Tete-à-tete: Der russische Staatspräsident Wladimir Putin und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I.
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Patriarch Kyrill I.: Gott vertraute Putin die Präsidentschaft an

Überschwänglich segnet der russische Patriarch Kyrill I. in einer Kreml-Kirche Präsident Putin für seine fünfte Amtszeit. Eine Eigenschaft des Staatschefs hebt er dabei besonders hervor. Er verfüge über göttliche Legitimität.

Der orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I. unterstützt weiter voll und ganz Kreml-Chef Wladimir Putin. Nach der feierlichen Vereidigung Putins für seine fünfte Amtszeit als Russlands Staatspräsident segnete ihn das Kirchenoberhaupt am Dienstag bei einer Dankandacht in der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale des Moskauer Kremls.

Schicksalhafte Entscheidungen

Dabei sagte Kyrill I., Putin müsse als Staatschef manchmal schicksalhafte und schwerwiegende Entscheidungen treffen, die auch mit Opfern verbunden seien. Aber niemals seien «solche Entscheidungen, die zum Wohl des Volkes und des Landes getroffen wurden, von der Kirche oder vom Volk verurteilt» worden.

Blick auf das Zentrum von Moskau.
Blick auf das Zentrum von Moskau.

Nach Ansicht von Beobachtern meinte der Patriarch damit Russlands Krieg gegen die Ukraine. Putin folge dem Beispiel des heiligen Alexander Newski (1221-1263), der Russland auf dem Schlachtfeld mutig verteidigt habe, so Kyrill I. Er sprach Putin so wie einst russischen Zaren göttliche Legitimität zu. Wörtlich sagte er: «Gott helfe Ihnen, den Dienst, den Gott selbst Ihnen anvertraut hat, weiterhin mit Liebe zum Vaterland und mit Mut fortzusetzen.»

«Grosse Gnade Gottes»

Zudem erklärte der Patriarch, es sei eine «grosse Gnade Gottes, dass das Oberhaupt des russischen Staates ein orthodoxer Mann ist, der sich seines Glaubens nicht schämt». Viele Russen sähen in Putin nicht nur einen erfolgreichen Politiker, «sondern auch einen sehr freundlichen, intelligenten, herzlichen Menschen». Kyrill I. wünschte ihm Kühnheit und Seelenfrieden. Putin solle in seiner Amtszeit einen Ort zum Gebet finden.

Die Sache mit der Heiligen Rus

Die Kirche wird laut dem Patriarchen weiter für den Präsidenten beten, «dass der Herr Ihnen an allen Tage Ihres Lebens helfen möge, das grosse Vaterland, die Heilige Rus, die heute eine nicht leichte Phase ihrer Geschichte durchläuft, würdig zu führen». Das mittelalterliche Grossreich Rus gilt als gemeinsamer Vorläuferstaat von Russland, der Ukraine und Belarus.

Kyrill I. (m.), Patriarch von Moskau unterstützt Putin und den Krieg.
Kyrill I. (m.), Patriarch von Moskau unterstützt Putin und den Krieg.

Drei Wangenküsschen

Putin zündete eine Kerze an und bekreuzigte sich. Am Ende der etwa 15 Minuten langen Andacht gaben sich Putin und Kyrill I. drei Wangenküsschen. Es war bereits der dritte derartige Gottesdienst, den Kyrill I. nach einer Amtseinführung Putins für eine weitere Amtszeit zelebrierte.

Diesmal schenkte er ihm eine Ikone der Gottesmutter von Wladimir aus dem 17. Jahrhundert. «Sie haben alles, um diesen großen Dienst für das Vaterland lange und erfolgreich zu verrichten», so der Patriarch zum Präsidenten.

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Das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt wird wegen seiner Unterstützung und Rechtfertigung des Angriffskrieges gegen die Ukraine international kritisiert. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates gab Kyrill I. eine Mitschuld an Kriegsverbrechen. In einer Mitte April einstimmig angenommenen Resolution verurteilte sie auch einen Missbrauch der Religion durch den russischen Präsidenten und den Patriarchen. (kna)


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10. Mai 2024 | 16:00
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