Bischof Ivo Fürer ist Geschichte – und viele Geschichten erinnern an ihn.
Schweiz

Osterfeuer ohne Rauchzeichen: Wie Ivo Fürer dem Pfarrer einen Streich spielte

Statt duftendem Weihrauch gab’s an einer Osternacht Kieselsteine: Ivo Fürer spielte als Ministrant dem Pfarrer von Gossau einen Streich. Zum Requiem des verstorbenen Bischofs kamen auch Weitgereiste aus Abu Dhabi und Taiwan. Funfacts aus St. Gallen.

Raphael Rauch

Katholische VIPs aus Abu Dhabi und Taiwan

Ist der 12. Juli ein gutes Datum, um zu sterben? Einerseits nein. Viele Menschen sind in den Ferien. Entsprechend blieb so mancher Platz in der St. Galler Kathedrale beim Requiem leer. Andererseits ja. Viele katholische Würdenträger sind im Juli auf Heimatbesuch. So etwa der Kapuziner Paul Hinder, der sonst in Abu Dhabi Apostolischer Vikar für das Nördliche Arabien ist.

Bischof Paul Hinder in St. Gallen.
Bischof Paul Hinder in St. Gallen.

Oder die Schwester Jermia Thoma, die sonst auf Taiwan tätig ist. «Das Timing hat Ivo Fürer gut hinbekommen», scherzte Bischof Markus Büchel – und freute sich, Weggefährten aus nah und fern zu begrüssen.

Bischof Markus Büchel im Gespräch mit Schwester Jermia Thoma.
Bischof Markus Büchel im Gespräch mit Schwester Jermia Thoma.

Ivo Fürer, der Anführer

Ivo Fürer zeigte schon als kleiner Junge Führungsqualitäten. «Wir waren die Fürer-Bande – mit Ivo als unbestrittenem Anführer», sagte Ivo Fürers Bruder Alex in einer Ansprache in der St. Galler Kathedrale.

Alex Fürer trauert um seinen Bruder Ivo Fürer.
Alex Fürer trauert um seinen Bruder Ivo Fürer.

Ein beliebtes Kinderspiel sei das «Altärlen» gewesen: «Wir hatten im Estrich unsere Kirche mit Hochaltar, allen kirchlichen Geräten in Bleiminiaturen und die kirchlichen Gewänder in den liturgischen Farben, genäht von Mama. Ivo war natürlich der Pfarrer.»

Osterfeuer ohne Rauchzeichen

Ivo Fürers Bruder Alex berichtete auch von folgender Anekdote: «Nach der Probe für das Osterfeuer leerten Ivo und ein Ministranten-Kollege das Weihrauchschiff aus und füllten es mit feinem Kies. Gross war die Aufregung von Pfarrer Wagner am Ostermorgen, als sich beim Entzünden kein Rauch entwickelte. Die Täter wurden gesucht, kamen aber unerkannt davon.»

Ivo Fürer, der Elektrisierende

Altregierungsrat Martin Gehrer erinnerte in seiner Ansprache an ein besonders hübsches Ivo-Fürer-Bonmot: «Wer Licht in die Welt bringen will, wird Elektriker oder Priester.»

Altregierungsrat Martin Gehrer
Altregierungsrat Martin Gehrer

Zwar kenne er Ivo Fürers handwerkliche Fähigkeiten nicht. «Aber mir scheint, es ist gut, ist er Priester und nicht Elektriker geworden», sagte Gehrer. «Als Priester brachte er Licht in die Welt und als Bischof wusste er auch mit Spannungen umzugehen.»

Ivo Fürer, der Weltoffene

Lange Zeit war es in St. Gallen Usus, dass der Bischof die katholischen CVP-Regierungsräte zum Neujahrsempfang einlud. «Als dann mit Kathrin Hilber eine Katholikin, die nicht der CVP angehörte, in die Regierung gewählt wurde, öffnete Bischof Ivo die Bischofswohnung allen Mitgliedern der Regierung», erzählte Altregierungsrat Martin Gehrer. «Er kommunizierte dies ganz offen: Wenn er schon eine SP-Vertreterin zur Jahresbegrüssung einlade, könne er genauso gut auch die nicht-katholischen Regierungsräte einladen.»

Ivo Fürer, der Gastgeber

Ivo Fürer liebte Menschen. Er lud viele Menschen ein – darunter auch viele katholische Würdenträger wie den Mailänder Kardinal Martini oder den Mainzer Kardinal Lehmann.

Zollitsch folgte als Leiter der Bischofskonferenz auf Kardinal Karl Lehmann
Zollitsch folgte als Leiter der Bischofskonferenz auf Kardinal Karl Lehmann

Das Catering delegierte er gerne an seine Schwägerin und seinen Bruder in Gossau: «Das war das beste Fleisch-Fondue, das ich je gegessen habe. Ich hoffe, dass Ivo auch nächstes Jahr wieder nach Gossau einlädt»: Mit diesen Worten dankte Lehman der Familie Fürer für das Catering, wie Ivo Fürers Bruder Alex berichtete.

Ivo Fürer, der Familienmensch

Für Priester der katholischen Kirche gilt der Pflichtzölibat. Ivo Fürer suchte die Nähe zu seiner Familie, um der Einsamkeit zu entkommen. Das fiel auch Kardinal Martini positiv auf, wie Ivo Fürers Bruder Alex erzählte.

Der Mailänder Kardinal Carlo Maria Martini im Jahr 1998.
Der Mailänder Kardinal Carlo Maria Martini im Jahr 1998.

Er zitierte den Mailänder Kardinal mit den Worten: «Ivo hat das grosse Glück, inmitten einer Familie die täglichen Freuden und Sorgen zu erleben. Das zeigt sich deutlich in vielen seiner Aktivitäten. Diese Erfahrungen fehlen leider den meisten von uns.»

Streng, aber grosszügig

War Ivo Fürer ein strenger Chef? «Jein», antwortet Margreth Küng, und wischt sich eine Träne aus dem Auge. Sie war Ivo Fürers langjährige Sekretärin. «Er wusste, was er wollte, und hat viel gefordert», erzählt Margreth Küng.

Margreth Küng (ganz links) war mit dabei, als Hillary Clinton Ivo Fürer besuchte.
Margreth Küng (ganz links) war mit dabei, als Hillary Clinton Ivo Fürer besuchte.

Umgekehrt sei er ein sehr grosszügiger und liebenswürdiger Chef gewesen. Langweilig wurde Margreth Küng mit Ivo Fürer jedenfalls nie. Dank seiner Umtriebigkeit hat sie viel erlebt – und war selbstverständlich mit dabei, als Hillary Clinton Ivo Fürer besuchte.

Der Erzbischof von Salzburg trägt Purpur

Ivo Fürer hat Bischöfe aus aller Welt nach St. Gallen eingeladen. Mit dem emeritierten Erzbischof von Salzburg, Alois Kothgasser, kam ein enger Weggefährte zur Abdankung nach St. Gallen. Der Erzbischof von Salzburg wird schnell mit einem Kardinal verwechselt, denn er geniesst das Privileg, Purpur tragen zu dürfen.

Archiv: Bischof Charles Morerod (l.) neben Alois Kothgasser, emeritierter Erzbischof von Salzburg
Archiv: Bischof Charles Morerod (l.) neben Alois Kothgasser, emeritierter Erzbischof von Salzburg

«Als primas germaniae (seit 1648) und legatus natus (seit 1179) zählt er zu den wichtigsten Würdenträgern ausserhalb des Vatikans», ist einer Salzburger Tourismus-Website zu entnehmen: «Als äusseres Zeichen ihrer Stellung dürfen die Salzburger Erzbischöfe den Legatenpurpur tragen, eine feierliche Kleidung, die wesentlich älter ist als das Purpurgewand der Kardinäle. Der Salzburger Erzbischof darf den Legatenpurpur als einziger Erzbischof sogar an der Römischen Kurie tragen.»

Bonnemain und Werlen ohne Mitra

Zwei Ordinarien zogen in St. Gallen ohne Mitra in die Kathedrale ein – und verzichteten auch beim Auszug auf die Mitra: der Bischof von Chur, Joseph Bonnemain, und der frühere Abt von Einsiedeln, Martin Werlen. 

Grosser Einzug in St. Gallen: Joseph Bonnemain trägt keine Mitra.
Grosser Einzug in St. Gallen: Joseph Bonnemain trägt keine Mitra.

Eine Mitra nur zum Einzug und Auszug zu tragen ergebe für ihn keinen Sinn, sagte Joseph Bonnemain zu kath.ch. Martin Werlen verzichtete sogar auf einen exponierten Sitz im Altarraum: Er nahm als einfacher Priester bei den anderen Priestern Platz.

Bischof Markus Büchel predigt während des Requiems für Ivo Fürer.
Bischof Markus Büchel predigt während des Requiems für Ivo Fürer.

Dem Pontifikalamt stand Bischof Markus Büchel vor. Unter den Konzelebranten gab es viele Bischöfe und Äbte: der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Felix Gmür; der Apostolische Nuntius, Erzbischof Martin Krebs; der Bischof von Chur, Joseph Bonnemain; der Abt von Einsiedeln, Urban Federer; der emeritierte Erzbischof von Salzburg, Alois Kothgasser; der Apostolische Administrator für das Nördliche Arabien, Paul Hinder; der Bischof von Feldkirch, Benno Elbs; der emeritierte Bischof von Reykjavík, Peter Bürcher; der Freiburger Weihbischof Alain de Raemy; Abt Emmanuel Rutz aus Otmarsberg; Josef Meili, der Generalobere der Missionsgesellschaft Bethlehem; und Martin Werlen, der ehemalige Abt des Klosters Einsiedeln.


Bischof Ivo Fürer ist Geschichte – und viele Geschichten erinnern an ihn. | © Raphael Rauch
19. Juli 2022 | 17:52
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