Pater Ludwig Ziegerer mit dem Pflasterstein aus Einsiedeln, im Hintergrund der Platz, der neu gestaltet werden soll.
Schweiz

Ludwig Ziegerer zum künftigen Klosterplatz: «Der Schreck von Einsiedeln» wird sich in Mariastein nicht wiederholen

Die Benediktinerabtei Mariastein birgt zahlreiche Schätze und interessante Gegenstände. Wallfahrtspater Ludwig Ziegerer (67) hat einige ausgewählt, die ihm besonders viel bedeuten. Eine Statue, einen Kelch und einen Pflasterstein. Mit dem Stein will er falsche Vorstellungen über die Neugestaltung des Mariasteiner Klosterplatzes aus der Welt schaffen.

Barbara Ludwig

Bevor man nach dem Besuch bei der «Gnadenmutter von Mariastein» wieder ans Tageslicht gelangt, geht es durch einen langen Gang. An dessen Ende treffen Pilgerinnen und Pilger auf eine Christus-Statue hinter Glas. Sie trägt einen mit Blumen bestickten Mantel – und eine Dornenkrone. Die Hände sind an eine Säule angekettet.

Christus-Statue im Kloster Mariastein.
Christus-Statue im Kloster Mariastein.

Pater Ludwig Ziegerer (67) kennt den «Heiland an der Geisselsäule» seit langem, der Benediktiner mit Wurzeln im Bündnerland trat 1985 ins Kloster Mariastein im Kanton Solothurn ein. «Abends, wenn ich die Schliesstour mache, begegne ich diesem Heiland. Oft bleibe ich einen Moment stehen», sagt der grossgewachsene Mönch.

«Christus ist an unserem Marienwallfahrtsort nicht einfach eine Randfigur.»

Pater Ludwig Ziegerer

Ludwig Ziegerer freut sich über die Blumen und Kerzen, die dann und wann vor der Statue deponiert werden. Es gebe Vorwürfe, wonach Christus durch Maria in den Schatten gestellt werde. Doch das stimme nicht. «Im Gegenteil: Die Blumen und Kerzen zeigen, dass Christus Beachtung geschenkt wird. Christus, der Sohn Gottes, ist auch an unserem Marienwallfahrtsort nicht einfach eine Randfigur.»

Das Antlitz des leidenden Christus.
Das Antlitz des leidenden Christus.

Der Mönch hat den «Heiland an der Geisselsäule» aber noch aus einem anderen Grund ins Herz geschlossen. «Ich finde es eine unglaublich starke Figur. Sie zeigt den gefolterten Christus, der trotz allem Leiden seine Würde behält – bis zum Schluss.» In dieser Figur sehe er den leidenden Menschen. «Darum berührt sie mich so stark.»

Studium in Jerusalem

Einen besonders persönlichen Bezug hat Ludwig Ziegerer als Priester natürlich zu seinem Primizkelch. Das silberne Gefäss ist im Innern vergoldet und hat einen Fuss aus dunklem Palisanderholz. Am 18. Juni 1992 hat Ziegerer seinen Kelch an der Primizfeier zum ersten Mal benutzt.

Pater Ludwig Ziegerer erklärt die hebräischen Inschriften auf seinem Primizkelch.
Pater Ludwig Ziegerer erklärt die hebräischen Inschriften auf seinem Primizkelch.

Drei Inschriften in hebräischer Sprache sind am Fuss des Kelches angebracht, und dies nicht ohne Grund. Der Bündner aus Maienfeld hat Ende der 1980er Jahre an der Dormitio-Abtei studiert. Das Studienjahr in Jerusalem habe ihn sehr geprägt, erzählt Ziegerer. «Dort ist mir richtig bewusst geworden, dass Jesus Jude war und sein Jüdischsein nie abgelegt hat.» Die Inschriften lauten in deutscher Übersetzung «Jesus», «Dies ist der Kelch mit meinem Blut» und «Tut dies zu meinem Gedächtnis».

Trinken aus dem einen Kelch

Der Satz steht im Plural, es geht also um eine Gemeinschaft von Menschen, die im Gedenken an Jesus zusammen kommen und feiern. Vor 30 Jahren war Ludwig Ziegerer überzeugt: Es wäre schön und richtig, wenn alle Gläubigen aus dem einen Kelch trinken würden.

Hebräische Inschrift am Fuss des Kelchs.
Hebräische Inschrift am Fuss des Kelchs.

Doch ausser bei Gottesdiensten mit kleineren Exerzitiengruppen sei es ihm nie gelungen, die Gläubigen zum Trinken aus dem einen Kelch zu bewegen. «Ich habe es immer wieder probiert, etwa an Ostern. Es hat nicht funktioniert. Und dann kam Corona.» Ein bisschen enttäuscht sei er schon, sagt Ludwig Ziegerer und lacht herzhaft. Vielleicht versuche er es noch einmal – «wenn die ganze Hysterie verflogen ist».

Neugestaltung des Klosterplatzes für Pilger

Auf Silber und Gold folgt – ein Stein. Ein unbehauener Pflasterstein des Einsiedler Klosterplatzes, um genau zu sein. Er steht auf einem Sockel und erinnert an das Kickoff-Meeting vom 21. Juni 2023. Der Anlass fand zum «Start der Bauplanung und Umsetzung der Neugestaltung des Klosterplatzes Mariastein» statt. Das ist auf der Plakette am Sockel zu lesen.

Pater Ludwig Ziegerer mit dem unbehauenen Pflasterstein: "Bei uns werden nur geschliffene Steine verwendet werden."
Pater Ludwig Ziegerer mit dem unbehauenen Pflasterstein: "Bei uns werden nur geschliffene Steine verwendet werden."

Ludwig Ziegerer will einige Missverständnisse betreffend die Neugestaltung des Platzes aus dem Weg räumen, wie er sagt. Und den Besuch von kath.ch wohl nutzen, um etwas Werbung fürs Projekt zu machen – was er aber so nicht sagt.

Viele Menschen in der Region hätten den Eindruck, die Mönche von Mariastein wollten den Klosterplatz für sich selber neu gestalten, berichtet Ziegerer. Und fragten sich: Wozu brauchen die das? Der Wallfahrtspater will klarstellen: «Nicht wir brauchen diesen Platz. Sondern wir wollen mit der Neugestaltung etwas für die Pilgerinnen und Pilger machen, die den Wallfahrtsort besuchen. Das sind immerhin 250’000 Menschen jedes Jahr.»

Postautohaltestelle auf dem Klosterplatz Mariastein.
Postautohaltestelle auf dem Klosterplatz Mariastein.

Man wolle die Besucherinnen und Besucher auf einem schönen Klostervorplatz empfangen können, auf dem sie gerne verweilen. Zurzeit ist der Platz eine unspektakuläre asphaltierte Fläche, die Postautos als Haltestelle und Wendeplatz dient.

Ganzer Klosterplatz hindernisfrei

Ausserdem gebe es auch die Sorge, es würde ein Platz mit unbehauenen Pflastersteinen entstehen, auf dem behinderte und alte Menschen sich nur mit Mühe bewegen könnten. «Der Schreck von Einsiedeln», sagt der Benediktiner und nimmt damit Bezug auf den Konflikt um die Pflästerung des Einsiedler Klosterplatzes. Die Sorge ist unbegründet. Mariastein hat bei der Planung die Behindertenorganisation Procap einbezogen.

Der unbehauene Pflasterstein aus Einsiedeln.
Der unbehauene Pflasterstein aus Einsiedeln.

«Bei uns werden nur geschliffene Steine verwendet werden, so dass Menschen im Rollstuhl problemlos bis zum Eingang der Kirche fahren können. Der ganze Klosterplatz wird hindernisfrei sein.» Den Pflasterstein auf dem Sockel bezeichnet der Wallfahrtspater symbolisch als «Stolperstein»: «Unser Projekt ist auf gutem Weg. Aber es ist ein steiniger Weg, auf dem es noch einige Hindernisse zu überwinden gilt.» Zum Beispiel falsche Vorstellungen über den geplanten Klosterplatz.


Pater Ludwig Ziegerer mit dem Pflasterstein aus Einsiedeln, im Hintergrund der Platz, der neu gestaltet werden soll. | © Barbara Ludwig
10. August 2023 | 09:00
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