Pater Anselm Grün: Mit Phantasie und Kreativität die alten Rituale neu entdecken
Lektorin, Kommunionhelfer, Kantorin: Es gibt viele liturgische Dienste. Doch nicht alle erhalten Wertschätzung. «Manche haben bei Kursen des Liturgischen Instituts zum ersten Mal eine Würdigung ihrer Arbeit erfahren», sagt die Liturgie-Expertin Gunda Brüske im Gespräch als Motiv für das «Fest für liturgische Dienste». Pater Anselm Grün wirbt für «Phantasie und Kreativität, um die alten Rituale neu zu entdecken».
Sarah Stutte
«Wir freuen uns, dass Sie alle hier sind. Gut zehn Jahre haben wir auf Sie gewartet.» Mit diesen Worten begrüssen Gunda Brüske, die Leiterin des Liturgischen Instituts in Freiburg, und Abt Urban Federer die 300 Anwesenden im Kloster Einsiedeln.
Wertschätzung für die liturgischen Dienste
Ein erstauntes Raunen geht durch die Stuhlreihen. Gunda Brüske erklärt: Schon vor über zehn Jahren wollte sie ein «Fest für liturgische Dienste» veranstalten. Doch die Idee habe erst reifen müssen.
Im Gespräch mit Gunda Brüske fällt mehrmals das Wort «Wertschätzung». Ziel des «Festes für liturgische Dienste» sei es, den Menschen für ihr liturgisches Engagement zu danken. «Es hat mich schockiert zu hören, dass manche Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei Kursen des Liturgischen Instituts zum ersten Mal eine Würdigung ihrer Arbeit erfahren haben.»
Die Vielfalt der liturgischen Dienste zeigen
Gunda Brüske ist überzeugt: Es reiche nicht, nur den Ministrantinnen und Ministranten für ihren liturgischen Dienst zu danken. Egal ob Lektorin, Kommunionhelfer oder Kantorin: Die Vielfalt der liturgischen Dienste solle gewürdigt werden.
Offenbar traf Gunda Brüske damit einen Nerv: «Wir bekamen noch viel mehr Anmeldungen. Die 300 Plätze waren an Ostern in diesem Jahr bereits vergeben.»
Wichtig für die Verwurzelung
Mit Pater Anselm Grün hat das Liturgische Institut einen Promi als Stargast gewinnen können. «Es ist schön, dass er angereist ist.» Der Benediktinermönch sagt im kath.ch-Interview, dass er gerne die Ehrenamtlichen unterstütze, weil diese «sehr wichtig für die Kirche sind».
In seinem Vortrag betont er, dass die liturgischen Texte manchmal fremd erscheinen. Dabei seien sie mit der Glaubenserfahrung von Christinnen und Christen seit vielen Jahrhunderten angereichert. «Eine Erfahrung, die auch heute heilsam ist für uns», sagt Pater Anselm Grün.
Den Himmel offen halten
«Die Kirchen haben den Auftrag, die Sehnsucht nach dem ganz anderen wachzuhalten. Als Gegenentwurf zu einer Gesellschaft, die immer totalitäre Züge aufweist», findet der bekannteste Benediktiner im deutschsprachigen Raum. Es gehe darum, «den Himmel offen zu halten und Opfer in Hingabe zu verwandeln».
Laut Pater Anselm Grün braucht die Kirche «Phantasie und Kreativität, um die alten Rituale neu zu entdecken. Dazu müssen wir nicht alles neu erfinden, sondern einfach den Worten die Kraft geben und die Menschen mit der Weisheit in Berührung bringen, die sie schon in sich tragen.»
Sich Gedanken zu Psalmen machen
Nach dem Vortrag und einem gemeinsamen Gebet gehen die Teilnehmenden in Vertiefungsgruppen, die jeweils von theologischen Fachpersonen moderiert werden. Gunda Brüske zeigt eine Übung, wie jede und jeder selbst ein Gebet schreiben kann. «Ein selbst geschriebenes Gebet können wir privat nutzen, aber auch in einfachen Gottesdiensten verwenden», sagt sie.
Nicola Ottiger ist in Luzern Professorin für Ökumenische Theologie. Hier setzen sich etwa 20 Teilnehmende mit dem Referat von Anselm Grün auseinander. Es geht um Psalmen – und um alte und neue Formen von Fürbitten.
Fürbitten sollen aus dem Herzen kommen
Später gibt es eine angeregte Diskussion. «Als Lektorin habe ich festgestellt, dass die Qualität der Fürbitten unterschiedlich ist. Wenn ein Pfarrer die Worte dafür einfach aus dem Internet zusammensucht, wird es schwierig, sie wirklich mit Herz vorzutragen», sagt eine Aargauer Teilnehmerin.
Von anderer Seite kommt die Anregung, Fürbitten von Mitgliedern der Gemeinde vorlesen zu lassen, wie es heute schon in verschiedenen Pfarreien gemacht werde.
Josua Boesch statt Huub Oosterhuis
Zum Thema Psalmen äussert sich eine weitere Frau: «Mit der Übersetzung des niederländischen Theologen Huub Oosterhuis kann ich nicht so viel anfangen. Ich arbeite eher mit Josua Boesch und seinen Psalmen im Zürcher Dialekt. Ich empfinde es als eine grosse Hilfe, in der Sprache zu reden, die die Menschen verstehen.»
Gunda Brüske, Hausherr Abt Urban Federer und Pater Anselm Grün betonen: «Probleme sollen nicht ausgeblendet werden.» Doch man solle «sich nicht an ihnen festbeissen und die Hoffnung nicht verlieren».
Gibt es eine Fortsetzung?
Das Interesse am «Fest für liturgische Dienste» ist gross. Trotzdem kann es zunächst einmal keine Fortsetzung geben. Warum nicht? «Den Aufwand, einen wiederkehrenden Anlass zu organisieren, können wir als Liturgisches Institut nicht leisten», sagt Gunda Brüske. Sie fände es aber grossartig, wenn dieser Anlass auf unterschiedlichen Ebenen, in Bistümern und Kantonalkirchen, weitergeführt würde.
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