Bei der Weltsynode im Oktober 2023 sassen die Teilnehmenden um runde Tische.
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Klara-Antonia Csiszar: «Rechtskonservative Kreise arbeiten an der Weltsynode hochprofessionell»

Die Professorin für Pastoraltheologie in Linz und Expertin an der Weltsynode in Rom findet: Angesichts der Entwicklung der Weltsynode sei eine Re-Lektüre des Zweiten Vatikanischen Konzils angesagt. Und sie ermutigt zu einem «Katakombenpakt» der katholischen Mitte-Links-Denkenden.

«Die Theologie hatte in der Synode nicht den Stellenwert gehabt, den wir im deutschsprachigen Raum kennen. In der westlichen Welt hat sich nach dem Konzil eine Theologie etabliert, die ihren Stellenwert in Prozessen der Kirchenentwicklung anders gewichtet hat. In vielen Ortskirchen dieser Welt wird die Theologie jedoch nach wie vor den Priestern und Bischöfen vorbehalten, also ziemlich vorkonziliar. Für mich stellte sich die Frage, inwieweit es überhaupt möglich ist, fast 60 Jahre nach dem Konzil die Rolle der Theologie in einer synodalen Kirche neu zu denken, damit die Theologie, ihre Reflexionen und Erkenntnisse in keinem Kirchenentwicklungsprozess fehlen.

Klara-Antonia Csiszar (l.) an der Weltsynode in Rom - mit Claire Jonard und Helena Jeppesen aus der Schweiz
Klara-Antonia Csiszar (l.) an der Weltsynode in Rom - mit Claire Jonard und Helena Jeppesen aus der Schweiz

In der Synthese wird klar, dass eine Re-Lektüre des II. Vatikanischen Konzils momentan auf dem runden Tisch der Weltkirche liegt. Die Frage ist, wie die theologische Arbeit weltweit attraktiv gemacht werden kann, so dass sie Mut und Hoffnung gibt, motiviert und unterstützt. Die vier Wochen Weltkirchen­erfahrung haben mir gezeigt, dass das nur durch eine Haltung möglich sein wird, die einlädt, gute Fragen stellt, zuhört und fähig ist, Prozesse zu begleiten und sie nicht nur zu kritisieren.

Re-Lektüre des II. Vatikanischen Konzils liegt auf dem runden Tisch der Weltkirche

Es mag im deutschen Sprachraum langweilig sein, dass die Konzilstheologie und ihre Konsequenzen nicht überall so selbstverständlich sind, wie bei uns, doch es wird eine Wiederholung notwendig sein, ganz explizit bei den grossen Themen des Konzils – wie die Wechselseitigkeit zwischen Tradition, Schrift, Lehramt und Zeichen der Zeit, die kritische Selbstreflexion der Kirche, Kirche in der Welt von heute, Missionsverständnis und Pastoralverständnis des Konzils, Volk Gottes Theologie, Communio-Theologie, Synodales Prinzip in der Kirche, Ortsgemeinde als Kirche, Hierarchie der Glaubenswahrheiten, allgemeines Priestertum, die personale Freiheit des Glaubens, die Bedeutung einer historisch-kritischen Theologie, die Bedeutung des Wortgottesdienstes –, um nur einige wenige zu nennen, die die Hermeneutik von Kirche-Sein auch heute bestimmen.

Rechtskonservative Kreise sehr gut organisiert

Wir haben in der Synode gesehen, dass rechtskonservative Kreise sehr gut organisiert sind und hochprofessionell arbeiten. Weiter, Richtung Mitte und nach Links sind keine Netzwerke. Vielleicht braucht es einen starken Zusammenschluss und ein gutes Miteinander von allen, die nicht ständig gegen den Papst agieren. Vielleicht braucht es einen neuen Katakombenpakt, vielleicht braucht es starke Persönlichkeiten, die verbinden, statt trennen, die öffnen, statt schliessen, die auf anderen motivierend zugehen und nicht verbittert, verletzt sich um sich selbst drehen. Denn letzten Endes geht es um diese eine leidende Welt, um die verwundete Menschheit, um den Menschen und seine hoffentlich noch gute, gestaltbare Zukunft.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller
Kardinal Gerhard Ludwig Müller

Werden wir im November 2024 Frauen zu Diakonissen weihen? Das kann ich nicht prognostizieren. Ich bin eher skeptisch. Vielerorts haben wir nicht einmal ständige Diakone. Was jedoch offensichtlich wurde, dass synodal Kirche zu sein verdammt schwer, jedoch möglich ist. Man muss ganz unten anfangen. Es ist ein Prozess der missionarischen Herzensbildung, denn ein missionarisches Herz verschliesst sich niemals, ‹niemals greift es auf die eigenen Sicherheiten zurück, niemals entscheidet es sich für die Starrheit der Selbstverteidigung. Es weiss, dass es selbst wachsen muss im Verständnis des Evangeliums und in der Unterscheidung der Wege des Geistes, und so verzichtet es nicht auf das mögliche Gute, obwohl es Gefahr läuft, sich mit dem Schlamm der Strasse zu beschmutzen›. (EG 45)

Von einer Kirche, die ein Konzil hatte, zu einer Kirche des Konzils

Lässt sich die Kirche auf diesen synodalen Prozess in der Logik der Inkarnation ein, wird sie sich mit der ‹Vielstimmigkeit des Logos› konfrontieren müssen. Diese Konfrontation muss dann wiederum auf die eigentlich wesens-eigene ‹Kompetenz des Vielstimmigen› der Kirche zurückgreifen. Aus dieser Kraft der Katholizität können die Reformen erfolgen, die schon längst fällig wären. Karl Rahner hat im Dezember 1965 nach seiner Rückkehr vom Konzil eine Rede in München gehalten und prognostiziert, dass es noch Gerarationen dauern wird, bis wir von einer Kirche, die ein Konzil hatte, zu einer Kirche des Konzils werden und er hat hinzugefügt: Ecclesia semper reformanda in capite et in membris. Recht hat er gehabt.»

Das schreibt Klara-Antonia Csiszar auf feinschwarz.net. Csiszar ist Professorin für Pastoraltheologie an der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz und war eine der 28 beratenden Expert:innen der Römischen Synode.

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Bei der Weltsynode im Oktober 2023 sassen die Teilnehmenden um runde Tische. | © SBK
14. Januar 2024 | 12:00
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