Gemeindeleiterin Dorothee Becker segnet einen Mann in der Kirche St. Franziskus in Riehen BS.
Schweiz

Lösungsorientierte Seelsorge: Was Katholiken von den Reformierten lernen können

Ab sofort und im Rahmen einer dreijährigen Probephase können auch katholische Seelsorgende den reformierten Studiengang «Lösungsorientierte Seelsorge» besuchen. Dies zu den gleichen finanziellen Konditionen wie die Reformierten.

Sarah Stutte

Die Weiterbildung «Lösungsorientierte Seelsorge (LOS)» richtet sich in erster Linie an reformierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil der Studiengang von reformierter Seite subventioniert wird. Teilnehmende aus anderen Kirchen entrichteten bisher jeweils einen Zuschlag an die Kursorganisation in der Höhe von 280 Franken pro Kurstag.

Das soll nun, zumindest für die katholischen Seelsorgenden, anders werden. Denn für eine Pilotphase von drei Jahren dürfen sie nun auch die Kurse besuchen – zu den gleichen finanziellen Konditionen wie die Reformierten. Zuvor waren die finanziellen Hürden für sie oft zu hoch.

Katholikinnen und Katholiken sollen neue Impulse bringen

Von der ökumenischen Öffnung verspricht man sich damit neue Impulse für die Weiterbildung in lösungsorientierter Seelsorge. «Der Wunsch nach einer ökumenischen Durchmischung der LOS-Kurse besteht schon lange, erst jetzt haben wir einen Weg gefunden, der für unser politisches Leitungsgremium akzeptabel ist», erklärt LOS-Studienleiter Jacques-Antoine von Allmen.

Unter anderem zahlen die Trägerschaftskirchen Zürich, die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und die Konferenz der protestantischen Kirchen der Westschweiz sowie die angeschlossenen Landeskirchen Beiträge, damit ihre reformierten Pfarrpersonen die Kurse besuchen können.

Stärkeres finanzielles Engagement der RKZ wird berücksichtigt

Die katholische Kirche müsse jedoch analog dazu im Rahmen der Pilotphase keine Beiträge für ihre Seelsorgenden zahlen. «Unser Leitungsgremium berücksichtigte die Tatsache, dass die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) ihren Jahresbeitrag an die Aus- und Weiterbildung in Seelsorge, Spiritual Care und Pastoralpsychologie von 25’000 auf 50’000 Franken verdoppelt hat», so von Allmen.

Worte finden im Gespräch.
Worte finden im Gespräch.

Die modularen Kurse des Seelsorge-Lehrgangs vermitteln auf tiefenpsychologischer Basis eine bestimmte Gesprächstechnik. Die Rhetorik wird geschult sowie die ressourcenorientierte Haltung. Diese Lernmethode befähigt dazu, Gespräche in der Seelsorge aber auch in anderen beruflichen Situationen professionell zu führen. Die LOS verbindet dabei die theologisch-spirituelle Kompetenz der Seelsorgenden mit den Erkenntnissen der modernen Psychologie. 

Umgang mit tiefenpsychologischen Werkzeugen

Die LOS besteht aus fünf Kurswochen in Präsenz, die in verschiedenen Kurshäusern in der Schweiz stattfinden. Diese können auch einzeln und zeitlich unabhängig voneinander besucht werden. Der Einstieg ist dabei jederzeit möglich, denn jährlich werden alle Module angeboten. Nach der erfolgreichen Absolvierung sämtlicher Module kann der Lehrgang mit einem CAS der Universität Bern abgeschlossen werden.

Notfallseelsorge und Care Giver während einer Übung.
Notfallseelsorge und Care Giver während einer Übung.

«Die verschiedenen Stufen behandeln neben der lösungsorientierten Haltung und Gesprächsführung auch den Umgang mit tiefenpsychologischen Werkzeugen und Zielen sowie mit der Seelsorge und Psychopathologie», erklärt Esther Derendinger vom Anbieter Bildungskirche, der gemeinsamen Aus- und Weiterbildungsplattform der reformierten Kirche.

Was passiert nach der Pilotphase?

«Neben der Wissensvermittlung steht dabei auch sehr viel Übung im Fokus. So werden beispielsweise die Gespräche mittels Videotraining analysiert», erklärt Esther Derendinger. Zudem gebe es Supervisions- und Praxistage zur Vertiefung. Und: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer könnten auch immer eigene Beispiele aus ihrem Berufsalltag miteinbringen.

Und was passiert nach der Pilotphase? Dürfen katholische Seelsorgende dann weiterhin zu den gleichen finanziellen Konditionen studieren? «Wie es weitergeht, sehen wir dann. Erstmal werten wir aus, wie sich die Teilnahme von katholischen Seelsorgenden finanziell und inhaltlich auf die LOS-Kurse ausgewirkt hat», sagt Studienleiter Jacques-Antoine von Allmen.


Gemeindeleiterin Dorothee Becker segnet einen Mann in der Kirche St. Franziskus in Riehen BS. | © Manuela Matt
14. Februar 2023 | 12:52
Lesezeit: ca. 2 Min.
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