Carolin Brändle, Referentin von Maria 1.0 an einem Workshop am Weltjugendtag in St. Gallen am 23. April 2022
Schweiz

«Maria braucht kein Update»: «Maria 1.0» expandiert in die Schweiz

Die Gruppierung «Maria 1.0» veranstaltet am Weltjugendtag in St. Gallen einen Workshop zum Thema «Würde und Berufung der Frau». Das Wesen der Frau habe seine Stärke in der Fürsorglichkeit und Mütterlichkeit, sagen die Referentinnen.

Eva Meienberg

Der Workshop ist ausgebucht. Knapp 30 Frauen und ein Mann mit Priesterkragen sitzen in einem Klassenzimmer der Mädchenschule «Flade» in St. Gallen. «Würde und Berufung der Frau» lautet der Titel der Veranstaltung.

Gottes Plan für die Frau

Der Workshop findet im Rahmen des Weltjugendtages statt. Die Referentinnen gehören der Gruppe «Maria 1.0» an. Sie geben Antworten auf die Fragen: «Wie sieht Gott die Frau?», «Welche Würde hat die Frau?» und «Warum ist die Frau unverzichtbar für Gottes Plan?».

Eine Referentin trägt ein langes Kleid, die andere einen Rock. Dies verleitet eine Workshop-Teilnehmerin zur Frage, wie man sich als Frau kleiden solle. Carolin Brändle von Maria 1.0 antwortet mit einem Bild: «Es ist wie bei einem Bonbon. Wenn es schön verpackt ist, möchte ich es lieber essen.» Die Referentin will die Metapher nicht zweideutig verstanden wissen: Jede Frau dürfe selbst entscheiden, was sie trage. Solle aber darauf achten, sich nicht unter Wert zu verkaufen.

Priestertum kein Auftrag für die Frau

Eindeutig ist die Botschaft von «Maria 1.0»: Frauen haben die gleiche Würde wie Männer – aber andere Aufträge. Später im Workshop wird klar, dass das Frauenpriestertum nicht zu den Aufträgen der Frauen gehört.

Monika Hungerbühler mit selbstgemachter pinker Mitra für den Frauenkirchenstreik 2019.
Monika Hungerbühler mit selbstgemachter pinker Mitra für den Frauenkirchenstreik 2019.

Das Bistum St. Gallen hat eine vergleichsweise liberale Tradition. Carolin Brändle bringt einen ungewohnten Wind ins Bistum: Sie stammt aus Ostdeutschland, hat in Heiligenkreuz studiert, arbeitet als Seelsorgerin in Gams SG – und gestaltet zusammen mit vier Mitstreiterinnen den Workshop am Weltjugendtag. Gegenüber kath.ch betont sie, dass sie als Privatperson den Workshop gestaltet habe und nicht in der Funktion als Seelsorgerin von Gams.

Berufungen für die Frauen

Für die Frauen gibt es gemäss «Maria 1.0» drei Berufungen: das Leben als Ehefrau, als geweihte Jungfrau oder als Ordensfrau. Selbstverständlich könne frau auch Single bleiben. Selbst dann, wenn eine Frau keine eigenen Kinder habe, könne sie mütterlich sein. Maria, die Mutter Gottes, dient der Gruppe als Vorbild. Maria habe sich selbst als Magd bezeichnet und habe ihrem Herrn bedingungslos gedient, sagt eine weitere Referentin.

Clara Steinbrecher
Clara Steinbrecher

Die Gruppe «Maria 1.0» stammt aus Deutschland und hat sich als Gegenbewegung zur Reformbewegung «Maria 2.0» formiert. Die Studentin Clara Steinbrecher leitet die Gruppe seit 2021. Im September des vergangenen Jahres umfasste die Gruppe 40 Frauen, vier von ihnen kamen aus der Schweiz. Gemäss der Webseite von «Maria 1.0» hat die Gruppe in Deutschland weit mehr als 1000 Menschen, welche die Gruppe unterstützten.

Fragen ohne Scheu stellen

Eine Teilnehmerin des Workshops trägt ein Baby auf dem Rücken. An einigen Händen der jungen Teilnehmerinnen sind Eheringe zu sehen. Nach der Power-Point-Präsentation werden sie in vier Gruppen aufgeteilt, um Fragen zu sammeln. Das soll den jungen Frauen ermöglichen, die Fragen ohne Scheu zu stellen.

Gottesdienst am Weltjugendtag in St. Gallen, im Jahr 2022.
Gottesdienst am Weltjugendtag in St. Gallen, im Jahr 2022.

«Welches sind die Pflichten einer Frau?» Pflichten gelten für alle Menschen die gleichen, lautet die Antwort. «Wie kann man im Job mütterlich sein?» Indem die Frauen ihre einzigartige Begabung einsetzten: Beziehungen aufbauen. «Warum gibt es kein Frauenpriestertum?» Weil Gott eine andere Aufgabe für Frauen habe und es immer so war in der katholischen Kirche. Die Antworten kommen bestimmt. Eine Diskussion darüber gibt es nicht – aus Zeitgründen.

«Am aller wichtigsten ist es, der Welt etwas von Gottes Liebe zu zeigen», sagt Caroline Brändle zum Abschluss, «gleich welchen Weg eine Frau einschlägt». Am Ausgang bekommen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Täschchen mit Kugelschreiber und Plastikarmband. Darauf steht: «Maria 1.0. Maria braucht kein Update.»

25. April, 12.00 Uhr: In einer ersten Version war zu lesen, Caroline Brändle habe den Workshop geleitet. Wir haben den Artikel angepasst: Caroline Brändle hat den Workshop zusammen mit vier Mitstreiterinnen gestaltet.


Carolin Brändle, Referentin von Maria 1.0 an einem Workshop am Weltjugendtag in St. Gallen am 23. April 2022 | © Raphael Rauch
24. April 2022 | 20:46
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