Entsetzen nach Anschlag auf Christen in Ägypten – 28 Tote

Kairo/Berlin/Wien, 26.5.17 (kath.ch) Ein erneuter verheerender Anschlag auf koptische Christen in Ägypten hat Entsetzen ausgelöst. Bewaffnete Männer griffen nahe der Stadt Al-Minja einen Bus mit koptischen Christen an, wie internationale Medien berichteten. Nach jüngsten Zahlen wurden 28 Menschen getötet und 27 weitere teils schwer verletzt.

In dem Bus sassen Medienberichten zufolge 55 Kopten. Sie seien unterwegs zum Kloster Anba Samuel in der Provinz Al-Minya gewesen, einer Hochburg der Kopten 250 Kilometer südlich von Kairo. Auf der Fahrt wurde der Bus demnach von Terroristen gestoppt und aus Maschinengewehren beschossen.

Kirchenvertreter verurteilen die Tat

Der päpstliche Botschafter Erzbischof Bruno Muso sprach von einem «feigen Anschlag». Der Akt richte sich «gegen die Christen, gegen die Kirche und gegen alle Ägypter», sagte der Nuntius dem italienischen katholischen Pressedienst SIR (Freitag).

Ein Vertreter des koptisch-katholischen Patriarchats äusserte den Verdacht, das Attentat erfolge mit Absicht vor dem christlichen Pfingstfest und vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan. «Jetzt kehrt die Angst zurück, und mit ihr auch wieder die fest verschlossenen Kirchen», sagte der Sekretär des Patriarchats, Hani Bakhoum Kiroulos, dem gleichen Pressedienst.

«Kein Muslim sympathisiert mit solchen Taten»

Der Anschlag war auch Thema beim Evangelischen Kirchentag in Berlin. Bei einer gemeinsamen Podiumsveranstaltung zeigten sich Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) und der Grossscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmad al Tayyeb, erschüttert. «Kein Ägypter sympathisiert mit solchen Taten, kein Christ, kein Muslim», sagte der Scheich. Es gehe den Terroristen darum, die Stabilität im Land zu erschüttern.

Tief betroffen und entsetzt äusserte sich auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Sein Gebet und sein Mitgefühl seien bei den Opfern und ihren Angehörigen, sagte er der österreichischen Presseagentur Kathpress. Jedes neue Attentat mache deutlich, dass «der Hass nicht das letzte Wort haben darf».

Das Gegenteil von Hass

Schönborn erinnerte an seinen Besuch in Al-Minya im Oktober 2016. Dort war er mit dem örtlichen Bischof und Angehörigen jener Kopten zusammengetroffen, die in Libyen vom IS bestialisch ermordet wurden. Die Begegnung habe ihn damals tief bewegt. Das Christentum vor Ort sei unglaublich lebendig – «und genau das Gegenteil von Hass ist dort zu spüren».

Im Dezember 2016 und im April 2017 waren bei Terroranschlägen auf drei koptische Kirchen in Kairo, Alexandria und Tanta insgesamt 75 Menschen getötet worden. Die Terrororganisation «Islamischer Staat» (IS) hatte die Taten für sich reklamiert. Ende April besuchte Papst Franziskus Kairo; er rief dort zu Frieden auf und verurteilte jegliche Gewalt im Namen der Religion. (kna/cic)

 

26. Mai 2017 | 12:45
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Kopten

Die Kopten sind die grösste christliche Gemeinschaft in Ägypten. Sie führen ihre Anfänge auf den Evangelisten Markus zurück. Realistische Angaben über Mitgliederzahlen schwanken zwischen 7 und 10 Millionen unter den rund 94,5 Millionen Einwohnern Ägyptens. Etwa eine weitere halbe Million Kopten lebt in anderen Ländern, davon schätzungsweise 12’000 in Deutschland.

Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche ist seit 2012 Papst-Patriarch Tawadros II. von Alexandrien. Der 64-Jährige gilt als 118. Nachfolger des heiligen Markus. Muslimischer Fundamentalismus erschwert den Christen das Leben. Sie wohnen hauptsächlich in Oberägypten und den grossen Städten des Landes.

Die Kopten gehören zu den altorientalischen Kirchen. Diese vollzogen bestimmte Lehrentscheidungen des Konzils von Chalzedon im Jahre 451 nicht mit, das eine Klärung des Verhältnisses von Göttlichkeit und Menschlichkeit in Christus suchte. Kopten benutzen einen eigenen, auf die Pharaonenzeit zurückgehenden Kalender, der sich am Sonnenjahr orientiert.

Die koptisch-orthodoxen Kirchen in der Deutschschweiz gehören der Diözese «Österreich und der Deutschschweiz» mit Hauptsitz in Wien an. Der zuständige Bischof heisst Anba Gabriel.

Neben den orthodoxen Kopten gibt es eine mit Rom verbundene koptisch-katholische Kirche. Der Vatikan gibt ihre Mitgliederzahl mit 210’000 an; ihr Patriarch ist Ibrahim Isaac Sidrak. (kna/sys)