In Prag eingetroffen: der konservative Kurienkardinal Marc Ouellet.
Schweiz

Mentari Baumann kritisiert Kardinal Ouellet und Synoden-Mitarbeiterin für Polizei-Aktion

Kurienkardinal Marc Ouellet sorgt bei der Schweizer Katholikin Mentari Baumann für Empörung. Ouellet betonte in seiner Predigt in Prag die biblische Lehre von Mann und Frau. Auch kritisiert Mentari Baumann, dass ein Missbrauchsbetroffener und schwuler Familienvater von der Polizei vertrieben wurde. Er hatte im Tagungshotel Flugblätter verteilt.

Raphael Rauch

Der scheidende Präfekt der vatikanischen Bischofsbehörde, Kardinal Marc Ouellet, hat bei der Europa-Etappe der Weltsynode in Prag die biblische Lehre von Mann und Frau unterstrichen. In seiner Predigt bei der Frühmesse am zweiten Tag der Kontinentalversammlung sagte Ouellet unter Verweis auf die biblische Schöpfungsgeschichte: «Das Abbild Gottes im Menschen umfasst das Paar und seine Fruchtbarkeit.» Der Mensch sei von Gott als Mann und Frau geschaffen worden, «damit es eine geistige und körperliche Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau gibt».

Verweis auf die christliche Anthropologie

Die Teilhabe der menschlichen Paare an der Liebe Gottes «reinigt und heiligt die menschliche Liebe und vervielfacht ihre Chancen auf Glück», sagte Ouellet. Doch leider lehne «der sündige Mensch diese Gnade oft ab und zieht seine eigenen Entscheidungen vor, die ihn von Gottes Wegen wegführen».

Mit Scham behaftet: Adam und Eva im Rijksmuseum Amsterdam.
Mit Scham behaftet: Adam und Eva im Rijksmuseum Amsterdam.

Ouellet rief die Teilnehmer der Synodal-Etappe auf, ihre Beratungen und Entscheidungen auf der Grundlage der christlichen Anthropologie zu treffen, wie sie in der Bibel grundgelegt sei. Er warnte davor, «das Wort Gottes in einer Weise auszulegen, die dem widerspricht, was es eigentlich sagt».

Mentari Baumann kritisiert Kardinal Ouellet

Ouellets Aussagen sorgen bei Mentari Baumann für Empörung. Die lesbische Katholikin nimmt als Online-Delegierte von Wislikofen aus am synodalen Prozess teil. «Die ganze Versammlung basiert auf einem Dokument, das eine radikale Inklusion fordert. Und dann wird in der Predigt die Identität, Lebensentwürfe und Arbeit von queeren Menschen als falsch abgetan», sagt Mentari Baumann zu kath.ch.

Mentari Baumann
Mentari Baumann

«Das ist nichts Neues – und doch frustriert und verletzt es während dieser Versammlung noch etwas mehr», findet Mentari Baumann. «Ich bin den ganzen Vormittag mit anderen queeren Katholikinnen und Katholiken in Kontakt und es geht allen grad etwas gleich.»

«Leider wird über queere Menschen gesprochen und nicht mit ihnen»

Auch kritisiert Mentari Baumann, dass am Montag eine Mitarbeiterin des Prager Synodenbüros die Polizei rief, um Ladislav Koubek zu vertreiben. Der tschechische Missbrauchsbetroffene und LGBTQ-Aktivist hatte in der Hotellobby Flugblätter verteilt – bis die Polizei kam und ihm Hausverbot erteilte.

«Leider wird über queere Menschen gesprochen und nicht mit ihnen», kritisiert Mentari Baumann. «Weltweit sind queere Gruppen von einer Teilnahme an der Umfrage zum synodalen Prozess ausgeschlossen worden. Oder ihnen wird kein Gehör geschenkt.»

Queere Menschen unter Druck

In anderen Ländern könnten queere Menschen «nicht mal eine Zusammenarbeit anbieten, weil sie sich vor Gewalt und Kriminalisierung fürchten müssen», sagt Mentari Baumann. «Es wurden auch keine queeren katholischen Gruppen nach Prag eingeladen. Meines Wissens gibt’s keine Delegierten, die offen queer leben. Nur eine Handvoll der Online-Delegierten sind offen queer.» (mit Material von kna)


In Prag eingetroffen: der konservative Kurienkardinal Marc Ouellet. | © Raphael Rauch
7. Februar 2023 | 14:04
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