Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller.
International

Kirchenrechtler Schüller: «Herzenskälte von Zollitsch» – Lob für Burger

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller zeigt sich schockiert vom Verhalten des emeritierten Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch. Erschreckend sei «die völlige Ignoranz von Zollitsch, der als einer der dienstältesten Personalchefs schlimmste Missbrauchsfälle gedeckt und Täter geschützt hat», sagte Schüller dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND)».

Nach der Vorstellung des Missbrauchsberichts im Erzbistum Freiburg äusserte sich der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller dazu. Es sei beschämend zu sehen, sagt er, wie Zollitsch Missbrauchstäter gedeckt habe, «aber das Kirchenrecht mit aller Härte bei einvernehmlichen Beziehungen mit erwachsenen Frauen gegen die Priester angewendet hat». Solche Herzenskälte habe ihn schockiert, so Schüller.

Erzbischof Robert Zollitsch und der damalige Basler Bischof Kurt Koch 2009 in Jerusalem.
Erzbischof Robert Zollitsch und der damalige Basler Bischof Kurt Koch 2009 in Jerusalem.

Gewalt erlebt, Gewalt heruntergespielt

Der Kirchenrechtler verwies auch auf die Biografie des emeritierten Erzbischofs, der bis 2013 in Freiburg tätig war. Zollitsch musste gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Teil der deutschstämmigen Minderheit im ehemaligen Jugoslawien schwerste Gewalt miterleben. Es sei erbärmlich, so Schüller, dass er später sexualisierte Gewalt derart heruntergespielt habe.

Stephan Burger ist Erzbischof von Freiburg.
Stephan Burger ist Erzbischof von Freiburg.

Das Handeln von Zollitschs Nachfolger als Erzbischof, Stephan Burger, lobte Schüller dagegen: «Dass Burger seinen Vorgänger konsequent in Rom anzeigt, hat eine neue Qualität.» Es handele sich um einen Fall, «in dem der Vatikan Zollitsch bischöfliche Rechte entziehen könnte» Unklar sei aber, ob Rom das eigene Kirchenrecht auch anwende.

Entlassung aus Klerikerstand unwahrscheinlich

Angesichts langer und schwerwiegender Missachtung des Kirchenrechts, so Schüller, könne er sich vorstellen, dass Rom Zollitsch die öffentliche Ausübung seiner Rechte aus der Bischofsweihe untersagt. Allerdings hätte das nur symbolische Wirkung.

Auch könne der Vatikan dem emeritierten Erzbischof öffentliche Auftritte verbieten. Eine Entlassung aus dem Klerikerstand sei dagegen nicht wahrscheinlich. (kna)


Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. | © KNA
19. April 2023 | 15:26
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!