Bundesrat Schneider-Ammann und SEK-Ratspräsident Gottfried Locher
Schweiz

Kritisches von Bundesrat Schneider-Ammann zu Reformationsfeiern

Zürich, 5.1.17 (kath.ch) Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat am Donnerstag in Zürich zum Start des Deutschschweizer Reformationsjubiläums die Idee der Freiheit gelobt. Heute gelte es aber, sich wieder der individuellen Verantwortung zu besinnen, sagte er vor dem Grossmünster, wo er eine Sondermünze zum 500-Jahr-Jubiläum des Beginns der Reformation enthüllte.

Georges Scherrer

2017 jährt sich die Reformation zum 500. Mal. Martin Luther schlug am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen den Missbrauch des Ablasshandels an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg an. Mit einer «Luther-Dekade» (»Luther-Jahrzehnt») von 2008 bis 2017 erinnern die evangelischen Kirchen Europas an den Reformator.

Den Auftakt zu den Feiern in der Deutschschweiz bildet ein zweitägiges Happening in der Halle des Hauptbahnhofs Zürich. Dort wird am Freitag und Samstag das Lichtspektakel «Schattenwurf Zwingli», eine Lichtprojektion des Künstlers Gerry Hofstetter, gezeigt. Dieses hatte am Donnerstag seine Premiere beim Zürcher Grossmünster. Unter den Gästen beim offiziellen Auftakt befanden sich Generalvikar Josef Annen und der Abt von Einsiedeln, Urban Federer.

Individualismus und mangelnde Verantwortung

Vor dem Grossmünster erklärte Bundesrat Schneider-Ammann, Luther habe nicht nur den «Ablass-Markt» der katholischen Kirche zerstört. Er wollte den Menschen unmittelbarer zu Gott führen und habe dabei auf das menschliche Gewissen gebaut. Der Reformator habe so den modernen Individualismus begründet.

Die individuelle Verantwortung drohe aber auf der Strecke zu bleiben. Zu viele Menschen seien heute versucht, diese dem Vergnügen zu opfern oder an höhere Autoritäten zu veräussern. In Zeiten des Umbruchs wie damals vor 500 Jahren, oder «wie wir sie heute erleben», müsse der Mensch diesen Versuchungen widerstehen können.

Was Augustinus recht, war Luther billig

Das Gewissen habe Luther nicht erfunden, sondern bei seinem Ordensvater, dem heiligen Augustinus, kennengelernt. Auch Augustinus habe seinen Weg selber bestimmt. «Was dem heiligen Augustinus recht war, war Luther billig», meinte Schneider-Ammann weiter, der der evangelisch-reformierten Kirche angehört.

Der Bundesrat verwies auf Aufbrüche, die Luther ganz unbeabsichtigt ausgelöst habe. Auch die katholische Kirche sei in den Bann «der neuen protestantischen Moral» gezogen worden. Um die Reformation zu bekämpfen, habe diese «grosse Teile der neuen Mentalität» selbst übernommen.

Am deutlichsten sei dies bei den Jesuiten ablesbar. Diese hätten sich als Soldaten Christi und der Gegenreform aufgefasst und «vom Feind Wissensdurst und Selbstdisziplin» übernommen. Als talentierte Pädagogen hätten sie ganze Generationen von «unternehmungslustigen Katholiken» erzogen.

Feier im Hauptbahnhof

Für Freitag und Samstag lädt die reformierte Kirche der Deutschschweiz das Publikum in die Halle des Hauptbahnhofs Zürich ein. Dort soll eine Zeitung gedruckt werden, die an Schaulustige und Zugreisende verteilt wird. Zahlreiche «Tischgespräche» sollen in der Halle stattfinden. Angesagt sind Auftritte von Chören und weiterer Musik.

Zum Einsatz kommt auch der Reformationstruck, der in Genf seine Tour durch ganz Europa startete. Und Hofstetters Lichtprojektionen sollen grossräumig auf den Reformations-Anlass aufmerksam machen.

Zwinglistadt feiert die Reformation

Bundesrat Schneider-Ammann und SEK-Ratspräsident Gottfried Locher | © Georges Scherrer
6. Januar 2017 | 00:36
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