Vikar Albert Noronha vor dem Matterhorn und der Dorfkirche Zermatt
Schweiz

Ökumenisches «Gipfeltreffen» – Auch Vikar Noronha will aufs Matterhorn

Zermatt VS, 10.7.15 (kath.ch) Als Edward Whymper am 14. Juli 1865 als erster Mensch die Spitze des Matterhorns erreichte, waren gleichzeitig auch zwei Geistliche am Berg. Der anglikanische Reverend Charles Hudson gehörte zur Gruppe Whymper. Der katholische Amtsbruder Ame Gorret hatte Verspätung und erreichte gleichentags ein Biwak in der Wand. Bei der Erstbesteigung wäre es also beinahe zu einem Ökumene-»Gipfeltreffen» gekommen. Auf den Gipfel hinauf möchte auch Albert Noronha. Der Inder ist seit zwei Jahren Vikar in Zermatt.

Georges Scherrer

Albert Noronha wuchs in einem Küstengebiet mit tropischem Klima auf. Die Hügel in seiner Heimat sind nicht höher als 300 Meter. Er studierte in Freiburg im Breisgau. Seit zwei Jahren ist er Vikar im weltberühmten Zermatt. Von der Pfarrstube aus sieht er direkt auf das Matterhorn. Einmal möchte er schon auf diesen Berg hinauf, sagt der Vikar und ergänzt: Der Berg bringt der Gemeinde und den Menschen viel Segen, auf zweierlei Weise.

Noronha, der dem Dominikanerorden angehört, verweist auf eine alte Frau, die er regelmässig trifft. «Sie dankt jeden Tag, wenn sie aufsteht, Gott für den Segen, den der Berg der Talschaft bringt.» Als junge Frau erlebte sie das harte Dasein einer Bergbauernfamilie. Heute schafft der Tourismus viele Jobs. Dieser hat auch die materielle Lebensqualität im Tal massiv verbessert.

Die meisten Touristen kommen wegen dem Berg, sagt der Dominikaner. Er trifft auf seinen Wanderungen, auf welchen er seine Kondition für seine Erstbesteigung des «Horu», wie das Matterhorn bei den Einheimische heisst, Menschen, die dem Berg eine andere Seite abgewinnen als den touristischen oder sportlichen Kick.

Erstbesteigung löste Ängste auf

Vor der Erstbesteigung vor 150 Jahren flösste der Berg Angst ein. «Die Erstbesteigung löste den Tourismus aus. Heute ist der Berg ein Symbol der Würde für den Ort.» Der Seelsorger kennt bereits einige Personen, die regelmässig nach Zermatt reisen, um in innerer Einkehr den Kreuzweg zu gehen, der vom «Schibuwäldii» zur Winkelmatten-Kapelle hinaufführt. Der Vikar weist auch auf die Kapellenwanderung hin, die der Pfarrer von Zermatt, Stefan Roth, im Sommer jeweils am Mittwoch durchführt. Dieser Weg verbindet zwölf Kapellen rund um den Ort.

Für ihn selber ist das Matterhorn ein Symbol für Stille, aber auch für Befreiung. «Wenn jemand auf den Berg steigt, dann muss er vieles loslassen: überflüssiges Gepäck, aber auch spirituell.» Als Moses auf den Berg Horeb stieg, wagte er vieles. Früher hatten die Menschen grossen Respekt vor den Bergen, sprachen ihnen einen «Heiligkeit» zu. Auch heute suchten Menschen die Stille der Berge, um zu meditieren. «Das ist eine körperliche und eine geistige Erholung», sagt der Vikar.

Seelsorger für Einheimische und Touristen

In Zermatt ist er hauptsächlich für die einheimische Bevölkerung ein Ansprechpartner. Das indigene «Walliserditsch» versteht er bereits gut. Im Tal wird ein traditioneller Katholizismus gepflegt und «das gefällt mir».

Für die Touristen bietet er Gottesdienste in Englisch an. Es sei auch schon vorgekommen, dass er auf Wunsch von Angehörigen eine Messe für einen Mann feierte, der am Hornu abstürzte. Jedes Jahr werden bei einem Gottesdienst die Werkzeuge des Bergsteigers wie Seil, Pickel und Steigeisen gesegnet. Die Bergsteiger, die den Weg zum Matterhorn einschlagen, würden ihn jedoch nicht kontaktieren, um sich den Segen eines Schutzengels zu holen.

Während seiner Freizeit wandert der Vikar viel. Ein Ziel ist das Matterhorn. «Wann das sein wird, weiss ich aber nicht». (gs)

Zermatter «Bergsteigerfriedhof» erzählt von Frauen und Männern am Matterhorn

Vikar Albert Noronha vor dem Matterhorn und der Dorfkirche Zermatt | © 2015 Georges Scherrer
10. Juli 2015 | 16:27
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Fünf Fakten über das Matterhorn

Vor 150 Jahren, am 14. Juli 1865, wurde das an der schweizerisch-italienischen Grenze gelegene Matterhorn zum ersten Mal bestiegen. kath.ch nennt fünf Fakten über einen der höchsten und berühmtesten Alpengipfel.

Joachim Heinz

– Ökumenegipfel: Gleich zwei Geistliche wagten im Juli 1865 den Sturm auf das Matterhorn: Der anglikanische Priester Charles Hudson vom Nordosten über den «Hörnligrat» und sein katholischer Amtsbruder Ame Gorret über den Südwesten von der italienischen Seite aus. Hudson gehörte zu der Gruppe, die den Gipfel zuerst erreichte, verunglückte aber beim Abstieg tödlich. Gorret, Zweiter am Matterhorn, gelangen andernorts Erstbesteigungen. Er starb 1907 im Alter von 69 Jahren im Aostatal.

– Stau in den Bergen: Pro Jahr nehmen sich rund 3.000 Bergsteiger das Matterhorn vor, an Spitzentagen drängen sich mehr als 100 Alpinisten im Fels; die meisten wählen die Route, die auch die ersten Bezwinger für ihren Aufstieg wählten. Angeblich ist seit der Erstbesteigung kein Jahr ohne tödliches Unglück am Matterhorn vergangen. Einen guten Schutzengel hatte offenbar der legendäre Bergführer Ulrich Inderbienen (1900-2004). Er kam 371 mal heil wieder vom Gipfel herunter, zuletzt im Alter von 89 Jahren.

– Nächster Halt Matterhorn: Ende des 19. Jahrhunderts wäre beinahe eine Bahnverbindung von Zermatt auf den Gipfel in 4.478 Metern Höhe realisiert worden. Die Behörden hatten die Pläne für eine kombinierte Zahnrad- und Drahtseilbahnstrecke 1890 nahezu anstandslos durchgewunken. Der Protest aus der Bevölkerung machte das Projekt zunichte. Stattdessen begnügte man sich mit der Gornergratbahn, die auf 3.100 Meter Höhe spektakuläre Ansichten des Matterhorns bietet.

– Zorniger Zausel: 1988 fiel Bergsteiger-Legende Reinhold Messner in 4.000 Metern Höhe aus allen Wolken, als er kurz unterhalb des Gipfels auf das «Matterhorn-Kiosk» stiess. Die «gesamte Weltpresse», extra am Morgen «hochgetragen», konnte Messner wenig beeindrucken. «Da hab’ ich gedacht: Habe ich endlich von den Zeitungen Ruhe, endlich Ruhe vom Telefon – jetzt habe ich da auch wieder alles.» Er wolle sich «beim Bürgermeister von Zermatt» beschweren, so der erboste Südtiroler. Die Aktion gehörte zu den spektakulärsten Scherzen der ARD-Sendung «Verstehen Sie Spass?».

– Marketing am Matterhorn: Wer hat’s erfunden? Na klar, die Älteren erinnern sich: Das pyramidenförmige Matterhorn nutzt die vor allem in den 1980er-Jahren beworbene Schokoladenmarke Toblerone als Signet, um den Gipfel der Genüsse zu knacken. Auch in manchen Freizeitparks ist eine Nachbildung des Bergs zu finden, zum Beispiel im kalifornischen Disneyland Ressort. In Sachen Selbstmarketing schaffte Linda Fäh, Miss Schweiz 2009, den Sprung von ganz unten nach ganz oben. Weil sie das Matterhorn bei einer TV-Sendung nicht erkannte, stieg sie publicitywirksam 2012 auf den Berg und traf wenig später einen Produzenten, der angeblich ihre Karriere als Schlagersängerin anschob. (kna)