Bischof Felix Gmür
Schweiz

«Mein Vorgesetzter ist der Papst und sonst niemand»: Bischof Felix Gmür prangert Luzerner Synode an

Der Luzerner Synodenbeschluss zur Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle zeigt Wirkung. Bischof Felix Gmür hat in einem geharnischten Brief an den Synodalrat und an die Synode auf den getroffenen Beschluss vom 8. November reagiert. Das Kirchenparlament scheint indes am eingeschlagenen Weg festhalten zu wollen.

Wolfgang Holz

In seinem 12-Punkte-«Tadel-Schreiben» vom 13. November an die Luzerner Synodalratspräsidentin Annegreth Bienz-Geisseler und an den Synodenpräsidenten Benjamin Wigger – der kath.ch vorliegt –, kritisiert der Basler Bischof Felix Gmür das Kirchenparlament vehement. Es seien am 8. November Beschlüsse gefasst worden, obwohl die Synode im Vorfeld gewusst habe, dass bereits Umsetzungen bestimmter Forderungen eingeleitet worden seien.

Bischof Felix Gmür nach dem Treffen mit Papst Franziskus am 15.11.2023.
Bischof Felix Gmür nach dem Treffen mit Papst Franziskus am 15.11.2023.

Gmür spricht konkret die unabhängigen Untersuchungen an, die vom Bistum Basel kurz zuvor an eine private Anwaltskanzlei übergeben wurden. «Die entsprechende Medienmitteilung vom 6. November 2023 hätte der Synode bekannt sein müssen», bemängelt der Bischof. Ähnliches gelte für die unabhängige Meldestelle und für das Verbot der Aktenvernichtung.

«Die Abkehr von der kirchlichen Sexualmoral kann der Bischof von Basel nicht beschliessen.»

Bischof Felix Gmür in seinem Brief

Für das Bistum Basel sei bereits seit 2017 eine unabhängige, externe Rechtsanwältin als Koordinationsperson zuständig. Was die Archive der Nuntiatur betreffe, «bestimmt nicht der Bischof von Basel, sondern der Heilige Stuhl».

«Das Thema liegt auf dem Tisch»

Was die geforderten RKZ-Massnahmen angeht, insbesondere die Reform der kirchlichen Sexualmoral, weist der Bischof Zuständigkeiten von sich. «Die Abkehr von der kirchlichen Sexualmoral kann der Bischof von Basel nicht beschliessen», schreibt Gmür.

Die St. Ursen Kathdrale in Solothurn
Die St. Ursen Kathdrale in Solothurn

«Da das Thema auf dem Tisch liegt, wurde darüber zuletzt an der synodalen Versammlung des Bistums in Bern ausgetauscht, ebenso in der Deutschschweizer Ordinarienkonferenz (DOK), in der SBK und darüber hinaus an der Bischofssynode in Rom.»

«Engagierte Menschen»

In einigen Schlussbemerkungen stellt Gmür dann klar, was er von den luzernischen Synodenbeschlüssen hält.

Papst Franziskus, Felix Gmür und Joseph Maria Bonnemain am 15. November 2023 im Vatikan.
Papst Franziskus, Felix Gmür und Joseph Maria Bonnemain am 15. November 2023 im Vatikan.

«Es befremdet mich, dass die Synode an mich Forderungen stellt, von denen man weiss, dass sie bereits erfüllt sind, die ich wegen mangelnder Zuständigkeit gar nicht erfüllen kann oder die ein Gegenstand von Verhandlungen mit Dritten sind.» Zudem akzeptiere er nicht, dass die Synode «engagierte Menschen ignoriert, die gerade für die Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle seit Jahren seriöse und professionelle Arbeit leisten».

«Herber Rückschlag»

Der Beschluss der Synode ist in den Augen des Bischofs ein «herber Rückschlag». Eine moderne, synodale Kirche ringe, so Gmür, vielmehr gemeinsam um Antworten auf Fragen und um Lösungen bei anstehenden Problemen. Wobei er wenige Zeilen zuvor seine Kompetenzen untermauert: «Mein Vorgesetzter ist der Papst und sonst niemand.»

Kundgebung für eine Kirche ohne Missbrauch, vor der Luzerner Synode vom 8. November 2023
Kundgebung für eine Kirche ohne Missbrauch, vor der Luzerner Synode vom 8. November 2023

Erinnern wir uns kurz: An besagtem 8. November hatte die Synode bekanntlich eine Motion verabschiedet, in der das Kirchenparlament Forderungen an das Bistum Basel zur Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle stellte.

Bistumsgelder gesperrt

In der beschlossenen Motion geht es um die Einrichtung einer unabhängigen Meldestelle, der Durchführung von unabhängigen Untersuchungen, dem Verbot der Aktenvernichtung, der Öffnung des Archivs der Nuntiatur sowie um die Abschaffung der lebensfeindlichen und homophoben Sexualmoral in der Kirche.

Synodale der Luzerner Landeskirche durschreiten das Spalier.
Synodale der Luzerner Landeskirche durschreiten das Spalier.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, koppelte die Synode an die Motion die Massgabe, die Kirchensteuergelder ans Bistum im nächsten Jahr vorerst nur zur Hälfte auszuzahlen. Würden die Forderungen nicht erfüllt, würde man die zweite Tranche des Bistumsbeitrags im Herbst 2024 nicht ausbezahlen.

Protestkundgebung auf dem Franziskanerplatz

Vor der Sitzung des Kirchenparlaments hatte es eine Protestkundgebung auf dem Franziskanerplatz gegeben – und die Synodenteilnehmenden wurden wenig später auf ihrem Gang zur Sitzung von der Jesuitenkirche zum Regierungsgebäude im Spalier von den Protestierenden angefeuert, mutige Beschlüsse zu treffen.

Der Luzerner Synodalrat hat auf Druck der Synode Finanzmassnahmen gegen das Bistum Basel beschlossen.
Der Luzerner Synodalrat hat auf Druck der Synode Finanzmassnahmen gegen das Bistum Basel beschlossen.

Hintergrund dieses Synodenbeschlusses ist, dass 14 Kirchgemeinden im Kanton Luzern nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie Mitte September beschlossen hatten, ihren Bistumsbeitrag so lange zu sperren, bis die oben genannten Forderungen zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle erfüllt seien. Absicht war, auf diese Weise die massiven Kirchenaustritte in diesen Gemeinden zu stoppen.

«Die Synode hat diesen Entscheid getroffen. Der Bischof hat diesen so zu akzeptieren.»

Benjamin Wigger, Präsident der Synode

Und was sagen die beiden Adressaten des Briefs zu der Bischofsschelte? Wenig. Synoden-Präsident Benjamin Wigger aus Marbach im Entlebuch erklärt gegenüber kath.ch, er habe den Brief zur Kenntnis genommen. Auf Nachfrage fügte er dann hinzu: «Die Synode hat diesen Entscheid getroffen. Der Bischof hat diesen so zu akzeptieren.»

Sonderkommission wird gebildet

Synodalratspräsidentin Annegreth Bienz-Geisseler, die andere Adressatin des Briefs, meinte auf schriftliche Anfrage von kath.ch: «Ich danke Bischof Felix, dass er sich mit dem Entscheid der Luzerner Synode befasst hat und nehme seinen Brief zu Kenntnis.» In den nächsten Wochen werde die parlamentarische Sonderkommission gebildet, die sich mit der Umsetzung des Synodalbeschlusses – der Motion also – befassen werde. «Dies wird in Zusammenarbeit mit dem Bistum geschehen.»


Bischof Felix Gmür | © Annalena Müller
22. November 2023 | 17:30
Lesezeit: ca. 3 Min.
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