Adrian Bolzern und seine Partnerin Katja Deutschmann
Schweiz

Pfarrer heiratet Kirchenmusikerin – Bischof Felix Gmür will Adrian Bolzern als Seelsorger behalten

Der Priester Adrian Bolzern hört auf sein Herz – und heiratet eine Kirchenmusikerin. Ein Doppelleben kam für ihn nicht infrage. Er möchte weiterhin fürs Bistum Basel als Seelsorger arbeiten – und hat die Unterstützung von Bischof Felix Gmür.

Regula Pfeifer

Vor zwei Jahren haben Sie sich verliebt. War das für Sie völlig überraschend?

Adrian Bolzern*: Nein, es war nicht völlig überraschend. Meine Freunde, die mich seit meiner früheren Zeit als Gärtner kennen, wissen natürlich seit längerem um meine Liebe. Sie haben mich erinnert: «Du hast uns immer gesagt: Wenn dir die Frau deines Lebens über den Weg läuft, müsstest du die Konsequenzen tragen.» Etwas Vergleichbares habe ich auch jeweils den Brautpaaren gesagt, die ich trauen durfte.

Was sagten Sie den Brautpaaren?

Bolzern: Ich sagte: Natürlich ist das Sakrament der Ehe für immer ausgelegt. Aber wir alle können nicht in die Zukunft schauen. Wir wissen nicht, ob es irgendwann zu einer Trennung kommt. Und dann muss man halt weiterschauen.

«Das Leben verläuft oft nicht wie geplant.»

Was hat das mit Ihrer Situation zu tun?

Bolzern: Wie bei der Hochzeit, so ist es auch bei der Priesterweihe. Auch diese ist aufs ganze Leben angelegt – bis hin zum Tod. Aber das Leben verläuft oft nicht wie geplant, sondern etwas anders.

Zirkus-Gottesdienst mit Zirkuspfarrer Adrian Bolzern, 2015
Zirkus-Gottesdienst mit Zirkuspfarrer Adrian Bolzern, 2015

Was war Ihr Lebensziel als Priester?

Bolzern: Als ich vor rund zwölf Jahren entschied, den Weg in Richtung Priesterweihe einzuschlagen, war für mich klar: Ich werde ohne eigene Familie leben. Aber nicht familienlos, da ich ja Eltern und Geschwister habe. Ich setzte damals alles auf die Karte Kirche. Ich wollte mich für die Kirche und vor allem für die Menschen darin einsetzen. Diesen Weg wollte ich gehen, in guten wie auch in schwierigen Zeiten.

«Es brauchte eine Weile, bis ich mir meine Verliebtheit eingestehen konnte.»

Geriet das Ziel wegen Ihrer Liebe ins Wanken?

Bolzern: Natürlich, das habe ich mir nicht leicht gemacht. Ich konnte nicht einfach sagen: Gut, jetzt orientiere ich mich anders. Es brauchte eine Weile, bis ich mir meine Verliebtheit eingestehen konnte. Der Entscheid musste langsam wachsen. Das bisherige Lebensziel passte nicht mehr.

Und dann?

Bolzern: Sowohl das Evangelium als auch meine Verwandten und Freunde sagten: Hör auf dein Herz! So habe ich mich gegen meinen Kopf entscheiden müssen. Der Kopf sagte eigentlich: Bleib dabei. Das Herz aber sagte: Nein, du wirst nicht mehr glücklich, wenn du diesen Schritt nicht machst. Mit all seinen Konsequenzen.

Haben Sie bei der Entscheidungsfindung Hilfe bekommen? Oder sind Sie selber fündig geworden – etwa im Gebet?

Bolzern: Sowohl als auch. Ich habe im Gebet und in der Stille versucht herauszufinden, was der Weg ist. Und ich habe mit meiner Familie und meiner zukünftigen Frau darüber gesprochen. Auch das Bistum hat mich sehr eng begleitet.

Bischof Felix Gmür und sein Generalvikar Markus Thürig.
Bischof Felix Gmür und sein Generalvikar Markus Thürig.

«Das zeigte mir, das Bischof Felix Gmür ein guter Hirte ist.»

Wie genau?

Bolzern: Bischof Felix Gmür und Generalvikar Markus Thürig haben sich für mich Zeit genommen, gut zugehört und mir jeweils gesagt, was möglich sei und wie es weitergehen könnte. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Das zeigte mir, dass Bischof Felix Gmür ein guter Hirte ist.

Haben Sie den Bischof früh einbezogen?

Bolzern: Er weiss schon eine Weile Bescheid. Aber ich musste zuerst für mich klären, was ich wirklich will. Erst als klar war, dass ich den Weg mit meiner Partnerin weitergehen will, gelangte ich an den Bischof.

«Priester bleiben und eine Beziehung leben: Das war für mich kein Weg.»

Es gibt auch heimliche Beziehungen…

Bolzern: Das wollte ich nicht – und meine Partnerin auch nicht. Priester bleiben und eine Beziehung leben: Das war für mich kein Weg. Die Beziehung beenden ging für mich ebenso wenig. Deshalb wandte ich mich dann an den Bischof.

«Meine Partnerin und ich haben uns in der Pfarrei kennen gelernt.»

Ihre Partnerin Katja Deutschmann ist Kirchenmusikerin. Wie haben Sie einander kennen gelernt?

Bolzern: Wir haben beide bis vor kurzem in der Pfarrei St. Peter und Paul in Aarau gearbeitet und uns da kennen gelernt. Die Liebe ist langsam gewachsen.

Frau und Mann, Hand in Hand
Frau und Mann, Hand in Hand

Priester bitten in solchen Situationen, aus dem Priesterstand entlassen zu werden. Wie weit sind Sie damit?

Bolzern: Das mache ich natürlich nicht freiwillig (lacht). Priester werden übrigens nicht laisiert, sondern von den Pflichten und Rechten entbunden. Das ist aktuell im Tun, das Bistum muss ein paar Dinge abklären. Ich habe es mit dem Offizial des Bistums besprochen. Danach wird ein Schreiben an Papst Franziskus in den Vatikan geschickt.

Wahrscheinlich dauert das lange bis zum Entscheid. Wie überbrücken Sie diese Zeit, auch finanziell?

Bolzern: Der Bischof und der Offizial haben mir Hoffnung gemacht, dass das relativ schnell geht. Bei der letzten sogenannten Laisierung eines Priesters dauerte es offenbar nur drei Monate. Nun hoffen wir, dass alles bis März 2023 abgeschlossen ist.

Zirkuspfarrer Adrian Bolzern (Mitte hinten) in der Manege, 2018
Zirkuspfarrer Adrian Bolzern (Mitte hinten) in der Manege, 2018

«Eben habe ich erfahren, dass ich weiterhin im Zirkus- und Schausteller-Pfarramt arbeiten kann.»

Wie geht’s beruflich weiter?

Bolzern: Finanziell wird es knapper: Im Moment verdiene ich nichts mehr. Eben habe ich erfahren, dass ich weiterhin im Zirkus- und Schausteller-Pfarramt arbeiten kann – zu 30 Prozent. Da ich aktuell keine Missio erhalten kann, bin ich als Koordinator angestellt. Ich finde es auch gut, mal als Seelsorger nicht 180 zu fahren, sondern etwas langsamer. Ich möchte das Leben besser wahrnehmen, Zeit für Familie und Freunde haben. Und ich möchte eine Weiterbildung machen, über die ich aber nichts verraten möchte.

Was ist Ihr Berufswunsch?

Bolzern: Ich will auf jeden Fall Seelsorger bleiben. Bischof Felix Gmür hat mir zugesichert, dass ich in seinem Bistum weiterhin Platz haben werde – auch als sogenannt laisierter Priester. Das ist toll.

* Der Priester Adrian Bolzern hat als Priester im Pastoralraum Region Aarau und zusätzlich als Zirkus-, Schausteller- und Markthändlerseelsorger in der Schweiz gearbeitet.

Bistum Basel will Adrian Bolzern weiterbeschäftigen

«Natürlich tut es weh, einen beliebten Priester wie Adrian Bolzern zu verlieren», schreibt Hansruedi Huber, Sprecher des Bistums Basel. «Deshalb werden wir alles daransetzen, ihn als Seelsorger im Bistum weiter zu beschäftigen.» (rp)


Adrian Bolzern und seine Partnerin Katja Deutschmann | © zVg
9. September 2022 | 17:49
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