Mussie Zerai: Der eritreische Priester kämpft für Mittelmeerflüchtlinge

München/Wien, 21.4.15 (kath.ch) Ein Priester aus Eritrea rüttelt in Italien über das Schicksal seiner übers Meer flüchtenden Landsleute auf. Don Mussie Zerai kämpft mit seiner Vereinigung «Habeshia» gegen die Gleichgültigkeit gegenüber der Flüchtlingstragödie im Mittelmeer, wie die Stiftung «Pro Oriente» berichtet. Die meisten Flüchtlinge, welche die zentrale Mittelmeerroute nehmen, stammen aus Eritrea, wie die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) am Dienstag, 21. April, schreibt. Mussie sorgt auch in der Schweiz für seine Landsleute, wie Medien hierzulande berichteten.

Das schmale Stück Land am Roten Meer mit der Hauptstadt Asmara, eine frühere italienische Kolonie, gilt als eine der brutalsten Militärdiktaturen der Welt. Die meisten Menschen fliehen vor dem Militärdienst, der Jahre dauert, kein definitives Ende hat und vom Teenager bis zum Senioren alle betrifft. Präsident Isaias Afewerki habe es sogar geschafft, die grosse eritreische Diaspora für sein Regime einzuspannen: Wer als im Ausland lebender Eritreer ein Dokument oder Hilfe von seiner Botschaft brauche, müsse zwei Prozent seines Einkommens «Aufbausteuer» bezahlen. Diese Steuer ist mittlerweile eine der wichtigsten Geldquellen des Landes. Staaten wie Deutschland sei es auch nicht gelungen, diese Praxis effektiv zu unterbinden, so die SZ.

Angesichts der Flüchtlingstragödien im Mittelmeer appellierte der eritreische katholische Priester Don Mussie Zerai, Gründer der Vereinigung «Habeshia» und Kandidat für den Friedensnobelpreis, an Europa, «seine Seele wiederzufinden und Solidarität mit den Leidenden zu zeigen». Don Zerai operiert von Italien aus, versucht aber trotz aller Gefahren immer wieder auch im zerfallenen Libyen, den Flüchtlingen aus Eritrea beizustehen. Unter den Flüchtlingen vom Horn von Afrika sei er eine bekannte Gestalt, dessen Handynummer viele kennen, berichtet «Pro Oriente». Der Priester erinnere immer wieder daran, dass im Gegensatz zu den Vorstellungen vieler europäischer Politiker und Journalisten ein hoher Prozentsatz der Flüchtlinge aus Afrika – und damit auch der Opfer der Katastrophen im Mittelmeer – Christen sind.

Europas nicht erklärter Krieg gegen Migranten

In seinem Appell stellt Don Zerai fest, was sich im Mittelmeer abspiele, sei «ein nicht erklärter Krieg Europas gegen die Migranten und Flüchtlinge». Der Entschluss, die – von Italien allein getragene – Operation «Mare Nostrum» nicht auf europäischer Basis weiterzuführen, sei eine solche Kriegserklärung gewesen. «Wenn man die Leute im Meer ertrinken lässt, ist das eine passive Methode, diesen Krieg zu führen», so der Priester.

Seit Beginn des Jahres sind laut Zerai mindestens 1600 Personen ertrunken, «trotz der Versprechungen der Politiker nach der Tragödie von Lampedusa im Jahr 2013». Diese Opfer würden nicht nur auf das Konto der Schlepper gehen, sondern auch jener Politiker, «die sich weigern, das Leben der Menschen in den Mittelpunkt der Aktion zu stellen».

Er frage sich täglich – so Don Zerai – wie man angesichts der Tragödien im Mittelmeer so «kalt und unsensibel» sein könne. Das Mittelmeer habe sich rot gefärbt vom Blut tausender Schuldloser. Jetzt genügten nicht mehr die betroffenen Formulierungen und die Tränen, es gehe um konkrete Handlungen, um den Menschen Schutz zu gewähren und Tragödien wie die jüngste zu verhindern.

«Failed states» und die internationale Gemeinschaft in der Kritik

Don Zerai liess keinen Zweifel daran, wen er für die Letztverantwortlichen für die Flüchtlingsströme hält: Einerseits die «failed states», die «Land und Leute» systematisch ruiniert hätten, und andererseits die internationale Gemeinschaft, die das schweigend mitangesehen habe.

Mussie Zelai ist auch in der Schweiz aktiv. Laut Tele Bärn (20. April) besucht er von Rom her kommend einmal pro Monat das Schwesternhaus Calabrini in Solothurn, in dem Eritreer untergebracht sind. SRF berichtete über seine Aktivitäten im vergangenen Dezember (11.12.14). (kap)

21. April 2015 | 14:20
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