wettbewerb gewonnen. 

Und ist es gelungen?

Zgraggen: Ja, sehr! Vele Leute haben mir gesagt: Der Kirchenraum ist so schön hell und offen jetzt. Das Lichtspiel ist einmalig und sehenswert. Unsere Herausforderung als Seelsorgende wird nun sein: Wie leben wir hier in der Nachfolge Jesu? Wie motivieren wir die Leute, mitzumachen?


Bischof Joseph Maria Joseph Bonnemain mit Felix Zgraggen an einem Gottesdienst in Thalwil. | © Sabine Zgraggen
16. April 2023 | 18:29
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Überfüllte Kirche zur Einsegnung

Die katholische Kirche St. Felix und Regula ist am Sonntag vom Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain eingesegnet worden. Dies bei einem Gottesdienst, dem über 400 Personen beiwohnten. Anlass dafür war die beendete Renovierung der Kirche. Die Kirchenbänke waren prall gefüllt, an den Seitenrändern und hinten in der Kirche waren zusätzliche Stühle aufgestellt.

Der Bischof bat Gott, er möge das Haus mit dem Heiligen Geist erfüllen. Und er ermutigte die Anwesenden, mit offenen Türen zu ihren Herzen unterwegs zu sein. Es gelte, die Liebe Jesu weiterzugeben, «damit eine neue, humanere Welt entsteht.»

Marius Kaiser, katholischer Pfarrer von Thalwil
Marius Kaiser, katholischer Pfarrer von Thalwil

Der Thalwiler Pfarrer Marius Kaiser dankte dem Bischof für seine offene und unkonventionelle Art, Bischof von Chur zu sein. Die Anwesenden reagierten mit grossem Applaus. (rp)