Die Päpste der Geschichte
Porträt

Papst Leo III.: Der Kaisermacher

Häscher wollen seinen Tod. Im Jahr 799 muss Papst Leo III. aus Rom fliehen. Schutz findet er in Paderborn. Dort residiert der Frankenkönig Karl. Mit ihm geht Leo eine Verbindung ein: Im Tausch gegen dessen Schutz, wird Leo III. ihn zum Kaiser krönen. Damit erhöht der Papst auch seine eigene Macht.

Annalena Müller

Leo III. (795-816) ist ein Weihnachtspapst. Am 26. Dezember 795, nur einen Tag nach dem Tod seines Vorgängers Hadrian I (772-795), wird Leo inthronisiert. Fünf Jahre später wird Leo am Weihnachtstag Karl den Grossen (768-814) zum Kaiser krönen. Politisch ist die Krönung eine Provokation. Aber mit ihr gelingt Leo, wonach seine Vorgänger schon über ein Jahrhundert streben: die Emanzipation von Byzanz und die Etablierung der eigenen moralischen Übermacht.

Machtkampf in Rom

Das frühmittelalterliche Rom ist ein Schlangennest. Mächtige Männer leben gefährlich. Auch Päpste. Zwar wird Leo III. nur einen Tag nach dem Tod seines Vorgängers Hadrian inthronisiert, aber die Feindschaft zwischen den rivalisierenden städtischen Adelsparteien bleibt. 799 wird Leo Opfer eines Anschlags.

Die Strassen Roms waren im Mittelalter auch für Päpste gefährlich.
Die Strassen Roms waren im Mittelalter auch für Päpste gefährlich.

Während einer Prozession versuchen Bewaffnete, den Papst amtsunfähig zu machen. Sie wollen ihm die Augen ausstechen und die Zunge herausschneiden. Leo wird zwar verletzt, behält aber Augenlicht und Zunge. Aber er muss aus der Stadt fliehen.

Weltliche Schutzmacht der Päpste ist eigentlich der Kaiser in Byzanz. Von dort kann Leo aber keine Hilfe erwarten, auch weil Rom Byzanz immer wieder düpiert hat. Anstelle von Konstantinopel reist Leo nach Paderborn. Dort residiert der mächtige Frankenkönig Karl.

Flucht aus Rom

Für Leo III. sind Flucht und Exil erniedrigend. Am Hofe des Franken muss er sich vor den Anschuldigungen seiner Feinde verteidigen und auf die Unterstützung Karls hoffen. Ob Karl dem Papst glaubt, oder ob er in ihm schlicht den besseren Kandidaten für seine eigenen Ambitionen sieht, lässt sich nicht sagen. Sicher ist, der König geleitet den vertriebenen Papst zurück nach Rom.

Leo floh aus Rom nach Paderbon, wo sich der Hof des Frankenkönigs Karl befand.
Leo floh aus Rom nach Paderbon, wo sich der Hof des Frankenkönigs Karl befand.

Dort muss sich Leo einem Gottesurteil stellen, das seine Unschuld beweisen soll. Am 23. Dezember 800 schwört er einen Eid, der ihn von allen Vorwürfen der schlechten Amts- und Lebensführung befreien soll. Es ist der Tiefpunkt seiner päpstlichen Autorität. Doch nur einen Tag später gelingt es Papst Leo, diese Situation der Schwäche in eine der Stärke zu verwandeln.

Der Kaisermacher

Am 25. Dezember krönt Leo den Frankenkönig Karl zum Kaiser. Dass Letzterer nichts von den Plänen des Papstes gewusst habe, wie sein Biograph Einhard (†840) behauptet, ist Unsinn. Die Krönung dürfte Teil der Abmachung zwischen Papst und König gewesen sein. Überraschend für Karl ist höchstens die Abwandlung der Zeremonie, die Leo vornimmt.

Gehört ins Reich der Mythen: Karl der Grosse soll von seiner Kaiserkrönung überrascht worden sein. Darstellung aus dem 19. Jahrhundert.
Gehört ins Reich der Mythen: Karl der Grosse soll von seiner Kaiserkrönung überrascht worden sein. Darstellung aus dem 19. Jahrhundert.

Eigentlich geht einer Krönung die Akklamation des Volkes dem Aufsetzen der Krone voraus. Leo aber krönt Karl, bevor das Volk seine Zustimmung durch Rufen und Klatschen ausdrücken kann. Vom ausführenden Organ wird der Papst nun zum eigenmächtigen Akteur. Er ist nicht mehr Vollstrecker des Volkswillens, sondern selbst Kaisermacher.

Mit der Kaiserkrönung Karls des Grossen gelingt Leo III. ein politischer Coup auf mehreren Ebenen. Er schafft einen neuen weltlichen Schutzpatron für Rom und besiegelt den Bruch mit Byzanz, wo man von den Vorgängen wenig begeistert ist. Durch die Veränderung des Zeremoniells unterstreicht der Papst ausserdem den eignen Machtanspruch: Er allein, als Vertreter Gottes auf Erden, bestimmt den Kaiser. Vom machtlosen Geflüchteten ist der Papst zum Kaisermacher geworden.

Leo III. wurde 1673 heiliggesprochen. Sein Gedenktag ist der 12. Juni.


Die Päpste der Geschichte | © kath.ch
11. Juli 2023 | 13:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

weitere Artikel der Serie «Papst-Geschichten»