"Maria 2.0" demonstriert gegen Kardinal Koch in Schwäbisch Gmünd.
International

«Maria 2.0» fordert den Rücktritt von Kurienkardinal Kurt Koch

Mit Plakaten wie «Nazi-Vergleich ist unsäglich», «Nicht in meinem Namen» und «Respekt für Bischof Bätzing» demonstriert «Maria 2.0 / katholischer Aufbruch» in Schwäbisch Gmünd gegen Kurienkardinal Kurt Koch. Marie Baumann findet: «Wer in diffamierender Weise Nazi-Vergleiche trifft, ist seiner Aufgabe in der Ökumene nicht gewachsen.»

Jacqueline Straub

Eigentlich wollte Kurienkardinal Kurt Koch am Wochenende in Baden-Württemberg verschiedene Termine wahrnehmen. Doch die Stadt Schwäbisch Gmünd hat den geplanten Eintrag ins Goldene Buch abgesagt. Grund war Kochs Nazi-Vergleich in Bezug auf den Synodalen Weg. Kurz darauf sagte Koch seinen ganzen Deutschland-Besuch ab.

«Zu Demonstration aufgerufen»

«Als wir erfahren haben, dass Kardinal Koch nach Schwäbisch Gmünd kommt, haben wir zu einer Demonstration aufgerufen», sagt Marie Baumann (66). Sie engagiert sich für «Maria 2.0 / katholischer Aufbruch» in Schwäbisch Gmünd. «Solche ungeheuerlichen Aussagen können wir nicht tatenlos stehenlassen.» Sie sei «erleichtert» darüber gewesen, als schliesslich der Besuch abgesagt wurde.

Maria 2.0 schlagen Thesen an die Pforten der Kirchen im Bistum Mainz
Maria 2.0 schlagen Thesen an die Pforten der Kirchen im Bistum Mainz

Um dennoch ein Zeichen zu setzen, trafen sich Frauen und Männer von «Maria 2.0 / katholischer Aufbruch» in Schwäbisch Gmünd» zu einer Protestaktion. Zu neunt mit bunten Schirmen und Plakaten standen am Sonntag «Maria 2.0»-Unterstützende auf dem Münsterplatz.

«Krasse Geschütze»

«Auch wenn er selbst nicht vor Ort war, wollten wir zeigen, dass wir die krassen Geschütze, die Kardinal Koch gegenüber dem Synodalen Weg hier in Deutschland losgelassen hat, nicht tatenlos hinnehmen», sagt Marie Baumann.

«Wenn Kardinal Koch nach Schwäbisch Gmünd gekommen wäre, hätten wir ihn zur Rede gestellt.»

Marie Baumann

Auf ihrem Plakat stand «Respekt für Bischof Bätzing». Die pensionierte Religionslehrerin findet es gut, dass sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz klar gegen Kochs Entgleisungen gewehrt hat und «die reformorientierte Mehrheit des Synodalen Wegs mutig und profiliert vertritt», wie sie sagt. Mit ihrem Plakat wolle sie zeigen, dass sie hinter ihm stehe.

Georg Bätzing und Kurt Koch bei der Ökumenischen Vollversammlung in Karlsruhe, 2022.
Georg Bätzing und Kurt Koch bei der Ökumenischen Vollversammlung in Karlsruhe, 2022.

«Wenn Kardinal Koch nach Schwäbisch Gmünd gekommen wäre, hätten wir ihn zur Rede gestellt», sagt Marie Baumann. Sie hätte ihm gesagt, dass «NS-Vergleiche innerhalb der Kirche unverschämt sind, dass Verweise auf die Deutschen Christen in der NS-Zeit die evangelische Kirche diffamieren und die Ökumene beschädigen».

«Um Menschenrechte und um den Schutz von Minderheiten»

Auch wirft sich Kardinal Koch, den Synodalen Weg mit Verbrechen und Rassismus in Verbindung zu bringen. «Beim Synodalen Weg geht es um das Gegenteil: um Menschenrechte und um den Schutz von Minderheiten in der Kirche.»

Kardinäle unter sich: Rainer Maria Woelki (rechts) im Gespräch mit Kurt Koch im August 2022.
Kardinäle unter sich: Rainer Maria Woelki (rechts) im Gespräch mit Kurt Koch im August 2022.

Kurienkardinal Koch bestreitet, den Synodalen Weg mit dem Nationalsozialismus verglichen zu haben. Laut einer  Medienmitteilung der Deutschen Bischofskonferenz habe er mit dem Vergleich «von theologischen Debatten auf dem Synodalen Weg mit den Vorgängen um die sogenannten Deutschen Christen während der Nazizeit keineswegs den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland oder die Synodalversammlung gemeint». Marie Baumann überzeugt das nicht. Sie fragt sich: «Wen hat der Kardinal denn dann gemeint?»

Reaktionäre Gruppierung

Die Gruppierung «Maria 2.0» ist überzeugt: Der Kardinal gehöre einer reaktionären Gruppierung in der Kirche an, die keine Veränderung zulassen wolle. «Mit solch einer Haltung befindet sich die katholische Kirche leider auf dem Weg zu einer Sekte», sagt Marie Baumann. «Diese Leute nehmen in Kauf, dass die Kirche auf einen kleinen, vermeintlich rechtgläubigen Rest zusammenschrumpft. Das akzeptieren wir aber nicht.»

Sitzungssaal des Stadtschlosses während der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).
Sitzungssaal des Stadtschlosses während der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Es gehe beim Synodalen Weg und auch bei der Reformgruppe «Maria 2.0» darum, für faire Strukturen und eine Kirche im Geiste Jesu zu kämpfen, die sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stelle.

Als Ökumene-Minister disqualifiziert

Die Gruppe «Maria 2.0 / / katholischer Aufbruch» in Schwäbisch Gmünd fordert nun den Rücktritt von Kardinal Kurt Koch. Er habe sich als Ökumene-Minister und als Brückenbauer zum Judentum disqualifiziert.

«Wer solche ungeheuerlichen Aussagen macht wie Herr Koch, ist seiner Aufgabe nicht gewachsen», sagt Marie Baumann. «Er kann die katholische Kirche nicht mehr überzeugend im Bereich Ökumene und Judentum vertreten.» Die Gründerin von «Maria 2.0», Maria Mesrian, schliesst sich der Forderung an, wie sie gegenüber kath.ch bestätigt.


«Maria 2.0» demonstriert gegen Kardinal Koch in Schwäbisch Gmünd. | © Lothar Lieb
5. Oktober 2022 | 19:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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