St. Michaelskloster in Kiew, Sitz der autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine.
International

Orthodoxe Kirche ruft zur Verteidigung der Ukraine auf

Die beiden grossen orthodoxen Kirche der Ukraine haben unterschiedlich auf die von Russland angekündigte Entsendung eigener Truppen in die ostukrainischen Separatistengebiete reagiert. Der russisch-orthodoxe Patriarch schweigt seit Wochen zum aktuellen Konflikt.

Oliver Hinz

Der leitende Metropolit der autokephalen (eigenständigen) orthodoxen Kirche, Epiphanius, rief am Dienstag in Kiew leidenschaftlich zur Verteidigung der Ukraine auf: «Für uns, für das ukrainische Volk kann es nur eine Antwort auf die Aggression des Kreml geben: vereinter Widerstand, Schutz der Heimat, Freiheit und Würde, Kampf für den Sieg gegen den Angreifer.»

Aufruf zu Friedensgebeten

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats rief dagegen zu Friedensgebeten auf. Ihr Metropolit Onufri betonte in einer kurzen schriftlichen Erklärung: «Krieg ist eine schwere Sünde vor Gott!» Er appellierte allgemein an Staatschefs, keinen neuen Krieg zuzulassen, ohne den russischen Präsidenten Wladimir Putin oder einen anderen Politiker beim Namen zu nennen. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche habe die territoriale Integrität der Ukraine konsequent unterstützt und werde sie auch weiter unterstützen, so Onufri.

Für den Staat kämpfen

Rund 60 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats und der Ende 2018 gegründeten eigenständigen «Orthodoxen Kirche der Ukraine».

Epiphanius forderte seine Landsleute auf, für den ukrainischen Staat zu kämpfen und die eigene Armee zu unterstützen: «Gemeinsam können wir bestehen. Mit Gottes Hilfe werden wir diesen Kampf gewinnen.» Die Geschichte habe mehrfach gezeigt, dass nur eine souveräne, unabhängige Ukraine ein Raum sei, in dem Bürger unterschiedlicher politischer Ansichten, unterschiedlicher ethnischer Herkunft und unterschiedlicher religiöser Überzeugungen volle Rechte und Freiheiten geniessen könnten. «Die Wahrheit ist auf unserer Seite», so der Metropolit. Der ukrainische Staat werde von der Weltgemeinschaft und allen Menschen guten Willens unterstützt.

Verletzung der Souveränität

Putin hatte am späten Montagabend die Anerkennung der von Separatisten ausgerufenen «Volksrepubliken» Donezk und Luhansk bekanntgegeben. Kurz danach kündigte er die Verlegung russischer Truppen in beide ostukrainischen Gebiete an. Die Soldaten sollten dort für die «Aufrechterhaltung des Friedens» sorgen, so Putin. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die Anerkennung der Separatisten-Gebiete als «Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität unseres Staates».

Kyrill I. schweigt seit Wochen

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. schweigt seit Wochen zum aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Allerdings riefen zwei Bischöfe aus der Nachbarschaft der Ukraine zur Unterstützung von Geflüchteten aus der ostukrainischen Region Donbass auf. Das an die Ukraine grenzende russisch-orthodoxe Bistum von Woronesch teilte am Dienstag mit, man habe mehr als 70 Flüchtlinge aus dem Donbass vorübergehend aufgenommen. Der Metropolit von Rostow am Don hatte bereits am Freitag erklärt, die aus den Separatistengebieten fliehenden Menschen befänden sich in einer äusserst schwierigen Lage. Rostow liegt nur einige Kilometer von der Ostgrenze der Ukraine entfernt. (kna)


St. Michaelskloster in Kiew, Sitz der autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine. | © Pixabay/rmac8oppo, Pixabay License
22. Februar 2022 | 17:15
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